Schon vergeben?

Der Vergaberecht-Podcast von Heuking Kühn Lüer Wojtek

Unter dem Titel „Schon vergeben – Der Vergaberecht-Podcast von Heuking Kühn Lüer Wojtek“ erklärt der Podcast alle zwei Wochen praxisnah und auch für Einsteiger verständlich die Grundzüge des Vergaberechts.

14.05.2024

Folge 42: Schulen und Kitas

Schon vergeben? – Folge 42: Schulen und Kitas

In der 42. Folge unseres Vergaberechts-Podcasts besprechen Dr. Ute Jasper und Dr. Laurence Westen vergaberechtliche Besonderheiten sowie Herausforderungen bei Aufträgen im Bereich Schulen und Kindertagesstätten. Sie gehen der Frage auf den Grund, wie sich Vergabeverfahren für Schulen und Kindertagesstätten optimal gestalten lassen.

Was ist das Besondere bei Auftragsvergaben von Schulen und Kindertagesstätten?

Das Thema Schulbau ist aktueller denn je. Dies liegt daran, weil es einen massiven Investitionsstau bei öffentlichen Schulen und Kindertagesstätten gibt. In den letzten Jahren wurde gerade in diesem Bereich aufgrund von anderen dringenden Problemen und Aufgaben gespart und wenig investiert. Dazu kommen allgemeine Herausforderungen bei den öffentlichen Verwaltungen wie z.B. dem Fachkräftemangel. Außerdem sind immer mehr kompliziertere vergaberechtliche und sonstige rechtliche Vorgaben zu beachten. Der sich daraus ergebende Dreiklang (Investitionsstau, zu wenig Kapazitäten und immer komplizierter werdende Rahmenbedingungen) führt dazu, dass jetzt Handlungsbedarf besteht.

Welche Organisationsformen eignen sich für den Bau von Schulen und Kindertagesstätten?

Entscheidend ist zunächst, dass die Organisationsform die fähigen Mitarbeiter in der Verwaltung entlastet und dadurch zusätzliche Kapazitäten schafft. Dazu bieten sich unterschiedliche Herangehensweisen, insbesondere die Gründung einer eigenen Schulbaugesellschaft an.

Diese Gestaltungsform hat sich bereits in einigen Kommunen (u.a. in Düsseldorf) bewährt.

Eigene Schulbaugesellschaft

Schulbaugesellschaften sind Unternehmen in privater Rechtsform, zumeist in der Rechtsform der GmbH. Sie errichten im Auftrag der Stadt und für die Stadt Schulen und Kindertagesstätten als Totalübernehmer. In der Regel baut die Gesellschaft wie ein privater Dritter, der auf fremden Grund baut. Die Grundstücke sind zumeist im städtischen Besitz, sodass das Eigentum an der Schule oder Kindertagesstätte mit der Fertigstellung auf die Gemeinde übergeht.

Für das Gründen einer Schulbaugesellschaft sprechen folgende drei Vorteile:

  1. Vereinfachte Vorschriften
    In vielen Ländern (u.a. in NRW) sehen die haushaltsrechtlichen Bestimmungen vereinfachte Vorschriften für Eigengesellschaften vor. In der Folge sind die Schulbaugesellschaften unterhalb der europäischen Schwellenwerte nicht an das Vergaberecht gebunden. Bei einem Schwellenwert von 5,5 Mio. Euro netto, lässt sich so eine kleinere Kindertagesstätte realisieren, ohne an das Vergaberecht gebunden zu sein.
     
  2. Schlankere Strukturen
    Die Gesellschaft ist nur für das spezielle Thema Schulbau zuständig, sodass schlankere Strukturen als bei der Kernverwaltung möglich sind.
     
  3.  Bauunternehmen verhandelt gern mit Praktikern
    Bauunternehmen verhandeln gern mit anderen Praktikern. Die Schulbaugesellschaften werden daher in der Regel mit Praktikern besetzt.

Welche Besonderheiten bestehen im Zusammenhang mit Fördermitteln?

Fördermittel sind immer eine Herausforderung, weil Fördermittelgeber das Einhalten der vergaberechtlichen Bestimmungen strenger handhaben als die Nachprüfungsinstanzen. Durch den Fördermittelbescheid sind die Auftraggeber dazu verpflichtet, die Allgemeinen Nebenbestimmungen einzuhalten. Diese Nebenbestimmungen enthalten neben den vergaberechtlichen Vorschriften weitere Vorgaben wie bestimmte Nachweispflichten oder ein bestimmter baulicher Standard.

Sind die Aufträge vorzugsweise an einen Generalunternehmer zu vergeben?

Das kommt immer auf den Einzelfall an. Für Schulbaugesellschaften bietet sich aufgrund ihrer schlanken Struktur eine Gesamtvergabe an. Sie verfolgen ein Projektleiterprinzip. Das heißt, dass möglichst wenig Mitarbeiter möglichst viele Projekte bearbeiten. Daher drängt sich das Bündeln von Leistungen auf. Aufgrund des Gebots der losweisen Vergabe muss aber immer im Einzelfall geprüft werden, ob wirtschaftliche oder technische Gründe eine Gesamtvergabe erfordern.

Welche Rolle spielt die Nachhaltigkeit beim Bau von Schulen und Kindertagesstätten?

Einige Gemeinden haben sich eigene Vorgaben für den Hochbau (z.B. das Einhalten bestimmter Standards) auferlegt. Diese sind dann auch beim Schulbau zu beachten. Zudem gibt es für nachhaltiges Bauen bestimmte KfW-Förderprogramme. Nachhaltigkeit ist aber nicht nur ein Selbstzweck, denn sie führt zu einer höheren Qualität des Bauens und damit auch zu einer höheren Aufenthaltsqualität für die Schülerinnen und Schüler.

Welche Verfahrensart bietet sich für den Bau von Schulen und Kindertagesstätten an?

Das Verhandlungsverfahren ist als Standardverfahren bei Planungsleistungen auch bei komplexen Bauvorhaben das Mittel der Wahl, weil die Möglichkeit besteht, mit den Bauunternehmen die konkreten Herausforderungen zu besprechen und im Verfahren Lösungen zu finden. Dadurch kann ein insgesamt besseres Ergebnis erzielt werden.

Welche weiteren Organisationsformen kommen noch in Betracht?

Die Organisationsformen müssen das Ziel verfolgen, die Verwaltung zu entlasten und weitere Kapazitäten zu schaffen. Neben der Gründung einer Eigengesellschaft kommen weitere Möglichkeiten in Betracht:

  1. Externe Projektleiter
    Bei der Anstellung eines externen Projektleiters ändert sich die Organisationsform der Verwaltung nicht. Er unterstützt die Verwaltung insbesondere bei Projektleitungsaufgaben und erhält dazu Sonderzuständigkeiten.
     
  2. Verwaltung vergibt so viele Leistungen wie möglich
    Eine andere Möglichkeit ist es, so viele Leistungen wie möglich an einen Totalübernehmer zu vergeben. Dies hat sich in der Praxis insbesondere bei dem Bau von Kindertagesstätten bewährt. Diese werden häufig in Modulbauweise errichtet.

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