Schon vergeben?

In der 35. Folge unseres Vergaberechts-Podcasts geben Dr. Christopher Marx und Johannes Baumann einen kurzen Überblick über Investitionen in nachhaltige Aktienindizes.

Nachhaltige Beschaffung

Die Transformation der Wirtschaft hin zu mehr Nachhaltigkeit macht auch vor dem größten Marktakteur – der öffentlichen Hand – keinen Halt. Bei vielen öffentlichen Beschaffungen, z. B. beim Erwerb von Zügen und Schiffen oder dem Bau von Schulen, spielen Nachhaltigkeitsaspekte bereits jetzt eine wichtige Rolle.

Auch Investments der öffentlichen Hand orientieren sich verstärkt an Nachhaltigkeitsaspekten. Viele öffentliche Auftraggeber – von großen Pensionsfonds bis hin zu Gesellschaften und Stiftungen des öffentlichen Rechts – sind bestrebt, ihr Geld nachhaltig anzulegen. Dabei stellt sich immer wieder heraus, dass nachhaltige Geldanlagen häufig mindestens genau so lukrativ wie konventionelle Geldanlagen sind.

Nachhaltige ESG-Investments

Nachhaltige Investments fallen in der Regel unter den Oberbegriff „ESG“. Die Abkürzung steht für Environment (Umwelt), Social (Soziales) und Governance (Unternehmensführung).

Richtungsweisend auf dem Weg zu nachhaltigen Investments ist die Taxonomie-Verordnung der Europäischen Union. Sie ist seit Juni 2020 in Kraft und schafft europaweit verbindliche Regeln, um festlegen, welche Wirtschaftsaktivitäten ökologisch nachhaltig sind und welche nicht.

Eine Wirtschaftstätigkeit gilt danach gemäß Art. 3 der Taxonomie-VO als ökologisch nachhaltig, wenn sie einen wesentlichen Beitrag zur Verwirklichung eines oder mehrerer der Umweltziele leistet, nicht zu einer erheblichen Beeinträchtigung eines Umweltziels führt, soziale Mindeststandards wahrt und den von der Kommission in delegierten Rechtsakten festgelegten technischen Bewertungskriterien entspricht.

Maßgeschneiderte Aktienindizes durch Vergabeverfahren

Ein eher untypischer Fall von nachhaltigen Vergaben ist die Ausschreibung von noch zu konstruierenden und sodann zu pflegenden nachhaltigen Aktienindizes.

Denkbar sind zwar Investments in einen bestehen ESG-Index, der im Einklang mit der Taxonomie-Verordnung aufgebaut und in diesem Sinne „nachhaltig“ ist. Wollen öffentliche Auftraggeber aber individuell entscheiden, zu welchen Bedingungen sie Investments tätigen wollen, können sie die Konstruktion und anschließende Pflege von eigenen, maßgeschneiderten Aktienindizes ausschreiben. So können sie beispielsweise unliebsame Industrien aus dem Index ausschließen, sich auf spezielle Regionen fokussieren und Anforderungen aufstellen, die über die EU-Taxonomie-Verordnung hinausgehen. Das Vergabeverfahren weist dabei mehrere Besonderheiten auf, da der Bieterkreis für eine derartige Ausschreibung regelmäßig nicht mit dem Vergaberecht vertraut ist.

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