Schon vergeben?
Der Vergaberecht-Podcast von HEUKING
Unter dem Titel „Schon vergeben – Der Vergaberecht-Podcast von HEUKING“ erklärt der Podcast alle zwei Wochen praxisnah und auch für Einsteiger verständlich die Grundzüge des Vergaberechts.
Folge 23: Öffentlich-öffentliche Zusammenarbeit
In der 23. Folge unseres Vergaberechts-Podcasts sprechen Kirstin van de Sande und Rebecca Dreps über den Ausnahmetatbestand für die ausschreibungsfreie öffentlich-öffentliche Zusammenarbeit nach § 108 Abs. 6 GWB.
Im Fokus steht dabei eine Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs aus dem Jahr 2020 (EuGH, Urt. v. 28.05.2020, C-796/18 –ISE). Diese Entscheidung haben wir, vertreten durch Frau van de Sande, vor dem Europäischen Gerichtshof für unsere Mandantin, die Stadt Köln, erstritten. Und auch in dem Ausgangs-Rechtsstreit vor dem OLG Düsseldorf (OLG Düsseldorf, Beschl. v. 03.02.2021, VII-Verg 25/18) waren wir für die Mandantin erfolgreich.
In unserem Podcast geben wir zunächst eine kurze Einführung zum rechtlichen Hintergrund. Wir schildern die Entwicklung des Ausnahmetatbestands in der Rechtsprechung und die Kodifizierung in § 108 Abs. 6 GWB mit der Vergaberechtsreform 2016. Wir erläutern die Voraussetzungen des Tatbestandes und sprechen über die Implikationen der Entscheidung der EuGH aus dem Jahr 2020.
Wichtig für die Praktiker unter unseren Zuhörern sind aber vor allem die praktischen Konsequenzen der besprochenen EuGH-Entscheidung. Der EuGH hat in dieser Entscheidung erfreulicherweise viel Klarheit zur Auslegung des § 108 Abs. 6 GWB geschaffen. Insbesondere zwei Aspekte hat er dabei in den Blick genommen:
1. Anwendungsbereich der öffentlich-öffentlichen Kooperation
Der EuGH stellte zum einen klar, dass die Kooperationspartner im Rahmen der öffentlich-öffentlichen Kooperation nicht zwingend eine gemeinsame Aufgabe erfüllen müssen, damit die Zusammenarbeit ohne Ausschreibung zulässig ist. Öffentliche Auftraggeber können auch bei Aufgaben kooperieren, die sie getrennt voneinander in ihrem jeweiligen Zuständigkeitsgebiet parallel ausüben. Ausreichend ist, dass sie mit der Zusammenarbeit gemeinsame Ziele im Hinblick auf die Aufgabe verfolgen. Im konkreten Fall schlossen die Feuerwehr Köln und die Feuerwehr Berlin einen Kooperationsvertrag über die Nutzung einer Einsatzleitsoftware und deren Weiterentwicklung.
Zudem bestätigte der EuGH, dass auch „akzessorische“ Tätigkeiten Gegenstand einer ausschreibungsfreien öffentlich-öffentlichen Kooperation sein können. Das heißt, die Kommunen dürfen auch vorbereitende und unterstützende Tätigkeiten im Rahmen einer öffentlich-öffentlichen Kooperation gemeinsam erbringen, hier die Nutzung und Weiterentwicklung der Einsatzleitsoftware für die Einsätze von Feuerwehr und Rettungsdienst in Köln und Berlin. Der EuGH betonte, dass bei allen Arten von Tätigkeiten zusammengearbeitet werden darf, die zur Erfüllung der öffentlichen Aufgabe beitragen und ihr dienlich sind.
2. Besserstellungsverbot
Strittig war bisher auch, ob in § 108 Abs. 6 GWB in europarechtskonformer Auslegung das sogenannte „Besserstellungsverbot“ als ungeschriebenes Tatbestandsmerkmal hineinzulesen ist. Auch hier schafft der EuGH Klarheit. Entsprechend seiner früheren Rechtsprechung geht er davon aus, dass das sogenannte Besserstellungsverbot weiterhin zu beachten ist.
Das bedeutet, kein privater Dritter darf durch die öffentlich-öffentliche Kooperation bessergestellt werden als seine Wettbewerber. Dies muss der öffentliche Auftraggeber im Einzelfall prüfen und sicherstellen. Ein Privater darf keinen Vorteil erhalten, den er ohne die öffentlich-öffentliche Kooperation nicht erhalten hätte.
Wenn Sie vertieft in das Thema einsteigen möchten und Sie die Details der EuGH-Entscheidung interessieren, freuen wir uns, wenn Sie in unseren Podcast reinhören.
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