11.04.2023Fachbeitrag

Fachbeitrag

Zukunftsfinanzierungsgesetz: Die elektronische Aktie kommt

Das Gesetz zur Finanzierung von zukunftssichernden Investitionen (Zukunftsfinanzierungsgesetz („ZuFinG“)) kursiert aktuell im Referentenentwurf. Das ZuFinG öffnet das deutsche Recht nun auch für elektronische Aktien. Bereits seit Juni 2021 ist es möglich, elektronische Anleihen zu emittieren. Das ZuFinG soll noch in der ersten Hälfte der laufenden Legislaturperiode, also spätestens bis Oktober 2023, in Kraft treten.

Vorweg

Elektronische Aktien bilden keine eigene Aktienart. Sie berühren auch nicht das Verhältnis zwischen der Gesellschaft und den Aktionären.

Elektronische Aktien unterscheiden sich von herkömmlichen Aktien hauptsächlich dadurch, dass sie statt der physischen Verbriefung in ein elektronisches Wertpapierregister eingetragen sind.

Aktiengesellschaften haben künftig die Wahl, ob sie ihre Anteile als herkömmlich verbriefte oder als elektronische Aktien begeben. Sie können zudem bereits herkömmlich verbriefte Aktien durch elektronische Aktien ersetzen.

Was ändert sich gesetzlich?

Das AktG und das eWpG normieren zukünftig die wesentlichen gesetzlichen Änderungen im Zusammenhang mit elektronischen Aktien. Da das BMJ und das BMF das eWpG schon vor dem Hintergrund der beabsichtigten Ausweitung auf Aktien verfasst haben, ändert die Einführung elektronischer Aktien wenig an der grundsätzlichen Systematik des eWpG.

Das eWpG differenziert auch weiterhin zwischen zwei Arten elektronischer Wertpapierregister: Zentralen Registern und Kryptowertpapierregistern. Es bleibt auch dabei, dass nur Zentralverwahrer oder Depotbanken zentrale Register führen dürfen, wohingegen jedes Unternehmen mit der entsprechenden BaFin-Lizenz Kryptowertpapierregister führen darf. In diese Systematik fügt sich auch die neue Unterscheidung zwischen Zentralregisteraktien und Kryptoaktien ein, die sich anhand des zuständigen elektronischen Wertpapierregisters bestimmt: Zentralregisteraktien entstehen durch Eintragung in ein zentrales Register, Kryptoaktien durch Eintragung in ein Kryptowertpapierregister, soweit wenig überraschend.

Neu im eWpG sind einige wenige Sondervorschriften für elektronische Aktien. Eine dieser Sondervorschriften erlaubt beispielsweise den registerführenden Stellen auch die Führung des Aktienregisters.

Ein Aktienregister unterscheidet sich von elektronischen Wertpapierregistern dadurch, dass das Aktienregister nur für Namensaktien vorzuhalten ist und keine materielle Rechtslage außerhalb des Aktienregisters begründet bzw. dokumentiert. Das Aktienregister schafft nur Rechtsklarheit darüber, wer gegenüber der Aktiengesellschaft als Mitglied berechtigt und verpflichtet ist. Es wirkt also ausschließlich im Verhältnis zwischen Aktionär und Aktiengesellschaft.

Die Eintragung in das Aktienregister ist damit gerade nicht konstitutiv für den Rechtsübergang. Für vinkulierte elektronische Namensaktien (also solche Aktien, deren Übertragung von der Zustimmung der Aktiengesellschaft abhängt) gilt, dass die registerführende Stelle die Umtragung erst nach Zustimmung der Gesellschaft vornehmen darf. Zudem stellt das eWpG klar, dass elektronische Namensaktien nicht durch Indossament (also schriftlichen Übertragungsvermerk) übertragbar sind, da ein solcher schriftlicher Übertragungsvermerk in elektronischer Form nicht möglich ist.

Öffnung des eWpG mit Einschränkungen bei Inhaberaktien

Inhaberaktien können zukünftig als Zentralregisteraktien begeben werden, Namensaktien hingegen als Zentralregisteraktien und Kryptoaktien. Das Gesetz spricht hier von „auf den Inhaber“ oder „auf den Namen lautenden“ Aktien. Diese Bezeichnungen sollen technologieneutral sein. Bei der elektronischen Namensaktie wird die schriftliche Nennung des Aktionärs auf der Aktie durch eine Registereintragung ersetzt und dadurch dem Schutzzweck der Information der Gesellschaft über die Identität des Aktionärs Genüge getan.

Der Gesetzgeber begründet die Einschränkung bei elektronischen Inhaberaktien auf zentrale Register hauptsächlich mit geldwäscherechtlichen Bedenken. Deutschland stehe international ohnehin in der Kritik, da bei den in Deutschland häufig begebenen Inhaberaktien nur schwer feststellbar sei, wer wirtschaftlich Berechtigter ist. Dieser Kritik ist der deutsche Gesetzgeber bereits in der Vergangenheit durch die Vorgabe einer lückenlosen Verbuchung von Inhaberaktien auf Depotkonten bei beaufsichtigten Intermediären begegnet. Ließe man unabhängig davon allerdings die Eintragung von Inhaberaktien in ein Kryptowertpapierregister zu, könnte es dann in der Vorstellung des Gesetzgebers an einer hinreichenden Feststellung des wirtschaftlich Berechtigten fehlen, da Verfügungen über Kryptoaktien grundsätzlich automatisch durch Umbuchungen im Kryptowertpapierregister ablaufen können.

Emission elektronischer Aktien

Emittenten können elektronische Aktien begeben, indem sie anstelle einer Wertpapierurkunde eine Eintragung in ein elektronisches Wertpapierregister (in zentrale Register oder Kryptowertpapierregister) bewirken.

Sofern eine Aktiengesellschaft auf den Namen lautende Kryptoaktien ausgeben möchte, muss sie dies in der Satzung gesondert zulassen und die Verbriefung ausschließen. Hierzu ist ein satzungsändernder Beschluss der Hauptversammlung erforderlich, der grundsätzlich mit einer Dreiviertelmehrheit zustande kommt, sofern die Satzung keine andere Kapitalmehrheit bestimmt. Wer einer der ersten „E-Aktien-Emittenten“ sein möchte, kann die Satzung auch bereits vor Inkrafttreten des ZuFinG entsprechend anpassen. Die Entscheidung für Zentralregisteraktien muss hingegen nicht in der Satzung erfolgen.

Sofern die Emittentin den Aktieninhabern bei Namens- oder Inhaberaktien unabhängig von einem grundsätzlichen Ausschluss der Verbriefung im Einzelfall einen Anspruch auf Ausfertigung und Ausreichung einzelner Papierurkunden zugestehen möchte, muss sie dies in der Satzung vorsehen. Das Gesetz geht nämlich davon aus, dass grundsätzlich eine einmal elektronisch begebene Aktie auch in der digitalen Welt verbleiben soll.

Vor der Eintragung muss die Emittentin die Emissionsbedingungen nur noch bei der registerführenden Stelle hinterlegen und kann dann die elektronischen Aktien unter Angabe der erforderlichen Registerangaben in das elektronische Wertpapierregister eintragen lassen. Zu den in das elektronische Wertpapierregister einzutragenden Registerangaben gehören z. B. die Aktienart (Namens- oder Inhaberaktien) oder der Hinweis, ob die Satzung die Aktienübertragung an die Zustimmung der Gesellschaft bindet (Vinkulierung). Emittenten müssen elektronische Aktien nicht unterzeichnen. Bei Namensaktien muss die Emittentin nach Eintragung in das Kryptowertpapierregister auch eine entsprechende Meldung im Bundesanzeiger veröffentlichen.

Ersetzung herkömmlicher Aktien durch elektronische Aktien

Emittenten können verbriefte Aktien, die sie nach Inkrafttreten des ZuFinG emittieren, unter bestimmten Voraussetzungen durch elektronische Aktien ersetzen. Emittenten können auch Aktien, die sie vor Inkrafttreten des ZuFinG herkömmlich begeben haben, unter engeren Voraussetzungen durch elektronische Aktien ersetzen. Mit der Eintragung in das elektronische Wertpapierregister erklärt das Gesetz die urkundlich verbrieften Aktien für kraftlos (vgl. § 6 Absatz 3 Satz 2, Absatz 4 Satz 2 eWpG).

Zwingende Voraussetzung ist auch hier, dass die Satzung des Emittenten die Verbriefung ausschließt.

Die Emittentin kann Aktien, die sie mittels Sammelurkunde begeben hat, durch inhaltsgleiche Zentralregisteraktien ersetzen, wenn sie die Zentralregisteraktien in ein bei einer Wertpapiersammelbank geführtes zentrales Register mit der Wertpapiersammelbank als Inhaberin einträgt.

Bei eigenverwahrten Einzelurkunden besteht nur die Umwandlungsmöglichkeit in Kryptoaktien. Hierfür muss die Emittentin zwingend die ausdrückliche Zustimmung der Berechtigten einholen, die die Rechte aus der Aktie innehaben.

Fazit

Die Öffnung des deutschen Kapitalmarkts für elektronische Aktien ist begrüßenswert und fügt sich nach dem Referentenentwurf beinahe nahtlos in den bestehenden Rechtsrahmen des AktG und des eWpG ein. Es wird spannend wie der Markt die elektronische Aktie annimmt. Durch die nun bald bestehende Möglichkeit zur Begebung elektronischer Aktien und Anleihen ist Deutschland ein führender Standort für digitale Finanzprodukte. Ermöglicht man nun noch den Börsenhandel dieser elektronischen Wertpapiere steht einer vollständigen Digitalisierung des Kapitalmarkts nur noch wenig im Weg. Hierzu sollte man auf europäischer Ebene in der Zentralverwahrerverordnung die Börsenhandelsfähigkeit elektronischer Wertpapiere klarstellen.

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