Der Kampf um die Linie: Gleiche Chancen im Nahverkehr
Das Bundesverfassungsgericht verlangt fairen Wettbewerb
Es kann nur einen geben: im öffentlichen Nahverkehr (ÖPNV) kann naturgemäß nur jeweils ein Unternehmen eine Linienverkehrsgenehmigung bekommen. In Niedersachsen nutzte eine Genehmigungsbehörde den Konkurrenzkampf und gab Anträge auch anderen Unternehmen zur Kenntnis, um den günstigsten und besten zu ermitteln. Ein unterlegener Bewerber sah hierdurch seine Grundrechte verletzt.
Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) stärkte in seinem erst jetzt veröffentlichten Beschluss vom 11.10.2010 den Wettbewerb um Linienverkehrsgenehmigungen. Einen Verstoß gegen Grundrechte vermochte das höchste deutsche Gericht zwar im konkreten Fall nicht zu erkennen. Das Gericht verlangt aber ausdrücklich, alle Bieter gleich zu behandeln. „ÖPNV-Genehmigungen sind nur begrenzt verfügbar“, berichtet Dr. Ute Jasper aus der Kanzlei Heuking Kühn Lüer Wojtek, die bundesweit in ÖPNV-Projekten berät. „Gerade hier müssen alle Bewerber die gleichen Chancen haben, die Ausschreibung zu gewinnen – diesen Grundsatz hat das BVerfG konsequent angewandt“, so Jasper. Das ist nur gewahrt, wenn alle Bewerber auf der Grundlage gleicher Kenntnis ihre Anträge nachbessern können - so das BVerfG.
„Die Entscheidung des BVerfG ist über den Einzelfall hinaus von großer Bedeutung“, erläutert Dr. Jasper. Das BVerfG habe klargestellt, dass der Staat Berufsfreiheit und Chancengleichheit der Wettbewerber wahren muss. Das gilt auch bei anderen Konzessionen und Vergaben zum Beispiel im Schienenverkehr. „Hier schließen die Grundrechte ebenfalls Exklusivverhandlungen mit bevorzugten Bietern aus“, folgert Dr. Jasper. Und wer weiß - vielleicht macht der Wettbewerb den Nahverkehr am Ende auch noch billiger.