02.09.2024Fachbeitrag

Update IP, Media & Technology Nr. 106

Künstliche Intelligenz ist kein Erfinder im Sinne des Patentrechts

Am 11. Juni 2024 entschied der BGH das erste Mal zum Thema KI (Az.: X ZB 5 / 22). Gegenstand des Verfahrens war, ob Künstliche Intelligenz als Erfinder im patentrechtlichen Sinne gelten kann, sodass bei der Anmeldung eines Patents eine KI als Erfinder angegeben werden kann. Der Anmelder des Patents ist davon überzeugt, dass auch eine KI als Erfinder im Sinne des Patentrechts gelten kann.

I. Die Entscheidung

1. KI als Erfinder?

Der BGH hält den Hauptantrag für unbegründet und schließt sich damit der rechtlichen Bewertung des Patengerichts an.

Das Gericht begründet dies damit, dass ein Erfinder im Sinne des § 37 Abs. 1 PatG nur eine natürliche Person sein könne. Die Tatsache, dass ein System, welches aus einer Hardware bzw. Software besteht, über künstliche Intelligenz verfüge, ändere daran nichts.

Auch § 6 PatG unterstreiche, dass ein Erfinder nur eine natürliche Person sein könne, denn nach der Vorschrift haben Erfinder oder dessen Rechtsnachfolger das Recht auf das Patent. Dementsprechend müsste es sich bei einem Erfinder um einen Träger von Rechten und Pflichten handeln.

Ferner argumentiert der BGH, dass seine Ansichtsweise auch von der Literatur sowie von juristischen Beschwerdekammer des Europäischen Patentamts geteilt wird. Das Europäische Patentamt basiere dies insbesondere auf die dem § 37 Abs. 1 PatG entsprechenden Vorschriften in Art. 81, 60 Abs. 1 EPÜ.

Des Weiteren führt der BGH aus, dass auch die Rechtsprechung in anderen Staaten zu dem Ergebnis gelange, dass eine Künstliche Intelligenz kein Erfinder im Sinne des nationalen Rechts des Staates sein könne. Dies werde fast schon einheitlich damit begründet, dass Erfinder nur natürliche Personen sein könnten.

Dieser Ansatz ließe sich zudem auch in Einklang mit § 6 PatG bringen, der einen tatsächlichen Vorgang voraussetzt und außerdem davon ausgeht, dass der Erfinder Träger eines Rechts sein kann. Der BGH geht in dieser Hinsicht noch etwas weiter, denn die Position als Erfinder sei nicht nur das Resultat eines tatsächlichen Vorgangs, sondern des „Auffindens einer neuen technischen Lehre“. Demnach erfasse sie ebenso Rechtsbeziehungen. Es entstehe beim Erfinder nicht nur das Recht auf Patent, sondern das Erfinderpersönlichkeitsrecht.

2. Natürliche Person als Erfinder trotz Verwendung von KI?

Der Anmelder des Patents war im vorliegenden Fall überzeugt davon, dass das Verwenden einer KI durch eine natürliche Person dazu verpflichte, dass sowohl § 37 Abs. 1 PatG als auch § 6 PatG anders verstanden werden müssen.

Dem stimmt der BGH nicht zu, denn die natürliche Person bleibe trotzdem der rechtlich richtige Erfinder, auch wenn sie zum Auffinden der neuen technischen Lehre KI verwendet hat. Hierbei müsse nicht geklärt werden, inwiefern die Verwendung eines KI-Systems Einfluss darauf hat, ob das Auffinden der neuen technischen Lehre als erfinderische Tätigkeit eingestuft werden könne. Dies könne laut BGH offenbleiben.

Gem. § 4 S. 1 PatG liegt eine Erfindung, die auf einer erfinderischen Tätigkeit beruht vor, sofern sie sich für eine Fachkraft nicht in offensichtlicher und naheliegender Weise aus dem aktuellen Stand der Technik ergibt. Die genaue Art und Form der Überlegungen, die zu der Erfindung geführt haben, seien unerheblich. Vielmehr käme es darauf an, ob der aktuelle Stand der Lehre einen Anknüpfungspunkt bzw. einen Anlass für die Erfindung gegeben hat.

Dementsprechend sei es für die Einstufung als eine Erfindung im Sinne des Patentrechts nicht notwendig, dass der Erfindung ein Prozess mit eigenem erfinderischen Gehalt vorangegangen ist. Der BGH verweist diesbezüglich auf seine ständige Rechtsprechung und stellt deutlich klar, dass es auch für die Stellung als „(Mit-)Erfinder“ nicht erforderlich sei, dass der dazu geleistete Beitrag in sich erfinderisch im Sinne des Patentrechts ist. Darüber hinaus sei es fehlgeleitet, zu überprüfen, ob die einzelnen, die Erfindung begründenden, Merkmale dem aktuellen Stand der Technik entstammen. Es seien folglich alle Beiträge zu der Erfindung miteinzubeziehen mit der Ausnahme der unwesentlichen Beiträge, die somit keine Teilhabe am Endergebnis, der Erfindung, hatten.

Vor diesem Hintergrund sei festzustellen, dass hinsichtlich einer Erfindung, die mithilfe einer KI geschaffen wurde, auf den wesentlichen menschlichen Beitrag abzustellen sei. Die Frage, wie intensiv eine natürliche Person zu der Erfindung beigetragen hat, könne nach dem Bundesgerichtshof dahinstehen. Es müsse auch nicht festgelegt werden, ob die Position als Hersteller, Eigentümer oder Besitzer der Künstlichen Intelligenz ausreicht, um den wesentlichen menschlichen Beitrag zu gewährleisten oder ob ein engerer Bezug zu der verwendeten Technik, wie z. B. eine Programmierung oder ein Datentraining, erforderlich ist. Dies sei insbesondere dem Umstand geschuldet, dass es „ein System, das ohne jede menschliche Vorbereitung oder Einflussnahme nach technischen Lehren sucht“ nach dem heutigen wissenschaftlichen Erkenntnisstand noch nicht gibt.

Diese Beurteilung führe entgegen der Ansicht des Anmelders auch nicht zur Unzumutbarkeit der Anforderung zur wahrheitsgemäßen Angabe aus § 37 Abs. 1 S. 1 PatG sowie aus § 124 PatG. Denn der BGH macht sehr deutlich, dass die Tatsache, dass eine KI einen Beitrag zu einer Erfindung geleistet hat, keine natürliche Person ausschließe, die ebenfalls zur Begründung der Erfindung beigetragen hat. Denn es könne gar nicht erst zu einem wesentlichen Beitrag von einer KI kommen, wenn daran kein Mensch beteiligt war. Daher sei aus Sicht des BGH den Patentanmeldern zumutbar, mindestens eine natürliche Person als Erfinder zu benennen, auch wenn ein Anmelder überzeugt ist, dass die Künstliche Intelligenz den Hauptbeitrag geleistet hat.

II. Fazit

Insgesamt fällt auf, dass die Entscheidung der bisherigen Linie bezüglich der Patentrechtssystematik folgt, weshalb sie auch nicht wirklich überraschend ist. Der BGH und viele andere nationale Gerichte halten berechtigterweise an dem Grundsatz fest, dass ein Erfinder eine natürliche Person sein muss. Spannend bleibt jedoch die Frage, welche Form von menschlichem Beitrag im Zusammenhang mit der Künstlichen Intelligenz vorliegen muss und ob dies tatsächlich auch in der Praxis so unwesentlich ist, solange der Mensch in irgendeiner Form die KI vorbereitet hat. Sofern dies nämlich nicht einheitlich geklärt wird, könnte dies doch zu Problemen und Rechtsunsicherheiten bei der Patentanmeldung führen.

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