Newsletter Banking & Finance Februar 2014
Geldwäschepflichten bei Ausgabe von E-Geld zukünftig produktspezifischer zu bestimmen
Die BaFin legt erstmals einen genauen Anforderungskatalog für den Freistellungsantrag nach § 25 i Abs. 5 KWG vor
Nachdem die Financial Action Task Force (FATF) jüngst einen Leitfaden zur Anwendung des risikoorientierten Ansatzes bei der Geldwäscheaufsicht über innovative Zahlungsformen herausgegeben hat, hat die BaFin ein Merkblatt zum Befreiungsantrag nach § 25 i Abs. 5 KWG veröffentlicht. Die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (BaFin) kündigt darin an, die geldwäscherechtlichen Sorgfaltspflichten in Bezug auf E-Geld verstärkt produktspezifisch bestimmen zu wollen. Fraglich ist allerdings, ob dieser Weg tatsächlich den von der FATF formulierten Vorgaben gerecht werden kann.
FATF-Leitfaden
Die FATF hat im Juni 2013 einen Leitfaden für die Anwendung eines risikoorientierten Ansatzes bei der Geldwäscheaufsicht über die Emittenten neuartiger Zahlungsmittel herausgegeben. In Deutschland sollte dem Dokument insbesondere im Hinblick auf E-Geld-Produkte besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Der Leitfaden richtet sich vornehmlich an Gesetzgeber und Aufsichtsbehörden und empfiehlt ausdrücklich, in Anwendung des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes davon abzurücken, auf die unterschiedlichsten Produkte einen einheitlichen Anforderungskatalog bei der Bekämpfung von Geldwäsche und Terrorismus anzuwenden.
Risikoorientierter Ansatz
Es gelte vielmehr, die mit einem einzelnen Produkt verbundenen individuellen Risiken abzuschätzen und davon ausgehend die geldwäscherechtlichen Pflichten zu bestimmen. Als Grundlage für einen derartigen risikoorientierten Ansatz empfiehlt die FATF die Erstellung einer konkreten Risiko-Matrix, die sowohl risikoerhöhende Faktoren einbezieht, wie Anonymität, den fehlenden persönlichen Kontakt zu Kunden, die Möglichkeit der Bargeldauszahlung und weltweite Anwendungsmöglichkeiten, als auch risikomindernde Gegenmaßnahmen, etwa die Einführung von Höchstbeträgen und Schwellenwerten.
Gesetzlicher Rahmen in Deutschland
Interessanterweise hebt der FATF-Leitfaden bei der Betrachtung länderspezifischer Regulierungsansätze als einziges europäisches Land Deutschland als Beispiel für einen besonders rigiden Ansatz bei der Beurteilung von E-Geld-Produkten hervor. Konkret geht die FATF dabei auf § 25 i KWG ein, der ein Absehen von der Kundenidentifikation bei der Ausgabe von E-Geld nur dann vorsieht, wenn der monatlich ausgegebene E-Geld-Betrag EUR 100,- nicht überschreitet (obwohl die entsprechende EURichtlinie eine Schwelle von EUR 250,- erlaubt).
Merkblatt zu § 25 i Abs. 5 KWG
Auf deutscher Seite scheint man diese Hinweise durchaus zur Kenntnis genommen zu haben, denn schon am 16. Oktober 2013 hat die BaFin ein neues Merkblatt zu § 25 i Abs. 5 KWG veröffentlicht. Diese Norm ermöglicht es Anbietern von E-Geld, auf Antrag von der Befolgung bestimmter geldwäscherechtlicher Sorgfaltspflichten freigestellt zu werden. § 25 i Abs. 5 KWG soll, laut BaFin, in Zukunft eine stärkere Rolle zukommen, um auf diese Weise dem von der FATF geforderten risikoorientierten Ansatz Rechnung zu tragen. Die BaFin räumt allerdings auch ein, dass derartige Anträge in der Vergangenheit oft durch eine sehr lange Bearbeitungsdauer gekennzeichnet und damit für die Antragsteller wenig praktikabel waren. Um in Zukunft Verzögerungen zu vermeiden, sei es daher notwendig, Klarheit über die Voraussetzungen eines Befreiungsantrages zu schaffen.
Berechtigte nach § 25 i Abs. 5 KWG, so die BaFin, sind grundsätzlich inländische Kreditinstitute und E-Geld-Institute. Auch E-Geld-Agenten und Vertriebspartner können beantragen, von einzelnen, ihnen obliegenden Pflichten ausgenommen zu werden. Für jedes einzelne E-Geld-Produkt müsse im Übrigen ein gesonderter Antrag gestellt werden.
Konkret fordert die BaFin in ihrem Merkblatt für die Einreichung eines entsprechenden Antrags eine genaue Beschreibung des individuellen E-Geld-Produkts. Dies umfasst die Darstellung der
• Art des E-Geld-Trägers (Physische Karte, Online-Guthaben etc.),
• Vertriebswege (online-basiert, über Agenten o. ä.),
• Möglichkeit und Art der Wiederaufladung,
• Produktmerkmale,
• Nutzungsmöglichkeiten und Akzeptanzstellen,
• Organisation des Vertriebsnetzes,
• Rücktauschmöglichkeiten,
• Überwachung der E-Geld-Transaktionen und
• Maßnahmen zur Risikominimierung.
Auch muss der Antragsteller die genauen Sorgfaltspflichten, von denen er künftig entbunden sein will, genau benennen. Er muss also zum Beispiel beantragen, von der Pflicht zur Kundenidentifikation befreit werden zu wollen. Eine vollständige Entbindung von allen geldwäscherechtlichen Pflichten sei ohnehin nicht möglich.
Produktrisikoanalyse
Darüber hinaus ist im Rahmen des Antrags eine Produktrisikoanalyse zu erstellen. Sie stellt sogar das Kernelement des Antrags dar. Der Antragsteller muss hierin substantiiert darlegen, warum er davon ausgeht, dass das jeweilige E-Geld-Produkt ein geringes Risiko aufweist oder aus welchem Grund die implementierten Gegenmaßnahmen das Risiko wesentlich reduzieren. In diese Analyse sind alle einzelnen Stationen des E-Geldes, also Ausgabe, Aufladung, Vertriebsnetz und Akzeptanzstellen, miteinzubeziehen. Außerdem muss der Antragsteller sämtliche Musterverträge mit Kunden, Vertriebspartnern und Akzeptanzstellen dem Antrag beifügen.
Weiter Ermessenspielraum der BaFin
Zusammenfassend bleibt festzuhalten, dass das Merkblatt der BaFin zum Antrag nach § 25 i Abs. 5 KWG zwar zunächst zu begrüßen ist, da sich Antragsteller erstmals an einem genauen Anforderungskatalog orientieren können. Vergleicht man das Merkblatt jedoch mit den im FATF-Leitfaden formulierten Zielen, so sind Zweifel angebracht, ob das Recht zur Einreichung eines Antrags nach § 25 i Abs. 5 KWG tatsächlich ausreicht, einen risikoorientierten Ansatz zur Geldwäscheaufsicht in Deutschland zu implementieren. Auffällig ist nämlich, dass sich die BaFin an keiner Stelle festlegt, welche Eigenschaften ein E-Geld-Produkt aufweisen muss, damit eine Freistellung in jedem Fall erteilt wird. Die Antragsteller müssen also den sehr umfangreichen Pflichtenkatalog des Merkblattes erfüllen, ohne jedoch die Gewähr zu haben, bei der Erfüllung bestimmter Vorgaben tatsächlich von Sorgfaltspflichten freigestellt zu werden. Die Einschätzung des Geldwäscherisikos und der damit verbundene Erlass geldwäscherechtlicher Pflichten soll vielmehr ins alleinige Ermessen der BaFin gestellt bleiben.
Fazit
Die FATF hat in ihrem Leitfaden einen risikoorientierten Ansatz für die Geldwäscheaufsicht über E-Geld- Produkte gefordert. In Deutschland soll dieses Ziel über die Ausnahmeregelung nach § 25 i Abs. 5 KWG umgesetzt werden, das in einem Merkblatt der BaFin erstmals eine Konkretisierung erfahren hat. Die Befreiung von geldwäscherechtlichen Sorgfaltspflichten bleibt allerdings weiterhin allein in das Ermessen der BaFin gestellt und die Anforderungen an die Einreichung eines Befreiungsantrags sind nicht gerade gering. Die Lockerung geldwäscherechtlicher Sorgfaltspflichten bleibt für die Anbieter von E-Geld daher weiterhin mit hohen Hürden verbunden.