Update IP, Media & Technology Nr. 38
Neues zu ASIN bei AMAZON - Abmahnung des Markeninhabers kann Rechtsmissbrauch sein?
Bei einer Vielzahl von Amazon Standard Identification Numbers (ASINs) zeigt Amazon seit geraumer Zeit unmittelbar unter der Überschrift durch „Marke:…“ eine Marke an. Oft handelt es sich bei diesen Marken nicht um eingetragene Marken.
Eine eigene Marke bei Amazon ist von Vorteil, da der Anbieter so die ASIN exklusiv nutzen kann und andere Anbieter von der Nutzung ausgeschlossen werden.
Eine aktuelle Entscheidung des OLG Köln (OLG Köln, Urteil vom 26.03.2021, Az.: 6 U 11/21 „American Food and Drinks“) zeigt allerdings, dass die Anforderungen für eine solche hoch sind.
DER FALL
Die Antragstellerin hat eine Wortmarke und vertreibt über Amazon Lebensmittel, insbesondere aus dem US-Import. Sie ist Inhaberin einer Marke für Waren aus dem Warenklassenbereich der Lebensmittel.
Eine von der Antragstellerin angelegte Marke bezeichnete in der Artikelüberschrift die Originalmarke des US-amerikanischen Lebensmittelherstellers. Unter der Artikelüberschrift war durch „Marke: …“ die Marke der Antragstellerin angegeben worden.
Der Antragsgegner hatte sich an die ASIN angehangen. Darin sah die Antragstellerin eine Markenrechtsverletzung und Irreführung.
In der „Richtlinie zur ASIN-Erstellung“ von Amazon heißt es:
„Richtlinie zur Erstellung doppelter ASINs:
Die Erstellung einer neuen ASIN für ein Produkt, das bereits im Amazon-Katalog vorhanden ist, ist nicht gestattet und kann dazu führen, dass Ihnen die Verkaufsberechtigung oder die Berechtigung für die Erstellung von ASINs vorrübergehend oder dauerhaft entzogen wird.“
Die Angabe einer Marke ist nach den Vorgaben von Amazon nur zulässig, sofern das Produkt oder dessen Verpackung mit der Marke gekennzeichnet ist, die Marke also im rechtlichen Sinne auch benutzt wird.
DAS URTEIL DES OLG KÖLN
Das OLG Köln nimmt zwar grundsätzlich das Vorliegen einer Markenrechtsverletzung an. Kunden nähmen unabhängig von der Markenangabe in der Produktanschrift an, dass das Produkt von der unterhalb der Produktüberschrift angegebenen Marke stamme oder zumindest vom Inhaber dieser Marke ausgeliefert werde.
Jedoch liegt nach der Ansicht des OLG ein Rechtsmissbrauch in Form eines Behinderungswettbewerbs vor. Andere Händler würden daran gehindert werden, die mit der jeweiligen Marke gekennzeichneten Produkte bei Amazon anzubieten. Die Folge der „Richtlinie ASIN-Erstellung“ von Amazon ist, dass ein Produkt nur einmal unter einer ASIN angeboten werden darf. Dies führt dazu, dass der Ersteller der ASIN diese so gestalten muss, dass auch weitere Anbieter daran anhängen können, dürfen und müssen. Das Anlegen einer weiteren ASIN aufgrund der unzulässigen Monopolisierung einer ASIN kann sogar zum Ausschluss von der Nutzung der Amazon-Plattform führen.
Problematisch ist im vorliegenden Fall auch, dass eine Marke zwar eingetragen und unterhalb der Artikelüberschrift angezeigt wurde, die Produkte selbst aber nicht mit dieser Marke gekennzeichnet waren.
Die einzige Alternative für einen Verkäufer, der dieses Produkt ebenfalls anbieten möchte, ist dieses nicht mehr über Amazon zu verkaufen oder eine weitere ASIN für ein vermeintlich neues Produkt zu erstellen (was jedoch wohl unzulässig wäre).
Weiter geht das OLG Köln davon aus, dass einem Verkäufer bei Amazon die Bedingungen für die Nutzung der Plattform bekannt sind. Die Eintragung einer eigenen Marke entgegen den Bedingungen von Amazon kann also lediglich den Zweck haben, Dritte daran zu hindern, dieses Produkt über die Plattform anzubieten. Das Ziel sei nur, den Wettbewerb von Dritten zu behindern. Auch die für den Verbraucher wesentliche Möglichkeit, den Verkäufer mit dem günstigsten Verkaufspreis auszuwählen, kann so vereitelt werden. Dem will das OLG Köln einen Riegel vorschieben.
SCHLUSSWORT
Eine vom Händler exklusiv genutzte ASIN kann einen relevanten Wettbewerbsvorteil begründen. Daher machen Amazon-Verkäufer immer häufiger von unlauteren Mitteln Gebrauch, um eine ASIN zu monopolisieren und so andere Händler von der Nutzung auszuschließen. Das OLG Köln stellt in seinem Urteil klar: Die Abmahnung gegen das Anhängen an eine Marken-ASIN ist ein Rechtsmissbrauch, sofern auf dem Markenprodukt die Marke nicht abgedruckt ist.