Schon vergeben?
Der Vergaberecht-Podcast von HEUKING
Unter dem Titel „Schon vergeben – Der Vergaberecht-Podcast von HEUKING“ erklärt der Podcast alle zwei Wochen praxisnah und auch für Einsteiger verständlich die Grundzüge des Vergaberechts.
Folge 44: Was tun, wenn die Vergabe schnell gehen muss?
In der 44. Folge unseres Vergaberechts-Podcasts erklären Sebastian Süpple und Dr. Arno Schönberger was zu tun ist, wenn die Vergabe schnell gehen muss.
Dabei stellen sie die für Auftraggeber praxisrelevantesten Möglichkeiten dar, um eine dringende Leistung zu beschaffen: Zum einen kann der Auftraggeber die Fristen für den Eingang von Teilnahmeanträgen und Angeboten verkürzen. Zum anderen kann er andere Verfahrensarten als das Regelverfahren wählen.
1. Welche Fristen für den Eingang von Teilnahmeanträgen und Angeboten gibt es im Oberschwellenbereich und in welchem Umfang darf der Auftraggeber diese verkürzen?
Eine Frist muss stets angemessen sein. Das richtet sich danach, wie komplex die Leistung ist und wie lange die Bieter brauchen, um ihr Angebot auszuarbeiten.
Für die unterschiedlichen Verfahrensarten muss der Auftraggeber verschiedene Mindestfristen beachten, welche er bei hinreichend begründeter Dringlichkeit verkürzen darf.
Dies ist der Fall, wenn die Beschaffung so eilig ist, dass es dem Auftraggeber unmöglich ist, die Regelmindestfristen abzuwarten. Es genügt, wenn bei der Planung mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit feststeht, dass er die Mindestfrist nicht einhalten kann.
Daraus ergeben sich für Vergaben im Oberschwellenbereich folgende Fristen:
Verfahrensart | Regelmäßige Teilnahmefrist | Verkürzte Teilnahmefrist |
Nicht offenes Verfahren | 30 | 15 |
Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb | 30 | 15 |
| Regelmäßige Angebotsfrist | Verkürzte Angebotsfrist |
Offenes Verfahren | 30 | 15 |
Nicht offenes Verfahren | 25 | 10 |
Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb | 25 | 10 |
2. Wann darf der Auftraggeber eine andere Verfahrensart wählen?
Eine andere Verfahrensart als die Regelverfahren darf der Auftraggeber insbesondere dann in Betracht ziehen, wenn verkürzte Fristen nicht mehr ausreichen. Die praxisrelevanteste Verfahrensart in diesem Zusammenhang ist das Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb.
Der Auftraggeber darf eine Leistung in einem Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb nur unter engen Voraussetzungen vergeben, da diese Verfahrensart den Wettbewerbs- und Transparenzgrundsatz erheblich einschränkt.
Dies ist der Fall, wenn die Beschaffung wegen unvorhersehbarer und vom Auftraggeber nicht zu verantwortender Ereignisse äußerst dringlich und zwingend ist. Hierfür muss der Auftraggeber zwischen den Gefahren für die bedrohten Rechtsgüter und der vergaberechtlichen Pflicht, ein wettbewerbliches und transparentes Vergabeverfahren durchzuführen, abwägen.
Äußerst dringlich und zwingend war beispielsweise die Beschaffung von Schutzausrüstungen und Beatmungsgeräte für die Krankenhäuser während der COVID-19-Pandemie 2020.
Zu beachten ist allerdings, dass der Auftraggeber selbst bei Vorliegen dieser Voraussetzungen grundsätzlich ein Mindestmaß an Wettbewerb schaffen muss (sog. Wettbewerb light), soweit die Umstände des Einzelfalls nicht Direktvergabe an ein Unternehmen gebieten.
3. Hat der Auftraggeber auch Möglichkeiten im Unterschwellenbereich, die Leistungen schnellstmöglich zu vergeben?
Im Unterschwellenbereich darf der Auftraggeber das Verfahren abkürzen, wenn eine Vergabe ebenfalls besonders dringlich ist. Liefer- und Dienstleistungen mit einem voraussichtlichen Auftragswert von bis zu 1.000 EUR darf er stets direkt, also ohne Teilnahmewettbewerb, an ein Unternehmen vergeben.
4. Was muss der Auftraggeber beachten?
Der Auftraggeber muss stets alle Gründe für die Verkürzung der Fristen und die Wahl der Verfahrensart sorgfältig dokumentieren.
Abonnieren Sie unseren Podcast gern in Ihrem Podcastfeed, um auf dem Laufenden zu bleiben. Bei Lob, Kritik, Anmerkungen oder Anregungen zum Podcast freuen wir uns über Ihre Email an schonvergeben(at)heuking.de. Auch Themenwünsche sind uns immer herzlich willkommen!