07.06.2018Fachbeitrag

Update IP Nr. 7

Neue Entwicklungen im deutschen Markenrecht - Die anstehenden Änderungen nach dem Entwurf des Markenrechtsmodernisierungsgesetzes

I. Überblick:

Zur Umsetzung der neuen Markenrechtsrichtlinie (Richtlinie (EU) 2015/2436 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2015 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken) wurde ein Entwurf für das Markenrechtsmodernisierungsgesetz (MaMoG), veröffentlicht.

1. Ziele der europäischen Markenrechtsreform und des MaMoG:

  • Die Koexistenz der verschiedenen Markensysteme soll gefördert und  dadurch das ausgewogene Nebeneinander von Unionsmarke und nationaler Marke ermöglicht werden.
  • Die Kooperation der nationalen Markenämter mit dem Amt der EU für geistiges Eigentum soll gestärkt werden.
  • Ein gut funktionierender Binnenmarkt, die Eintragung, Verwaltung und der Schutz von Marken, sowie Wachstum und Wettbewerbsfähigkeit sollen gefördert werden.
  • Es soll Rechtssicherheit zum Schutzumfang von Markenrechten gewährleistet und der Zugang zum Markenschutz erleichtert werden.
  • Das Markenrecht soll durch die Modernisierung des Eintragungsverfahrens an den digitalen Fortschritt angepasst werden.
  • Die wachsende Produktpiraterie soll durch ein Verbotsrecht des Markeninhabers hinsichtlich aller zollrechtlicher Situationen bekämpft werden.

2. Welche Änderungen sieht der Entwurf vor?

Durch einen Verzicht auf das Erfordernis einer grafischen Darstellbarkeit schutzfähiger Zeichen wird die Darstellungsmöglichkeit im elektronischen Register erweitert (siehe unten 1.) Eine nationale Gewährleistungsmarke wird eingeführt, um der Bedeutung von Gütezeichen für die Wirtschaft Rechnung zu tragen (s. unten 2.). Zusätzlich zu dem bisher möglichen Löschungsverfahren wegen absoluter Schutzhindernisse wird ein amtliches Verfalls- und Nichtigkeitsverfahren für relative Nichtigkeitsgründe (ältere Rechte) und Verfallsgründe nach Widerspruch vor dem DPMA eingeführt (s. unten 3.). Alle zollrechtlichen Situationen, insbesondere die Durchfuhr von Waren, sollen der zollamtlichen Überwachung unterliegen und nicht, wie bisher, nur das drohende Inverkehrbringen der Ware im Inland. (s. unten 4.).

II. Zu den Auswirkungen der Änderungen in der Praxis:

1. Erweiterung der Darstellungsmöglichkeit im elektronischen Register

Es wird zukünftig auf das Erfordernis einer grafischen Darstellbarkeit schutzfähiger Zeichen (vgl. bisher § 8 Absatz 1 MarkenG) bei der Eintragung einer Marke verzichtet. Zukünftig werden alle Marken zur Eintragung zugelassen, die im Markenregister so dargestellt werden können, dass die zuständigen Behörden und das Publikum den Gegenstand des Markenschutzes klar und eindeutig bestimmen können. Somit wird die grafische Darstellbarkeit durch ein flexibles Kriterium ersetzt, das insbesondere für unkonventionelle Markenformen rechtssichere Darstellungsformen bietet. Wie genau dieses flexible Kriterium von den zuständigen Behörden definiert wird, bleibt jedoch abzuwarten. Ob damit auch den Geruchsmarken die Türen geöffnet werden, bleibt jedoch abzuwarten.

2. Einführung einer nationalen Gewährleistungsmarke

Etwas gänzlich Neues im deutschen Recht ist die Einführung der Gewährleistungsmarke. Bis dato existierte hier nur eine Individual- und Kollektivmarke, mit der man auch solche „Gütesiegel“ aushilfsweise schützen konnte.Unter einer Gewährleistungsmarke versteht man eine Marke, die bei der Anmeldung als solche bezeichnet wird und für die der Inhaber der Marke das Material, die Art und Weise der Herstellung der Waren oder der Erbringung der Dienstleistungen, die Qualität, Genauigkeit oder andere Eigenschaften gewährleistet. Sie muss geeignet sein, sich von solchen Marken zu unterscheiden, für die keine derartige Gewährleistung besteht. Mit der Gewährleistungsmarke können somit Gütesiegel oder Prüfzeichen neutraler Zertifizierungsunternehmen markenrechtlichen Schutz erlangen. Unabhängige Markeninhaber können ihr Gütesiegel an auserwählte Unternehmen vergeben, welche die zuvor in einer Satzung festgelegten Kriterien erfüllen.

3. Das neue patentamtliche Verfahren zur Löschung eingetragener Marken

Nach der jetzigen Rechtslage ist in dem § 54 MarkenG ein amtliches Löschungsverfahren vor dem DPMA nur für absolute Schutzhindernisse vorgesehen. Eine Marke kann danach nicht eingetragen werden, wenn sie z. B. die zu schützenden Waren lediglich beschreibt (z. B. eine Marke „Tisch“ für Möbel). Dafür ist das DPMA nach der jetzigen Rechtslage allein zuständig, insbesondere ist der Weg zu den Zivilgerichten nicht eröffnet. Die Zivilgerichte entscheiden dagegen über die Löschung von Marken wegen relativer Schutzhindernisse (§ 55 Abs. 1 MarkenG), also etwa wenn eine identische ältere Marken dieselben Waren schützt und deren Inhaber die jüngere Marke löschen lassen möchte.

Nach dem MaMoG sollen diese Verfahren nun beim DPMA gebündelt werden. Zusätzlich zu dem bisher möglichen Löschungsverfahren wegen absoluter Schutzhindernisse können künftig auch relative Nichtigkeitsgründe (ältere Rechte) und Verfallsgründe nach Widerspruch vor dem Deutschen Patent- und Markenamt (DPMA) geltend gemacht werden. Wenn ein Antragsteller also in Zukunft das Löschungsverfahren vor dem DPMA beantragt, kann er alle Schutzhindernisse (absolute wie relative) Schutzhindernisse geltend machen und muss nicht ein zusätzliches Verfahren vor den (teureren) Zivilgerichten einleiten.

Die Zivilgerichte sollen aber daneben weiterhin, wie gehabt, für die Löschungsverfahren wegen Verfalls oder älterer Rechte (relative Schutzhindernisse) zuständig bleiben. Die Kläger bzw. Antragsteller haben diesbezüglich ein Wahlrecht, ob sie sich an das DPMA oder die ordentlichen Gerichte wenden. Wer also bei Gericht gute Erfahrungen mit den entsprechend spezialisierten Markenkammern oder Kammern für Handelssachen gesammelt hat, kann diesen weiter vertrauen.

4. Einführung einer Regelung für Waren unter zollamtlicher Überwachung

Markeninhaber können derzeit nur die Ein- und Ausfuhr von Waren, die unter zollamtlicher Beobachtung stehen und ihrer Marken verletzen, verbieten. Im Falle der Durchfuhr der Ware (Transitware) bedeutet dies, dass die Markeninhaber die Transitware (die unter zollamtlicher Beobachtung steht) nur untersagen können, wenn sie nachweisen, dass die Ware Gegenstand einer an die Verbraucherinnen und Verbraucher im Inland gerichteten geschäftlichen Handlung wie Verkauf oder Werbung ist beziehungsweise sein soll. Nach dem MaMoG soll dies nun anders werden. Einschränkungen bestehen allerdings insoweit, als dass die die Marke auf der Transitware mit derjenigen des Markeninhabers (nahezu) identisch sein muss.

In der Praxis wird den Markeninhabern damit ein geeignetes Mittel für den Kampf gegen die Produktpiraterie an die Hand gegeben, indem rechtsverletzenden Waren, die der zollamtlichen Überwachung unterliegen, die Durchfuhr durch Deutschland untersagt werden kann.

III. Inkrafttreten:

Der größte Teil des MaMoG soll zum 14.01.2019 in Kraft treten. Etwas anderes gilt allerdings für zwei der zuvor skizzierten Regelungskomplexe:

1.  Regelung für Waren unter zollamtlicher Überwachung

Die Regelungen zu den Waren unter zollamtlicher Überwachung (vgl. oben II.4.) sollen sofort mit der Verkündung des MaMoG in Kraft treten, damit zügig gegen die Produktpiraterie vorgegangen werden kann.

2. Regelungen zu dem patentamtlichen Verfahren zur Löschung eingetragener Marken

Die Regelungen zur Umgestaltung des patentamtlichen Verfahrens zur Löschung eingetragener Marken (vgl. oben II. 3.) sollen hingegen erst zum 01.05.2020 in Kraft treten. Hierdurch soll dem DPMA die nötige Zeit gegeben werden, sich in personeller und technischer Hinsicht auf die gesteigerten Anforderungen eines amtlichen Verfalls- und Nichtigkeitsverfahrens vorzubereiten.

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