Schon vergeben?

Der Vergaberecht-Podcast von HEUKING

Unter dem Titel „Schon vergeben – Der Vergaberecht-Podcast von HEUKING“ erklärt der Podcast alle zwei Wochen praxisnah und auch für Einsteiger verständlich die Grundzüge des Vergaberechts.

13.11.2024

Folge 45: Update kommunaler Wohnungsbau

In der 45. Folge unseres Vergaberechts-Podcasts sprechen Dr. Ute Jasper und Julian Groenick über die aktuellen vergaberechtlichen Entwicklungen im Bereich des kommunalen Wohnungsbaus. Hierbei betrachten sie vor allem zwei aktuelle Gerichtsentscheidungen.

Bereits Folge 27 unseres Podcasts befasste sich mit dem Thema „Kommunaler Wohnungsbau“. Diese Folge nimmt aktuelle Entwicklungen, insbesondere zwei Urteile des OLG Karlsruhe und des OLG Rostock, zum Anlass für ein Update.

Sind kommunale Wohnungsbaugesellschaften – im Oberschwellenbereich – an das Vergaberecht gebunden?

Maßgeblich ist die Vorschrift des § 99 GWB, wonach es grundlegend darauf ankommt, ob die kommunale Wohnungsbaugesellschaft im Allgemeininteresse liegende öffentliche Aufgaben wahrnimmt und nichtgewerblich tätig wird.

In den Entscheidungen des OLG Karlsruhe (OLG Karlsruhe, Beschluss vom 18.08.2023 – 15 Verg 5/23) sowie des OLG Rostock (OLG Rostock, Urteil vom 22.03.2024 – 2 U 10/23) schließen die Gerichte von dem Vorliegen einer öffentlichen Aufgabe auf die Nichtgewerblichkeit.

Ein Leitsatz der Gerichtsentscheidungen ist, dass es dem typischen Bild heutiger kommunaler Wohnungsbaugesellschaften entspreche, dass die Aufgabe der sozialen Wohnraumbeschaffung mit der Tätigkeit eines nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten agierenden Wohnungsbauunternehmens verbunden werde. Dies ändert jedoch nichts daran, dass die Gesellschaften vorrangig Aufgaben der Daseinsvorsorge erfüllen. Demgegenüber ist die Gewinnerzielungsabsicht nur ein nachgeordnetes „nice to have“, auch wenn sie in der Satzung festgeschrieben ist.

Welche Maßnahmen können kommunale Wohnungsbauunternehmen ergreifen, um nicht an das Vergaberecht gebunden zu sein?

Wohnungsbauunternehmen die Aufträge weiterhin frei vom Vergaberecht vergeben wollen sollten eine Satzung haben, aus der sich klar ergibt, dass das Unternehmen sich allein von wirtschaftlichen Gesichtspunkten leiten lässt. Weiterhin darf die tatsächliche Handhabe der kommunalen Tochtergesellschaft durch die Kommune nicht zu einer Privilegierung der Tochter gegenüber anderen Markteilnehmern führen. Durch eine saubere Aktenlage sowie eine vorbereitende Ex-ante Transparenzbekanntmachung kann die kommunale Wohnungsbaugesellschaft sich zusätzlich absichern.

1. Die Satzung der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft

Aus der Satzung der Wohnungsbaugesellschaft muss sich eindeutig ergeben, dass diese ihre Tätigkeit allein an wirtschaftlichen Gesichtspunkten ausrichtet. Aus der Satzung darf sich keine Privilegierung der kommunalen Tochtergesellschaft gegenüber anderen Marktteilnehmern ergeben. Insbesondere darf also keine Verlustausgleichspflicht für Verbindlichkeiten der Wohnungsbaugesellschaft durch die Kommune bestehen und die Wohnungsbaugesellschaft darf keine Subventionen erhalten.

2. Tatsächliche Stellung der kommunalen Wohnungsbaugesellschaft

Aber auch weitere Handlungen der Kommune, unabhängig von der Satzung, dürfen nicht zu einer Privilegierung des Wohnungsbauunternehmens führen. Ein Verlustausgleich beispielsweise sollte also nicht bloß kein Bestandteil der Satzung werden, sondern auch tatsächlich nicht erfolgen. Weiterhin könnte sich eine Privilegierung daraus ergeben, dass die Kommune der Wohnungsbaugesellschaft eine Bürgschaft erteilt, sodass die Gesellschaft vergünstigte Darlehen erhält. Auch Anweisungen zu verlustträchtigem Wohnungsbau muss die Kommune unterlassen.

3. Zusätzliche Absicherung

Um ihre Position weiter abzusichern, können kommunale Wohnungsbauunternehmen eine rechtliche Stellungnahme in ihre Akten aufnehmen, die bestätigt, dass sie kein öffentlicher Auftraggeber im Sinne des § 99 GWB sind.

Ebenfalls ist es möglich, im EU-Amtsblatt eine sog. Ex-ante-Transparenzbekanntmachung gemäß § 135 Abs. 3 GWB für eine konkrete Beschaffung zu veröffentlichen. Mit der Ex-ante-Bekanntmachung legt ein Auftraggeber die Gründe dar, aus denen er seiner Ansicht nach nicht an das Vergaberecht gebunden ist. Innerhalb einer darauffolgenden 10-tägigen Frist kann diese Auffassung von anderen Marktteilnehmern beanstandet werden. Nach Ablauf der Frist kann der Auftraggeber den Auftrag dann vergleichsweise rechtssicher vergeben.

Wie kann die Kommune mit ökologischem Wohnungsbau oder anderen Wohnungsbauprojekten mit zweckmäßig höheren Kosten umgehen?

Mitunter kann es für Kommunen sinnvoll sein, sich zweispurig aufzustellen. Die Kommunen können sowohl eine private Wohnungsbaugesellschaft, die ausschließlich unter wirtschaftlichen Gesichtspunkten am Markt tätig ist, als auch eine weitere Wohnungsbaugesellschaft für den Bereich der Daseinsvorsorge unterhalten. Letztere könnte etwa Projekte umsetzen, bei denen höhere Kosten anfallen – etwa ökologischen Wohnungsbau – oder bezuschusste Projekte.

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