SWR Extra: Corona-Impfung – Ute Jasper im Experteninterview zu den Verträgen mit den Impfstoffherstellern
In der aktuellen Sendung „SWR Extra“ zum Impfgipfel der Regierung vom 1. Februar 2021 geht es neben fehlenden Impfdosen und Problemen bei der Vergabe von Impfterminen auch um die undurchsichtigen Verträge der EU mit den Impfstoffherstellern. Dr. Ute Jasper, Vergaberechtsexpertin und Leiterin der Praxisgruppe Öffentlicher Sektor und Vergabe bei Heuking Kühn Lüer Wojtek, hat sich die beiden Verträge mit Curevac und AstraZeneca für den SWR geprüft und die Rechtslage in einem Interview erklärt.
Was Ute Jasper auffällt: In den Verträgen ist immer wieder von „best efforts“ die Rede. Dies bedeute, dass die Impfstoffhersteller sich bemühen müssen, möglichst alle Termine und Lieferpflichten einzuhalten. Sie können aber nicht mit Vertragsstrafen belegt und auf Schadensersatz verklagt werden, falls diese Termine und Ziele nicht gehalten werden und die Gründe dafür außerhalb ihrer Einflusssphäre liegen. So „glasklar“, wie die EU-Kommission den Vertrag mit AstraZeneca beschreibt, findet Ute Jasper die Vertragsgestaltung nicht.
Ähnlich verhält es sich mit dem Thema Haftung. „Normalerweise übernimmt ein Impfstoffhersteller die Verantwortung dafür, dass keine Schäden eintreten. Das ist in diesen Verträgen anders geregelt. Hier ist vorgesehen, dass die EU-Mitgliedsstaaten die Impfstoffhersteller freistellen, was bedeutet, dass sie den Schadensersatz und die Zahlungspflicht für den Hersteller übernehmen“, so Ute Jasper. Eine ungewöhnliche Passage, geht es doch um das Geld der europäischen Steuerzahler.
Kritisiert wird von SWR Extra auch, dass bislang erst zwei der sechs Verträge mit den Herstellern veröffentlicht wurden und diese noch mit vielen Schwärzungen. „In Deutschland wären solche Verträge sehr wahrscheinlich einsehbar und einklagbar, denn es gibt das Informationsfreiheitsgesetz, welches erlaubt, dass die Öffentlichkeit solche Verträge einsehen darf. Die Transparenz in der EU ist schon sehr eingeschränkt“, erklärt Ute Jasper.
Monatelang hatte die EU diese Verträge mit den Impfstoffherstellern verhandelt, während andere Länder längst Millionen Dosen bestellt hatten. Diese Vorgehensweise führt nun zu den fehlenden Impfdosen für die Bevölkerung.
Das komplette Interview in finden Sie in der Mediathek des SWR
Das Dezernat „Öffentlicher Sektor und Vergabe“ der Sozietät Heuking Kühn Lüer Wojtek zählt seit Jahren zu den Marktführern im Vergaberecht. Die Anwälte belegen die besten Plätze in einschlägigen deutschen und internationalen Anwaltsrankings. Sie beraten seit 1991 bei Vergaben, Umstrukturierungen, Großprojekten und Kooperationen der öffentlichen Hand und haben mehrere hundert Groß-Projekte von Bund, Ländern und Kommunen und deren Tochtergesellschaften mit einem Volumen von insgesamt mehr als € 40 Mrd. Euro begleitetet, ohne dass bisher ein Verfahren erfolgreich angegriffen wurde.
Dr. Ute Jasper, ist eine der bekanntesten Anwältinnen für Vergabe- und Infrastrukturprojekte der öffentlichen Hand. Sie berät Bundes- und Landesministerien, Kommunen und Unternehmen, besonders bei innovativen und komplexen Projekten. Ute Jasper ist Partnerin der Sozietät Heuking Kühn Lüer Wojtek und leitet dort das Dezernat „Öffentlicher Sektor und Vergabe“. Sie hält mit ihrem Team seit Jahren Rang 1 im Ranking Vergaberecht des JUVE Handbuchs Wirtschaftskanzleien und ist laut „Kanzleien in Deutschland“ für Infrastruktur die „erste Adresse am Markt“. Im Oktober 2016 wurde sie mit ihrem Team mit dem JUVE Award für Regulierte Industrien ausgezeichnet.