25.01.2017Fachbeitrag

Trend Post-M&A-Streitigkeiten

Seit einigen Jahren boomt das M&A-Geschäft. Zeitgleich sind vermehrt Streitigkeiten nach erfolgreichem Abschluss von Transaktionen zu verzeichnen. Kritisch wird dies naturgemäß aus Verkäufersicht gesehen. Nachfolgend werden in Kürze die in der Praxis häufig anzutreffenden Konstellationen dargestellt und aus Käufer- und Verkäufersicht analysiert.
Zeitgleich mit einem boomenden M&A-Geschäft sind Streitigkeiten zwischen den Parteien nach Abschluss einer Transaktion angestiegen. Während in vergangenen Jahren häufig seitens der Käufer keine professionelle Prüfung und Durchsetzung von Ansprüchen im Vordergrund stand, hat sich hier die Sichtweise geändert. Vermehrt finden sich Käufer und Verkäufer vor staatlichen Gerichten oder Schiedsgerichten wieder und streiten über die behaupteten Verletzungen von Garantien oder die Kaufpreisermittlung.

Im Rahmen der Etablierung vorhandener Compliance-Strukturen bei den Zielgesellschaften werden häufig (vermeintliche) Missstände aufgedeckt. Woran liegt dies? Verkäufer- und Käuferinteressen sind nicht gleichgerichtet, der Verkäufer hat kein Interesse daran, jedes theoretische Risiko im Unternehmen darzulegen, während der Käufer gerade das Ziel verfolgt, keine Risiken eingehen zu wollen. In der Praxis überwiegen hierbei bilanzielle Fragestellungen entweder in Form der Berechnung des Kaufpreises oder im Rahmen des Gewährleistungskatalogs. Im Vergleich hierzu untergeordnet sind Streitigkeiten wegen (vermeintlicher) Fehlentscheidungen des Managements (hieraus resultieren dann eher Organhaftungsprozesse). Insbesondere Fragen der Bilanzierung sind häufig Gegenstand von Auseinandersetzungen. Dies ist deshalb einleuchtend, da die Jahresabschlüsse oder entsprechend abgeleitete Kennzahlen überwiegend Grundlage der Unternehmenswertermittlung dienen, die letztlich zum vereinbarten Kaufpreis führen.

Post-M&A-Streitigkeiten aus Käufersicht

In der Aufdeckung und Geltendmachung setzen Käufer vermehrt auf ein professionalisiertes System, dem Claim Management. Hierbei wird mittels standardisierter Prozesse, vergleichbar einer Due Diligence im Vorfeld einer Transaktion, an der Aufdeckung von Ansprüchen aus einer Transaktion gearbeitet. Hierzu werden die potenziellen Risiken nach Vollzug der Transaktion laufend überwacht und anschließend geltend gemacht. Das Claim Management hat im Wesentlichen folgende Aufgaben: (i) Fristenkontrolle, (ii) Post-Closing Due Diligence, (iii) Vertiefte Prüfung Einzelsachverhalte und (iv) fristgerechte Anzeige von Mängeln.

(i) Fristenkontrolle
Im Nachgang zu einer erfolgreichen Transaktion werden im Rahmen des Claim Management etwaig in Betracht kommende Fristen für jede einzelne Anspruchsgrundlage notiert. Es muss insoweit sichergestellt werden, dass vor Ablauf dieser Fristen mögliche Ansprüche geprüft wurden.

(ii) Post-Closing Due Diligence
Zur Erkenntnisgewinnung gehört eine vertiefte Due Diligence nach Vollzug der Transaktion. Vorher werden häufig aus Zeitgründen oder wegen nicht zur Verfügung gestellter Informationen sämtliche relevante Risiken näher untersucht. Unter Umständen kann es sich auch anbieten, eine Beweissicherung bestimmter Komplexe zu betreiben.

(iii) Vertiefte Prüfung Einzelsachverhalte
Aufbauend auf den Erkenntnissen aus der Due Diligence (vor und nach der Transaktion) werden potenzielle Risiken vertieft untersucht. Häufig wird zudem ein Reporting im Unternehmen eingerichtet, um zeitnah über etwaige relevante Sachverhalte informiert zu werden.

(iv) fristgerechte Anzeige von MängelnSchlussendlich nutzt der vorherig dargestellte Aufwand nur, wenn rechtzeitig vor Fristablauf erkannte Ansprüche gegen den Verkäufer durchgesetzt werden.

Bei sämtlichen Tätigkeiten ist aber immer eine Kosten-Nutzenanalyse üblich und sinnvoll. Aus der Praxis sind Fälle bekannt, bei denen hohe siebenstellige Prüfungskosten verursacht wurden und eine Geltendmachung maximal einen geringen sechsstelligen Betrag erbracht haben. In solchen Fällen muss frühzeitig eingeschritten werden.

Post-M&A-Streitigkeiten aus Verkäufersicht

Aus Verkäufersicht ist die nachträgliche Geltendmachung von Ansprüchen durch den Käufer sehr ärgerlich und kommt zumeist unverhofft.

Um als Verkäufer bestmöglich gewappnet zu sein, sollten insbesondere die Vorbereitungsphase der Transaktion als auch die Vertragserstellung mit besonderer Sorgfalt und Aufmerksamkeit durchgeführt werden. Es ist wichtig, dass der Verkäufer seine „Baustellen“ vor einer Transaktion beseitigt, um sein Unternehmen möglichst attraktiv gegenüber dem Käufer erscheinen zu lassen. Gleichzeitig sollten aber potenzielle Risiken im Rahmen der Due Diligence offengelegt werden und ggf. Eingang in die Vertragsunterlagen finden.

Darüber hinaus sollten Verkäufer vor Abgabe von Garantien sorgfältig das mit diesen verbundene Risiko prüfen. Ebenfalls eminent wichtig aus Verkäufersicht sind vertragliche Haftungsbeschränkungen (Kenntnis des Käufers von Sachverhalten und betragsmäßige Haftungsbeschränkungen).

Zu beachten ist aber, dass diese Haftungsbeschränkungen bei Arglist und Vorsatz des Verkäufers nicht gelten (Achtung: Nach der Rechtsprechung wird Kenntnis Dritter im Unternehmen ggf. zugerechnet).  

Fazit

Post-M&A-Streitigkeiten werden weiter zunehmen. Käufer werden vermehrt Claim Management Systeme nutzen; Verkäufer werden sich darauf einstellen müssen, dass eine Transaktion nicht zwingend mit dem Vollzug erledigt ist. Käufer als auch Verkäufer sollten daher frühzeitig bei Anbahnung einer Transaktion auch an die Zeit nach Vollzug denken und entsprechende Vorbereitungen vornehmen.

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