04.11.2024Fachbeitrag

Update IP, Media & Technology Nr. 109

BGH urteilt zur Panoramafreiheit bei Drohnenaufnahmen

BGH, Urteil vom 23.10.2024 - I ZR 67/23

Die Straßenbild- oder Panoramafreiheit gemäß § 59 Abs. 1 S. 1 UrhG beschränkt den urheberrechtlichen Schutz von Werken, die sich bleibend im öffentlichen Raum befinden und damit der Öffentlichkeit dauerhaft zugänglich gemacht worden sind. Welcher Blickwinkel auf das Werk aber noch „der Öffentlichkeit zugänglich“ und damit von der Panoramafreiheit umfasst ist, kann im Einzelfall schwierig zu bestimmen sein.

Der BGH entscheidet mit seinem Urteil vom 23. Oktober 2024 die Frage, ob die Panoramafreiheit auch für Drohnenaufnahmen von urheberrechtlich geschützten Werken aus der Luft gilt.

I. Sachverhalt

Auf einigen Bergehalden (Hügeln) im Ruhrgebiet sind Installationen von zwei bildenden Künstlern errichtet. Zur Wahrnehmung der diesbezüglichen Nutzungsrechte ist die Klägerin, eine Verwertungsgesellschaft für bildende Künstler, berechtigt. Ab dem Jahre 2010 vertrieb die Beklagte Freizeitführer für die Bergehalden, die Abbildungen von Drohnenaufnahmen einzelner Installationen enthielten. Die Klägerin forderte daraufhin Unterlassung und Schadensersatz mit der Begründung, dass die Drohnenaufnahmen nicht von der Schrankenregelung der Panoramafreiheit umfasst und die Künstler daher in ihren Urheberrechten verletzt seien. Sowohl die Erstinstanz als auch die Berufungsinstanz gaben dem statt und verneinten die Anwendbarkeit der Panoramafreiheit (LG Bochum, Berichtigungsbeschluss vom 21.12.2021 – 8 O 97/21; OLG Hamm, Urteil vom 27.4.2023 – 4 U 247/21). Gegen das letztinstanzliche Urteil legte die Beklagte Revision ein.

II. Entscheidung

Der BGH hat die Revision als unbegründet zurückgewiesen.

Die in § 59 Abs. 1 S. 1 UrhG geregelte Panoramafreiheit bezwecke die Freistellung der Nutzung von Werken, wenn und soweit sie Teil des von der Allgemeinheit wahrnehmbaren Straßen- oder Landschaftsbildes sind. Mittels einer Drohne angefertigte Luftaufnahmen seien nicht von der Panoramafreiheit umfasst.

1. Regelungszweck der Panoramafreiheit

Dies leitet der BGH zunächst aus dem Regelungszweck der Panoramafreiheit her. Diese beruhe auf der Erwägung, dass die Aufstellung des Werkes an einem öffentlichen Ort zum Ausdruck bringe, dass das Werk der Allgemeinheit gewidmet werden solle. Diese Zweckbestimmung rechtfertige, dass jedermann das Werk nutzen dürfe. Die Installationen seien so aufgestellt worden, dass sie für die Allgemeinheit von umliegenden Wegen, Straßen und Plätzen aus sichtbar sind, sodass sie der Allgemeinheit gewidmet seien.

Allerdings bezwecke die Panoramafreiheit speziell, dass es dem Publikum möglich ist, alles zu betrachten und (beispielsweise als Gemälde, Zeichnung, Fotografie oder Film) festzuhalten, was es mit den eigenen Augen von dem öffentlichen Ort aus sehen kann. Umfasst seien daher keine Perspektiven, die nur unter Verwendung von Hilfsmitteln (z. B. mit einer Leiter) oder unter Überwindung von Blickschutz-Vorrichtungen (z. B. einer Hecke) eingenommen werden können.

Drohnenaufnahmen aus der Luft seien dementsprechend nicht mehr von dem Regelungszweck des § 59 Abs. 1 S. 1 UrhG umfasst.

2. Unionsrechtskonforme Auslegung im Lichte der InfoSoc-Richtlinie

Die Panoramafreiheit setzt die Vorgaben der Europäischen Union für die Schranken des Urheberrechts aus Art. 5 Abs. 3 lit. h Richtlinie 2001/29/EG (InfoSoc-Richtlinie) um. Dementsprechend legt der BGH die Norm zusätzlich im Lichte der einschlägigen Vorschriften der Richtlinie aus.

Zwar gewähre die InfoSoc-Richtlinie einen erheblichen Umsetzungsspielraum für die mitgliedsstaatlichen Schrankenbestimmungen. Diese müssten sich allerdings im Rahmen dessen bewegen, was nach dem sog. Drei-Stufen-Test gemäß Art. 5 Abs. 5 InfoSoc-RL zulässig ist. Das setze insbesondere voraus, dass ein schonender Ausgleich zwischen der Informations- und Kommunikationsfreiheit der Werknutzer (speziell: dem Interesse, dass der öffentliche Raum von Ausschließlichkeitsrechten freigehalten wird) und dem berechtigten Interesse der Urheber an der wirtschaftlichen Nutzung ihrer Werke hergestellt wird.

Bei Drohnenaufnahmen aus der Luft sei der eingenommene Blickwinkel kein Teil des allgemein wahrnehmbaren Straßenbildes, sodass nur ein geringes Freihaltebedürfnis der Allgemeinheit bestehe. Dagegen seien die Interessen der Urheber besonders gewichtig, da diese die Werke selbst wirtschaftlich nutzen. Daher falle die Abwägung in diesem Fall zu Gunsten der wirtschaftlichen Interessen der Urheber aus.

IV. Fazit

Nach dem Urteil des BGH vom 23. Oktober 2024 sind Drohnenaufnahmen von urheberrechtlich geschützten Werken aus der Luft nicht von der Panoramafreiheit gemäß § 59 Abs. 1 S. 1 UrhG umfasst.

Der BGH stützt dies zum einen auf teleologische Erwägungen. Der Blickwinkel der Drohne könne durch die Allgemeinheit nicht ohne Hilfsmittel eingenommen werden und sei damit nicht mehr Teil des öffentlich zugänglichen Straßenbildes.

Zum anderen begründet der BGH dies mit der unionsrechtskonformen Auslegung der Norm im Lichte der InfoSoc-Richtlinie. Die Anwendung des Drei-Stufen-Tests ergebe, dass das Interesse der Urheber an der Verwertung das Freihalteinteresse der Nutzer überwiegt.

 

Der Beitrag wurde in Zusammenarbeit mit unserer Wissenschaftlichen Mitarbeiterin, Lena Rosenau, erstellt.

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