Update IP, Media & Technology Nr. 58
Das „Gesetz für faire Verbraucherverträge“ und die Dokumentationsanforderungen beim B2C-Telefonmarketing – was Unternehmen nun beachten müssen
Noch kurz vor der Sommerpause hat der Bundestag das „Gesetz für faire Verbraucherverträge“ verabschiedet (BT-Drucks. 19/26915 und BT-Drucks. 19/30840, BGBl. 2021, Teil I, Nr. 53, S. 3433). Die zentralen Regelungen des Gesetzes sollen Verbraucher vor am Telefon aufgeschwatzten Verträgen und vor überlangen Vertragslaufzeiten und Kündigungsfristen schützen, beispielsweise bei Fitnessstudioverträgen.
Weitere Rechtsänderungen betreffen die organisatorischen Anforderungen an das Telefonmarketing und wirken sich auf sämtliche Unternehmen aus, die telefonisch gegenüber Verbrauchern werben. Im Gegensatz zu anderen Rechtsänderungen aufgrund des Gesetzes für faire Verbraucherverträge ist die geänderte Rechtslage für den Bereich der Telefonwerbung bereits am 1. Oktober 2021 in Kraft getreten und damit ab sofort zu beachten. Unternehmen müssen die sich daraus ergebenden Anforderungen erfüllen, um Bußgelder zu vermeiden.
1. Worum geht es? Änderungen des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG)
Durch Artikel 3 des Gesetzes für faire Verbraucherverträge ist ein neuer § 7a UWG geschaffen worden, mit dem die Einwilligung in Telefonwerbung geregelt wird. Außerdem sind die in § 20 UWG enthaltenen Bußgeldvorschriften neu gefasst worden.
Auch bislang gab es im UWG schon Vorschriften über Telefonwerbung. Gemäß § 7 UWG konnte unerwünschte Telefonwerbung als unzulässige unzumutbare Belästigung eingestuft werden. Dies galt insbesondere für die Fälle des § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG, nämlich für Werbung mit einem Telefonanruf gegenüber einem Verbraucher ohne dessen vorherige ausdrückliche Einwilligung oder gegenüber einem sonstigen Marktteilnehmer ohne dessen zumindest mutmaßliche Einwilligung.
§ 7a Abs. 1 UWG schreibt nun für Telefonwerbung gegenüber Verbrauchern vor, dass der Werbende die vorherige ausdrückliche Einwilligung des Verbrauchers in die Telefonwerbung im Sinne von
§ 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG „zum Zeitpunkt der Erteilung in angemessener Form zu dokumentieren und gemäß Absatz 2 Satz 1 aufzubewahren“ hat. In § 7a Abs. 2 Satz 1 UWG ist geregelt, dass die werbenden Unternehmen den Nachweis der Einwilligung fünf Jahre aufbewahren müssen. Diese Frist gilt zunächst ab Erteilung der Einwilligung und fängt nach jeder Verwendung neu an zu laufen.
Nach § 7a Abs. 2 Satz 2 UWG müssen die werbenden Unternehmen der Bundesnetzagentur den Nachweis der Einwilligung auf Verlangen unverzüglich vorlegen. Gemäß § 20 Abs. 1 Nr. 2 UWG ist es nunmehr eine Ordnungswidrigkeit, vorsätzlich oder fahrlässig entgegen § 7a Abs. 1 UWG eine dort genannte Einwilligung nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig zu dokumentieren oder nicht oder nicht mindestens fünf Jahre aufzubewahren. § 20 Abs. 2 UWG sieht für Verstöße gegen § 7a Abs. 1 UWG eine Geldbuße von bis zu EUR 50.000 vor.
Im Kern zielen die Dokumentationspflichten nach § 7a Abs. 1 UWG darauf ab, die effektivere Sanktionierung unerlaubter Telefonwerbung durch die Bundesnetzagentur zu ermöglichen. Zwar trug bei wettbewerbsrechtlichen Streitigkeiten wegen belästigender Telefonwerbung auch bislang schon der Werbende die Darlegungs- und Beweislast für das Vorliegen einer Einwilligung, so dass de facto bereits eine Obliegenheit zur Dokumentation und Aufbewahrung der Einwilligung bestand. Auch die Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) verlangt von einem Unternehmer, der personenbezogene Daten wie Telefonnummern auf der Grundlage der Einwilligung des Betroffenen verarbeitet, dass er die Einwilligung dokumentiert und jederzeit Rechenschaft über die Rechtmäßigkeit der Verarbeitung ablegen kann. Für das Ordnungswidrigkeitenverfahren nach § 20 UWG galt bislang jedoch keine Beweiserleichterung. Die Bundesnetzagentur musste im Einzelfall nachweisen, dass für einen bestimmten Werbeanruf keine ausreichende Einwilligung vorlag. Dieser Nachweis gestaltete sich oftmals aufwendig oder war unmöglich, insbesondere wenn das betreffende Unternehmen geltend machte, es habe die eingeholten Einwilligungen aus datenschutzrechtlichen Gründen bereits gelöscht.
2. Was ist jetzt zu tun? Handlungsbedarf für Unternehmen
Auf den ersten Blick scheinen sich die praktischen Auswirkungen der UWG-Novelle in Grenzen zu halten. Telefonwerbung gegenüber Verbrauchern ohne deren ausdrückliche Einwilligung war auch nach der bisherigen Rechtslage unzulässig. Zudem waren Unternehmen auch in der Vergangenheit schon gut beraten, Einwilligungserklärungen für das Telefonmarketing sorgfältig zu dokumentieren.
Im Detail bringen die neuen Regelungen im UWG jedoch einige Änderungen mit sich, die Unternehmen mit telefonischem Kontakt zu Verbrauchern nicht ignorieren sollten.
a. Anforderungen an die Dokumentation von Einwilligungen
Gegenstand der Dokumentationspflicht gemäß § 7a Abs. 1 UWG sind die Einwilligungen sämtlicher Verbraucher, die ein Unternehmen zu Werbezwecken anruft. Neben der Tatsache, dass eine bestimmte Person eine Einwilligung erklärt hat, muss die Dokumentation nach der Begründung zum Regierungsentwurf auch Inhalt und Umfang der Einwilligung erfassen (BT-Drucks. 19/26915, 33). Letztlich muss das werbende Unternehmen somit die Einhaltung der strengen Anforderungen dokumentieren, die für eine wirksame Einwilligung in Telefonwerbung gemäß § 7 Abs. 2 Nr. 2 UWG maßgeblich sind. Neben der Identität und der Telefonnummer der einwilligenden Person muss die Reichweite der Einwilligung in die Telefonwerbung in sachlicher und gegebenenfalls zeitlicher Hinsicht dokumentiert werden.
Die Dokumentation hat gemäß § 7a Abs. 1 UWG „in angemessener Form“ zu erfolgen. Wie aus der Begründung zum Gesetzesentwurf hervorgeht, muss die Art der Dokumentation einen hinreichenden Nachweis über den Inhalt und die Umstände der Einwilligung bieten. Es wird daher in den meisten Fällen erforderlich sein, die tatsächlich abgegebene Erklärung im Wortlaut zu protokollieren. Zusätzlich müssen die Zeitpunkte der Einwilligung und eines jeden Werbeanrufs protokolliert werden, um die Grenzen der fünfjährigen Aufbewahrungsfrist gemäß § 7a Abs. 2 Satz 1 UWG bestimmen zu können. Die Bundesnetzagentur als zuständige Behörde kann die Dokumentationspflicht nach der Regierungsbegründung mit Auslegungshinweisen konkretisieren. Ob und wann dies erfolgt, bleibt abzuwarten.
Wie aus dem Wortlaut von § 7a Abs. 1 UWG hervorgeht, muss das werbende Unternehmen seiner Dokumentationspflicht bereits bei der Einholung der Einwilligung nachkommen und nicht erst nach dem Anruf beim Verbraucher.
b. Organisatorische Folgepflichten
Im Anschluss an die Dokumentation ist das Unternehmen zur Aufbewahrung der Einwilligung für fünf Jahre ab deren Erteilung sowie nach jeder Verwendung verpflichtet, also nach jedem Werbeanruf beim Verbraucher. Auf Verlangen der Bundesnetzagentur muss die Einwilligung unverzüglich vorgelegt werden können. Daraus ergeben sich organisatorische Folgepflichten.
Dies betrifft zunächst die Datenhaltung beim werbenden Unternehmen. Da sich die Aufbewahrungsfrist gemäß § 7a Abs. 2 Satz 1 UWG mit jedem Werbeanruf um fünf Jahre verlängert, muss für die Dokumentation eine technische Lösung gewählt werden, die auch nach vielen Jahren noch einen zuverlässigen Datenzugriff ermöglicht und gegen unberechtigte Zugriffe Dritter geschützt ist. Neben einer übersichtlichen Datenstruktur erfordert dies laufend aktualisierte Sicherheitsmaßnahmen sowie ein gutes Backup-Konzept.
Die dynamische Aufbewahrungsfrist muss in das datenschutzrechtliche Löschkonzept des werbenden Unternehmens eingebettet werden. Es muss sichergestellt werden, dass die Einwilligungsdokumentation für die in § 7a Abs. 2 Satz 1 UWG vorgeschriebene Frist gespeichert wird und nach deren Ablauf gelöscht wird, sofern kein berechtigtes Interesse des Unternehmens zur weiteren Speicherung besteht. Nachdem für die weiteren Daten, die zu dem konkret betroffenen Verbraucher möglicherweise gespeichert sind, andere Aufbewahrungs- und Löschungsfristen maßgeblich sind, muss die Einwilligungsdokumentation von den anderen vorliegenden Daten logisch getrennt werden.
Durch die Dokumentations- und Aufbewahrungspflichten des § 7a UWG ergeben sich für betroffene Unternehmen außerdem datenschutzrechtliche Folgepflichten. Insbesondere müssen die Datenschutzhinweise und das Verarbeitungsverzeichnis angepasst werden.
3. Fazit
Der rechtliche Rahmen für telefonische Werbung gegenüber Verbrauchern wird nochmals etwas enger. Die neuen Dokumentations- und Aufbewahrungsfristen gemäß § 7a UWG erfordern eine sorgfältige Prüfung und Neuausrichtung der bestehenden Abläufe. Der neue Ordnungswidrigkeitentatbestand in § 20 Abs. 1 Nr. 2 UWG sorgt dafür, dass das Bußgeldrisiko bei organisatorischen Fehlern im Bereich des Telefonmarketings vorverlagert und erhöht wird. Neben den bislang schon bestehenden wettbewerbsrechtlichen und datenschutzrechtlichen Bußgeld- und Haftungsrisiken im Fall von Anrufen ohne ausreichende Einwilligung besteht nun ein zusätzliches Bußgeldrisiko bei Dokumentationsmängeln.
Unternehmen sollten die Gesetzesänderung als Gelegenheit sehen, die organisatorischen Prozesse beim Telefonmarketing zu prüfen und gegebenenfalls neu aufzusetzen.