09.01.2023Fachbeitrag

Update IP, Media & Technology Nr. 78

Neues vom EuGH zum Recht auf Vergessenwerden

EuGH zu Auslistungsanträgen von Websites und Vorschaubildern - Suchmaschinenbetreiber müssen Suchtreffer entfernen, wenn die verlinkte Website offensichtlich unrichtige Inhalte enthält oder kein hinreichendes Informationsinteresse an wiedergegebenen Fotos besteht (EuGH C - 460/20)

In seinem neusten Urteil zum Recht auf Vergessenwerden hat der EuGH dieses Recht in Bezug auf Suchmaschinentreffer in zwei Aspekten weiter konkretisiert:

  • So entschied er zum einen, dass Personen, bei deren Namenssuche in der Suchmaschine eine Verlinkung auf eine Website mit offensichtlich unrichtigen Informationen über sie erscheint, einen Anspruch darauf haben, dass diese Verlinkung ausgelistet wird.
  • Weiterhin sind Fotos von Personen, die bei einer Namenssuche als Vorschaubilder (auch „Thumbnails“) erscheinen, anhand des allein sich aus dem Bild und eventuell mit ihm veröffentlichten Textausschnitt, auf ihren Informationsgehalt und das damit verbundene Informationsinteresse der Allgemeinheit hin zu bewerten.

Der Entscheidung des EuGHs liegen zwei Vorlagefragen des BGH zugrunde, der über einen Fall zu entscheiden hatte, bei dem sich ein Paar aus der Finanzdienstleistungsbranche von der Berichterstattung einer US-amerikanischen Internetseite herabgesetzt sah. Google hatte sich mit dem Verweis darauf, nicht beurteilen zu können, ob die Vorwürfe stichhaltig seien, geweigert, die Links zu den Artikeln zu entfernen. Das Paar wandte sich außerdem auch gegen das Anzeigen von Fotos von ihnen in Form von Vorschaubilder auf Google, die auf diesen Artikeln basierten.

Maßgeblich für diese Entscheidung war die Abwägung zwischen den europäischen Grundrechten auf die Achtung des Privatlebens und auf den Schutz personenbezogener Daten (Art. 7 und 8 der Grundrechtecharta) und dem Grundrecht auf freie Information (Art. 11).

Diese Abwägung erfolgte im Rahmen des Art. 17 der DSGVO. Art. 17 enthält einerseits ein Recht auf Löschung persönlicher Daten, normiert aber in Absatz 3 auch die Ausnahme, dass persönliche Daten nicht gelöscht werden können, wenn ihre Verarbeitung aus einem der dort genannten Gründe erforderlich ist. Zu diesen Gründen gehört auch das Recht auf freie Information. Grundsätzlich sind beim Aufeinander treffen des Löschungsanspruchs einer Person und dem Informationsinteresse der Allgemeinheit daher die Umstände des Einzelfalls abzuwägen, um zu einer angemessenen Lösung zu kommen. Dabei sind unter anderem der Bekanntheitsgrad der betroffenen Person, der Gegenstand der Berichtserstattung und die Art und Weise der Erlangung der Information zu berücksichtigen. Relevant ist aber auch, so der EuGH, die Richtigkeit der Informationen. So bestehe kein überwiegendes öffentliches Interesse an der Zurverfügungstellung falscher Informationen.

In Bezug auf die Listung von Websiten in Suchmaschinen ergibt sich daher nach Ansicht des EuGHs ein Anspruch auf die Auslistung des entsprechenden Beitrags, wenn die dort dargestellten Informationen (überwiegend) nachgewiesen falsch sind. Den Nachweis hat die betroffene Person jedoch selbst zu führen. Die Anforderungen an diesen Nachweis dürfen allerdings nicht zu hoch angesetzt werden. Die Person darf nicht aufgrund der hohen Anforderung von der Geltendmachung ihres Rechts abgehalten werden. Sie kann daher nicht dazu verpflichtet werden eine gerichtlich ergangene Entscheidung zum Nachweis der Unrichtigkeit vorzulegen.

Legt die betroffene Person hinreichende Nachweise vor, so ist demzufolge die entsprechende Website auszulisten. Ein hinreichender Nachweis liegt immer bei einer entsprechen Gerichtsentscheidungen vor. Werden andere Nachweise vorgelegt, so muss der Betreiber der Suchmaschine die Website nur auslisten, wenn sich aus diesen Nachweisen offensichtlich die Unrichtigkeit ergibt.

Nimmt der Betreiber die Auslistung nicht vor, so kann sich die betroffene Person eine entsprechende Kontrollstelle oder an ein Gericht wenden, dass dann die Richtigkeit der Informationen auf der Website überprüft und eine entsprechende Weisung an den Suchmaschinenbetreiber erteilen kann. Während des laufenden Verfahrens muss der Suchmaschinenbetreiber dann jedoch einen Hinweis auf das laufende Verfahren bei der aufgelisteten Website erteilen.

Der Suchmaschinenbetreiber muss selbst aber nicht aktiv an den Ermittlungen zur Richtigkeit von verlinkten Beiträgen mitwirken. So soll verhindert werden, dass Beiträge ohne genaue Überprüfung von den Betreibern ausgelistet werden, um die Ermittlungsarbeit zu vermeiden wodurch wiederum das Recht auf Information beschnitten werden würde.

Hinsichtlich der sogenannten Vorschaubilder muss laut des EuGHs beachtet werden, dass die Generierung der Vorschaubilder eine eigene Verarbeitung personenbezogener Daten durch die Suchmaschinenbetreiber darstellt. Bei der Abwägung des Persönlichkeitsrechts des Abgebildeten und dem Informationsinteresse der Allgemeinheit ist zu beachten, dass es sich bei der Veröffentlichung von Fotos einer Person um einen erheblichen Eingriff in ihr Persönlichkeitsrecht handelt. Das eigene Bild ist ein wesentlicher Teil der Persönlichkeit und daher besonders geschützt. Die Veröffentlichung der Vorschaubildern stellt zudem einen besonders erheblichen Eingriff dar, da Fotos ein wichtiges Mittel zur Gewinnung der Aufmerksamkeit im Internet sind und dafür sorgen sollen, dass auf einen Artikel zugegriffen wird. Für die zulässige Verwendung ist daher ein Informationsinteresse an der Verwendung dieser Bilder von einigem Gewicht notwendig.

Bei einem Antrag auf Löschung dieser Bilder ist zudem ihr Informationsgehalt losgelöst von dem Kontext, in dem sie veröffentlicht werden, nur unter Hinzunahme der Textelemente, die mit ihnen veröffentlicht werden, zu bewerten.

Fazit

Für erfolgreiche Auslistungsanträge ist also ein Nachweis darüber notwendig, dass auf der entsprechenden Website Falschinformationen verbreitet werden, bzw. es muss dargelegt werden, dass das entsprechend veröffentlichte Bild kein berechtigtes Informationsinteresse der Allgemeinheit befriedigt.

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