Grundstücksverkäufe – Generalanwalt beim EuGH will strenge Anforderungen lockern
Kommunen dürfen hoffen, künftig wieder Grundstücke ohne Vergabeverfahren verkaufen zu dürfen. Der Generalanwalt beim EuGH hat der „Ahlhorn“-Rechtsprechung in einem Vorlageverfahren des OLG Düsseldorf (Beschluss vom 02.10.2008) eine klare Absage erteilt. Die Schlussanträge wurden am 17.11.2009 veröffentlicht.
Sollte der EuGH dem Generalanwalt folgen, wären Grundstücksverkäufe der öffentlichen Hand nicht mehr ausschreibungspflichtig.
Hintergrund
Das OLG Düsseldorf entschied seit Sommer 2007, dass Grundstücksverkäufe der öffentlichen Hand jedenfalls dann Öffentliche Bauaufträge darstellten und ausschreibungspflichtig seien, wenn dem Investor zugleich eine Bauverpflichtung auferlegt werden sollte. Zuvor waren Grundstücksverkäufe nur dem Vergaberegime unterworfen, wenn die Kommune die zu errichtenden Gebäude später selbst nutzen wollte. Nach der Rechtsprechung des OLG Düsseldorf und einiger anderer Obergerichte musste die Kommune keinen eigenen Beschaffungsbedarf mehr verfolgen. Es genügte, wenn sie planerische oder städtebauliche Vorgaben machte.
Der deutsche Gesetzgeber nahm sich der vielen Kritik aus Theorie und Praxis an der Rechtsprechung des OLG Düsseldorf an. Im Zuge der diesjährigen Vergaberechtsreform wurden Grundstücksverkäufe der öffentlichen Hand mit Bauverpflichtung ausdrücklich von der Ausschreibungspflicht ausgenommen. Vergaberelevant sollen hiernach nur solche Verträge sein, die eine Bauleistung oder ein Bauwerk für den Öffentlichen Auftraggeber regeln und die diesem unmittelbar wirtschaftlich zugute kommen, vgl. § 99 Abs. 3 GWB. Allerdings wurde vielerorts bezweifelt, ob diese Gesetzesänderung europarechtskonform sei. Aus diesem Grund wird das Urteil des EuGH mit großer Spannung erwartet.
Der Generalanwalt beim EuGH hat nun ein erstes Zeichen gesetzt. Er hält die Rechtsprechung des OLG Düsseldorf ebenfalls für zu weitgehend und mit den europäischen Vergaberechtlinien nicht vereinbar.
Ansicht des Generalanwaltes
Nach Auffassung des Generalanwaltes setzt ein öffentlicher Bauauftrag oder eine öffentliche Baukonzession eine unmittelbare Verbindung zwischen dem öffentlichen Auftraggeber und den Bauleistungen voraus. Diese unmittelbare Verbindung könne insbesondere darin bestehen, dass das Bauwerk von der öffentlichen Verwaltung erworben werden soll oder ihr unmittelbar wirtschaftlich zugute kommt. Gleiches gelte, wenn der öffentliche Auftraggeber die Initiative für die Realisierung ergriffen habe oder die Kosten hierfür trage. Die Tätigkeit der öffentlichen Verwaltung müsse aber hierbei über den bloßen Gebrauch der Befugnisse hinausgehen, die gerade der Verwaltung im städtebaulichen Bereich allgemein zuerkannt seien. Die „normalen“ städtebaulichen Tätigkeiten und Initiativen können danach vergaberechtsfrei erfolgen.
Der Generalanwalt zeigt ferner in Übereinstimmung mit dem deutschen Gesetzgeber auf, dass eine Baukonzession immer ein befristetes Recht zur Nutzung des Bauwerkes voraussetze. Ein Grundstücksverkauf und die hiermit verbundene Eigentumsübertragung schließe daher das Vorliegen einer Baukonzession aus.
Konsequenzen für die Praxis
Die Schlussanträge des Generalanwaltes sind zwar von grundsätzlicher Bedeutung für die Frage, wie zukünftig mit Grundstücksverkäufen der öffentlichen Hand umzugehen ist. Kommunen dürfen berechtigt hoffen, dass Grundstücke fortan wieder vergaberechtsfrei verkauft werden dürfen. Dies stünde auch mit der neuen „Ahlhorn“-Klausel in § 99 Abs. 3 GWB in Einklang. Gleichwohl steht noch nicht fest, ob auch der EuGH dem Petitum des Generalanwaltes folgen wird. Das Urteil wird für April 2010 erwartet. Der EuGH folgt zwar in der Regel der Haltung des Generalanwaltes. In letzter Zeit ist er aber wiederholt hiervon abgewichen. Diese Sorge besteht mit Blick auf die Haltung der EU-Kommission, welche von der Position des Generalanwaltes in einigen Punkten abweicht. Kommunen können sich jetzt aber auf Gesetz und die Äußerungen des Generalanwaltes stützen, wenn sie Grundstücke ohne eine Ausschreibung verkaufen wollen.