Weichenstellung im Glücksspielrecht – Wehrhaftes Staatsmonopol vor Umwälzungen
Am 2. März hat der Deutsche Lottoverband e.V. und der Verlag Medien und Recht Wien-München das zweite Düsseldorfer Symposium zum Glücksspielrecht in den Kanzleiräumen von Heuking Kühn Lüer Wojtek zum Status Quo der Liberalisierung des Glücksspielmarktes durchgeführt. Die hochkarätig besetzte Veranstaltung tauschte Blickpunkte aus unternehmerischer, politischer und EU-Sicht aus und wird im Rahmen der Schriftenreihe Glücksspielrecht des Verlags in Band 4 Niederschlag finden.
Die Teilnehmer wurden durch Mathias Dahms, Vorstandssprecher der Jaxx SE aus Hamburg, unter dem Motto "Glücksspielkrieg in Deutschland" in das Thema eingeführt. Der Titel spielte auf die unterschiedliche Handhabung der Bundesländer an. Dahms forderte aus Unternehmenssicht Rechtssicherheit und einen diskriminierungsfreien Zugang zum Markt, zudem sollten sich die Abgaben und Steuern auf internationalem Niveau bewegen. Ein breiteres zulässiges Produktportfolio neben Sportwetten, wie zum Beispiel Angebote von Poker und Casino sowie ein Regulierungsschwerpunkt auf Betrugsbekämpfung und weniger auf Suchtgefahr seien zudem vorteilhaft. Das letzte große Staatsmonopol sei wehrhafter als alle anderen liberalisierten Märkte zuvor. Vor diesem Hintergrund sei Schleswig-Holstein mit seinem neuen Glücksspielrecht wegweisend. Außerdem biete es Unternehmen die Möglichkeit einer bundesweiten Vermarktung, wovon Jaxx bald Gebrauch machen und den Glücksspielmarkt somit von Schleswig-Holstein aus aufrollen möchte.
Herr Prof. Dr. Kurt Schelter, Minister und Staatssekretär a.D. sowie Rechtsanwalt in Brüssel, berichtete von den Zielen der Europäischen Kommission, den Erfahrungsaustausch der nationalen Behörden zur Regulierung des Glücksspielmarkts zu fördern. Kein anderer Bereich sei von Land zu Land derart unterschiedlich, wie der Bereich des Glücksspielrechts.
Einen Einblick in die politischen Entscheidungsprozesse auf Landesebene gab Dr. Christian von Boetticher, CDU Landtagsfraktion Kiel. Er war an der Erstellung des neuen Gesetzesentwurfs in Schleswig-Holstein maßgeblich beteiligt und berichtete von der Notwendigkeit, gewohnte Abläufe über Ministerien zu ändern und einen Verwaltungsvorgang in einen politischen Prozess umzuwandeln. Nur so könne man zu einer Marktregulierung gelangen, die auch europäischen Maßstäben entspricht.
Die nationalen Unterschiede des europäischen Glücksspielrecht wurden durch die Rechtsanwälte Dr. Tobias Masing von Redeker Sellner Dahs, Berlin, Kiran Sandford von Mishcon de Reya, London, und Annabelle Richard von Ichay & Mullenex, Paris, anhand der Länder Deutschland, England und Frankreich aufgezeigt.
Gastgeber Rechtsanwalt Michael Schmittmann, Partner bei Heuking Kühn Lüer Wojtek und Herausgeber der Schriftenreihe zum Europäischen Glücksspielrecht fasste zusammen: "Wir erwarten im deutschen Glücksspielrecht in diesem Jahr starke Umwälzungen, die aber auch notwendig sind. Die Politik sollte sich an anderen regulierten Märkten ein Vorbild nehmen, das Thema auf die Agenda setzen und nicht in Panikmache gegen eine Binnenmarktöffnung verfallen. Mit dem schleswig-holsteinischen Landesgesetz und dem geplanten EU-Weißbuch aus Brüssel werden wichtige Meilensteine im Glücksspielrecht gesetzt. Die 15 Bundesländer haben sich bislang nur zu einem unbrauchbaren Staatsvertragsentwurf mit mehr Bremsen als PS für einen wettbewerbsfreundlichen und dennoch Verbraucher schützenden Glücksspielmarkt bewegen können. Entweder sie greifen selbst neu gestaltend ein oder sie werden vom Europäischen Gerichtshof abermals wie schon 2010 beim Vorgängermodell die rote Karte sehen."