04.07.2024Fachbeitrag

Update IP, Media & Technology Nr. 102

Mercedes-Benz: Nutzung fremder Kennzeichen zu Werbezwecken unter Umständen zulässig

In der höchstaktuellen Entscheidung des BGH (BGH, Urt. v. 16.05.2024 – I ZR 45 / 23) geht es um Fotografien, die von Mercedes Benz zu Werbezwecken aufgenommen wurden. Im Vordergrund der Bilder ist ein Fahrzeugmodell der S-Klasse der Firma Mercedes-Benz zu sehen. Im Hintergrund ist der Unternehmensjet der Klägerin zu erkennen.

Die Klägerin ist unter der Firma KUM tätig, als Halterin des Jets ließ sie auf dessen Heck ein individuelles Luftfahrzeugkennzeichen, welches „D-CKUM“ lautet, anbringen. Gem. § 19 Abs. 1 in Verbindung mit Anlage 1 Abschnitt II Nr. 1 der Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung (LuftVZO) verweist der erste Buchstabe (hier: „D“), dass es sich um ein deutsches Luftfahrzeug handelt, während die weiteren vier Buchstaben eine sog. „besondere Kennzeichnung“ ergeben. Hierbei verweist der erste Buchtstabe „C“ auf das Gewicht des Flugzeugs, die anderen drei Buchstaben wurden von der Klägerin frei gewählt. Laut Vortrag der Klägerin ergebe sich die Abkürzung „KUM“ aus den Initialen des Geschäftsführers des Unternehmens. Das Luftfahrzeugkennzeichen „D-CKUM“ war auf den von Mercedes-Benz vorgenommenen Aufnahmen zu erkennen. Eine Einwilligung diesbezüglich wurde von der Klägerin gegenüber Mercedes-Benz nicht erteilt.

Die Klägerin rügte die Verwendung der Aufnahmen zu Werbezwecken mit dem Hinweis, es handele sich um eine unzulässige Ausbeutung ihres Namens, da das Flugzeug sowie die zugehörige besondere Kennzeichnung auf den Werbefotos erkennbar seien.

Dementsprechend erhob die Klägerin nach erfolgloser Abmahnung Klage. Dabei stützte die Klägerin sich hilfsweise auf das Urheberrecht, da auf den von Mercedes-Benz aufgenommenen Fotografien auch das urheberrechtlich geschützte Wappen der Klägerin, welches sich auf der linken Seite des Jets befindet, zu erkennen ist.

Das Landgericht wies die Klage ab, wohingegen auf die Berufung der Klägerin das Berufungsgericht die Beklagte zur Unterlassung verurteilte.

Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Hamm vom 30. März 2023 nun aufgehoben.

Die Entscheidung

  1. Allgemeines Persönlichkeitsrecht/allgemeines Unternehmenspersönlichkeitsrecht

    Entgegen der Ansicht des Berufungsgerichts (OLG Hamm, Urt. v. 30.03.2023 – 4 U 130 / 21) erklärt der BGH, dass die Beklagte nicht in das allgemeine Unternehmenspersönlichkeitsrecht der Klägerin eingegriffen hätte.

    Jedoch gibt der BGH dem OLG Hamm im Grundsatz dahingehend Recht, dass die Nutzung des Namens einer juristischen Person ohne zugehörige Befugnis einen Eingriff in die vermögenswerten Bestandteile des allgemeinen Unternehmenspersönlichkeitsrechts, genauer des Rechts am eigenen Namen, darstellen könne.

    Das allgemeines Persönlichkeitsrecht nach § 823 Abs. 1 BGB siehe einen Schutz des eigenen Namens nicht nur für natürliche Personen vor, sondern beziehe auch juristische Personen dem Art. 19 Abs. 3 GG entsprechend sowie Personengesellschaften des Handelsrechts in den persönlichen Schutzbereich mit ein. Ferner stellt der BGH fest, dass die Nutzung des eigenen Namens oder die Nutzung von Firmenbestandteilen zu Werbezwecken in der Öffentlichkeit für juristische Personen als auch für Personengesellschaften des Handelsrechts vermögenswerte Bestandteile ihres Persönlichkeitsrechts seien.

  2. Maßstab für die Bewertung als Eingriff

    Inwieweit in das Persönlichkeitsrecht eines Dritten tatsächlich durch die Verwendung kennzeichnender Merkmale eingegriffen wurde, bemesse sich insbesondere daran, ob ein nicht unerheblicher Teil der betroffenen bzw. angesprochenen Öffentlichkeit von einer kommerziellen Nutzung ausgeht. Gleicher Maßstab sei zugrunde zu legen, wenn es darum geht, zu bewerten, ob überhaupt von einem Persönlichkeitsmerkmal Gebrauch gemacht wurde.

    Vor diesem Hintergrund stellte der BGH im vorliegenden Fall klar, dass die Verwendung der Werbefotos durch die Beklagte hier nicht zu einer Nutzung des Namens der Klägerin im oberen Sinne führte. Daher liege auch kein Eingriff in das allgemeine Unternehmenspersönlichkeitsrecht vor.

    Das Berufungsgericht habe fälschlicherweise angenommen, dass es für einen Eingriff in das allgemeine Unternehmenspersönlichkeitsrecht ausreiche, wenn die Klägerin als Halterin des auf den Werbefotos erkennbaren Luftfahrzeugs mithilfe von einer Internetrecherche, durchgeführt von interessierten Kreisen, identifiziert werden könne. Dem sei jedoch nicht so. Vielmehr macht der BGH deutlich, dass die Werbefotos ein eindeutiges Augenmerk bezüglich des beworbenen PKW-Modells der S-Klasse vermitteln würden und dementsprechend der PKW prägend für die Gedächtnisse des angesprochenen Publikums sei, nicht aber das Luftfahrzeug.

    Zu betonen ist weiterhin, dass der BGH es auch für unschädlich anerkannt hat, wenn das Luftfahrzeug auf den Werbefotos nicht lediglich einen bedeutungslosen Bildhintergrund dargestellt habe. Es sei trotzdem erkennbar, dass der Fokus der Werbung auf dem PKW-Modell der S-Klasse liegt, weshalb die bloße Erkennbarkeit des Flugzeugs bzw. des Luftfahrzeugkennzeichens keinen Eingriff in das allgemeine Unternehmenspersönlichkeitsrecht begründen könne. Denn es sei insbesondere fernliegend, dass die Werbefotos dem angesprochenen Publikum genügend Anlass geboten hätten, um eine Internetrecherche mit dem Ziel zu führen, die Identität des Flugzeughalters herauszufinden.

    Der BGH führt des Weiteren aus, dass auch wenn man unterstellen würde, dass die Klägerin als Halterin des Flugzeugs mittels der von der Beklagten genutzten Werbefotos identifiziert werden könne, so sei dies immer noch nicht mit einem Eingriff in den Schutzbereich des allgemeinen Unternehmenspersönlichkeitsrechts gem. § 823 Abs. 1 BGB gleichzustellen.

    Für eine deliktsrechtliche Haftung der Beklagten wäre erforderlich gewesen, dass die Beklagte den Namen der Klägerin in einer Weise verwendet hat, dass eine Ausnutzung des Werbe- bzw. Imagewerts der Klägerin erkennbar gewesen wäre. Dies sei beispielsweise dann anzunehmen, wenn der Name einer juristischen oder natürlichen Person als Vorspann für die Anpreisung eines Produkts verwendet wird oder durch den Gebrauch des Namens die Aufmerksamkeit des Publikums auf das beworbene Produkt gelenkt wird. Ein solcher Fall wäre hier jedoch nicht festzustellen.

    Außerdem macht der BGH darauf aufmerksam, dass das Berufungsgericht davon ausgegangen sei, dass die Identität der Klägerin durch eine Internetrecherche der Betrachter herausgefunden werden könne. In diesem Zusammenhang stellt der BGH jedoch klar, dass das Berufungsgericht rechtsfehlerhaft auf Umstände abgestellt habe, die der Beklagten deliktsrechtlich gar nicht zugerechnet werden könnten. Die Betrachter der Werbung würden in dem Fall einer Internetrecherche eigenverantwortlich und unabhängig von der Beklagten handeln. Insofern fehle es an einem haftungsrechtlichen Zurechnungszusammenhang, da die Rechtsgutsverletzung erst durch das Dazwischentreten Dritter zum Tragen kommen würde.

  3. Rechtswidrigkeit des Eingriffs

    Schließlich weist der BGH die Annahme des Berufungsgerichts zurück, dass der vom Gericht angenommene vermeintliche Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht rechtswidrig sei. Das Persönlichkeitsrecht sei aufgrund seiner Eigenart ein Rahmenrecht. Diesem Rahmenrecht fehle es an einem absoluten Schutzbereich, weswegen es zur Bestimmung der Rechtswidrigkeit eines Eingriffs einer umfassenden Güter- und Interessenabwägung bedürfe. Hierbei sei ein normativer Maßstab zugrunde zu legen, der insbesondere die gegenüberstehenden Interessen miteinschließt, aber auch dem schützenswerten Informationsinteresse der Allgemeinheit Rechnung trägt.

    An dieser Stelle habe das Berufungsgericht diese Grundsätze verfehlt und rechtsfehlerhaft angenommen, dass sich die Rechtswidrigkeit des vermeintlichen Eingriffs aus einer fehlenden Einwilligung der Klägerin ergebe. Nach Ansicht des Berufungsgerichts waren im Übrigen weitere Rechtfertigungsgründe nicht ersichtlich. Eine Interessenabwägung hat im Rahmen der Prüfung des Berufungsgerichts nicht stattgefunden.

    Der BGH kommt demgegenüber zu dem Ergebnis, dass die Darstellung des Luftfahrzeugs in vorliegender Weise gar nicht dazu geeignet sei, in das allgemeine Persönlichkeitsrecht der Klägerin einzugreifen. Unterstelle man dies jedoch, dann wären auch dann zunächst die beidseitigen Interessen umfassend gegeneinander abzuwägen, bevor von einem rechtswidrigen Eingriff ausgegangen werden könne.

Ausblick

Allerdings bedeutet diese Entscheidung des BGH noch nicht das Ende des Rechtsstreits, da der BGH im Hinblick auf die von der Klägerin hilfsweise geltend gemachten urheberrechtlichen Ansprüche das Verfahren zunächst zurück an die Vorinstanzen verwies. Von den Vorinstanzen solle eine weitere Aufklärung vorgenommen werden.

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