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Brexit: Die Zukunft der Unionsmarke und des Gemeinschaftsgeschmacksmusters in UK
Über die Unionsmarkenverordnung können Marken mit einem Wirkungsbereich der gesamten EU angemeldet und registriert werden. Für den europaweiten Schutz von Designs sorgt die Gemeinschaftsgeschmacksmusterverordnung. Die Rechte sind beliebt, im Jahr 2017 waren über 1,7 Millionen Unionsmarken und Gemeinschaftsgeschmacksmuster eingetragen.
Im Rahmen des Ausscheidens des Vereinigten Königreichs aus der EU am 29.03.2019 (Brexit) stellt sich allerdings die Frage, was mit den Unionsmarken in Bezug auf das Vereinigte Königreich geschieht.
I. Das Problem
Gilt die Unionsmarke derzeit noch für die 28 Mitgliedstaaten, so endet die Wirksamkeit der Unionsmarke mit dem Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU, sofern keine andere Regelung gefunden wird. Markeninhaber verlieren dann Ihren Schutz in Großbritannien. Dieses Problem ist erkannt, die Verhandlungen gestalten sich aber – wie bekannt ist – schwierig, so dass unklar und eher unwahrscheinlich ist, dass zum Zeitpunkt des Ausscheidens am 29.03.2019 eine abgestimmte Regelung mit der EU zum Schicksal der Unionsmarken im Vereinigten Königreich existiert.
II. Stand der Dinge
In einer gemeinsamen Erklärung vom 19.06.2018 haben das Vereinigte Königreich und die Europäische Union erklärt, dass sie den Übergang für die Markeninhaber rechtsicher und transparent gestalten wollen. Es ist wohl absehbar, dass die Rechte kostenfrei und automatisch in gleichwertige britische Schutzrechte umgewandelt werden können. In allen EU-Staaten ist es nach wie vor möglich, auch nationale Marken anzumelden, so auch in Großbritannien.
1. Erstes Szenario: Geregelter Übergang mittels eines Abkommens zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich
Bereits im März 2018 veröffentlichte die Europäische Kommission den teils ausverhandelten Entwurf eines Ausscheidensabkommens. Unter den bereits abgestimmten Vorschriften befinden sich auch Regelungen zu marken- und designrechtlichen Fragen. Im Zuge des Brexit sollen eingetragene Unionsmarken und Gemeinschaftsgeschmacksmuster kostenfrei und automatisch in britische Marken bzw. Designrechte mit demselben Anmeldedatum umgewandelt werden. Zudem ist eine Übergangsfrist für Anmeldungen vorgesehen. Diese spielt insbesondere dann eine große Rolle, wenn sich solche Rechte am 31.12.2020 noch im Anmeldeverfahren befinden. Für diesen Fall soll die Möglichkeit bestehen, eine nationale(s) britische(s) Marke bzw. Designrecht unter Inanspruchnahme des europäischen Anmeldetages innerhalb von 9 Monaten beim britischen Amt für geistiges Eigentum (Intellectual Property Office – IPO) anzumelden.
Auch der stärkere Schutz einer „bekannten Marke“ soll im Vereinigten Königreich weiter bestehen. Dritte nutzen gern die Anziehungskraft solcher bekannter Marken und deren Sogwirkung, sodass ihr Schutz besonders wichtig ist.
2. Zweites Szenario: Austritt des Vereinigten Königreichs aus der EU ohne Übergangsvereinbarung
Vor einiger Zeit veröffentlichte das britische Amt für geistiges Eigentum eine Stellungnahme zur Zukunft der Unionsmarke und des Gemeinschaftsgeschmacksmusters für den Austritt aus der EU ohne eine verhandelte Übergangsvereinbarung. Auch in einem solchen Szenario wird die Regierung sicherstellen, dass die Rechte an allen bestehenden eingetragenen Unionsmarken und Designs im Vereinigten Königreich weiterhin geschützt werden können. Der Schutz soll durch die Erteilung eines neuen gleichwertigen britischen Rechts erfolgen. Der Verwaltungsaufwand soll so gering wie möglich gehalten werden. Die gesonderte Beantragung der britischen Marke bzw. des britischen Designs unter Inanspruchnahme des europäischen Anmeldetags liegt jedoch allein beim Anmelder. Ohne eine Anmeldung geht das Recht für den Bereich des Vereinigten Königreichs verloren.
Auch Unionsmarken und Gemeinschaftsgeschmacksmuster, die sich noch im Anmeldeverfahren befinden, können auf diese Weise „hinübergerettet“ werden. Allerdings wird man die üblichen Markengebühren für die neuen, abgespaltenen Rechte bezahlen müssen.
In einer Veröffentlichung vom 24. September 2018 teilt das Vereinigte Königreich zudem mit, dass auch das sogenannte nicht eingetragene Gemeinschaftsgeschmacksmuster im vereinigten Königreich weiter Geltung beanspruchen kann. Dieses Recht hilft insbesondere Kreativen und Unternehmen, die es versäumt haben, ein Designrecht anzumelden. Mit dem Inverkehrbringen ihrer Designs erlangen diese EU-weit einen dreijährigen Schutz vor Nachahmung. Dieser wird in Zukunft dann auch im Vereinigten Königreich gewährt. Das Vereinigte Königreich nimmt dies sogar zum Anlass, selbst ein solches nicht eingetragenes Designrecht nationaler Art zu schaffen.
3. Drittes Szenario: Kein Brexit
Gäbe es keinen Brexit, würden die Unionsrechte im Vereinigten Königreich fortgelten wie bisher, die Markeninhaber müssten keine Maßnahmen ergreifen.
III. Handlungsempfehlung
Das Vereinigte Königreich hat die Sensibilität des Themas erkannt. Es darf derzeit davon ausgegangen werden, dass in den oben beschriebenen Brexit-Szenarios eine Überleitungsmöglichkeit ohne Rechtsverlust zur Verfügung stehen wird. Allerdings gilt es, die dann geltenden Fristen zu beachten, um keinen Rechtsverlust zu erleiden.
Allerdings ist jetzt noch nicht absehbar, ob die zu schaffenden gesetzlichen Regelungen im Vereinigten Königreich alle Details, die für die Erhaltung und Durchsetzung eines Marken- oder Designrechts erforderlich sind, erfassen und richtig regeln, zumal die Gesetzesentwürfe sicherlich unter hohem Zeitdruck entstehen. Handwerkliche Fehler sind dabei sicherlich nicht auszuschließen. Wer vollumfänglich gesichert sein will, muss bereits jetzt über die Schaffung eines unabhängigen nationalen britischen Rechts, sei es Marke oder Design, nachdenken.