Sondernewsletter Brexit 29. Juli 2016
Beratungsthemen im Zusammenhang mit einem drohenden Brexit: Steuerrecht
Durch einen Brexit würden sich Folgen in nahezu allen Bereichen des Steuerrechts ergeben. Bei vielen Themen wird es darauf ankommen, ob das UK künftig zumindest den Status eines EWRStaates haben wird. Nachfolgend werden einige wesentliche Auswirkungen dargestellt:
Zunächst sind nach einem Brexit die bestehenden EU-Richtlinien im Hinblick auf das UK nicht mehr anwendbar. Dies führt zu steuerlichen Mehrbelastungen sowie dem Wegfall von steuerlichen Vergünstigungen.
Insbesondere ist die Mutter-Tochter-Richtlinie dann nicht mehr anwendbar, die eine vollständige Befreiung von Quellensteuereinbehalten auf Dividenden und vergleichbare Zahlungen vorsieht. Stattdessen kann dann künftig die Quellensteuer auf Basis des bestehenden Doppelbesteuerungsabkommens bestenfalls auf 5% reduziert werden.
Unter bestimmten Voraussetzungen gewährt die Zins- und Lizenz-Richtlinie bislang eine Befreiung vom Quellensteuerabzug auf Zins- und Lizenzgebühren bei grenzüberschreitenden Zahlungen. Obgleich einzubehaltende Quellensteuern aufgrund des Doppelbesteuerungsabkommens wieder zu erstatten sind, kann es beim Wegfall der Anwendbarkeit der Richtlinie bei verbundenen Unternehmen hier zu administrativem Mehraufwand und zeitlichen Verschiebungen kommen.
Sofern das UK nach einem Austritt nicht den Status eines EWR-Staates haben wird, wird das UK durch den Brexit ferner aus dem Anwendungsbereich des Umwandlungssteuergesetzes herausfallen, so dass steuerneutrale Umstrukturierungen mit Beteiligung von UK-Gesellschaften auf diesem Weg nicht mehr möglich sein werden. Bereits durchgeführte Umwandlungsvorgänge können insofern betroffen sein, als zum Zeitpunkt des Brexit noch nicht abgelaufene Sperrfristen zu einer rückwirkenden Besteuerung des Umwandlungsvorgangs führen können.
Soweit Wirtschaftsgüter eines deutschen Unternehmens in der Vergangenheit in eine Betriebsstätte im UK überführt wurden, konnte eine Versteuerung der stillen Reserven durch Bildung eines Ausgleichspostens vermieden werden. Dieser ist bei einem Austritt aus der EU zwingend aufzulösen und führt damit zur Besteuerung.
Verlegt eine deutsche Kapitalgesellschaft ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung in einen Staat außerhalb der EU bzw. des EWR, so gilt sie als liquidiert mit der Folge der Besteuerung aller stiller Reserven, so dass ein Wegzug deutscher Kapitalgesellschaften in das UK künftig zu einer solchen Liquidationsbesteuerung führen kann.
Auch der Wegzug natürlicher Personen, die mindestens 1% der Anteile an einer Kapitalgesellschaft besitzen, in das UK kann künftig zu einer Wegzugsbesteuerung nach dem Außensteuergesetz führen, wenn es sich bei dem UK weder um einen EU-Mitgliedstaat noch um einen EWRStaat handelt. Hinsichtlich in der Vergangenheit bereits erfolgter Wegzüge in das UK, bei denen die Steuer auf den Wegzug zinslos gestundet wurde, würde es dann zu einem Widerruf der Stundung kommen.
Insbesondere erhebliche administrative Umstellungen werden sich im Bereich der Umsatzsteuer ergeben. So wird es sich künftig bei Lieferungen zwischen Deutschland und dem UK für den Lieferer nicht mehr um steuerfreie innergemeinschaftliche Lieferungen handeln, sondern um (ebenfalls steuerfreie) Ausfuhrlieferungen, für die jedoch andere Nachweise erforderlich sind und die eine andere Deklaration erfordern. Für Vorsteuererstattungsanträge von im UK ansässigen Unternehmern im Rahmen des Vorsteuervergütungsverfahrens gilt für diese künftig eine um drei Monate verkürzte Antragsfrist (30. Juni. statt 30. September des Folgejahres).
Für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer zählen Beteiligungen über 25% an Kapitalgesellschaften zum steuerlich privilegierten Vermögen. Dies gilt jedoch nur, sofern sie ihren Sitz oder ihre Geschäftsleitung in einem EU- oder EWR-Staat haben. Damit würde diese Privilegierung zukünftig nicht mehr gewährt.
Daneben werden u.a. ebenfalls die nur für EU- und EWR-Staaten vorgesehenen Vergünstigungen wie die grenzüberschreitende Zusammenveranlagung von Ehegatten (Ehegattensplitting) und die Abzugsfähigkeit von Spenden an Empfänger im UK wegfallen. Weiterhin können ggf. Unterhaltszahlungen für Studium und Ausbildung im UK, sofern das UK kein EWR-Staat ist, nicht mehr in Deutschland steuerlich geltend gemacht werden.