04.05.2023Fachbeitrag

Endlich Rechtssicherheit? – Zukunftsfinanzierungsgesetz stärkt Kundenrechte bei Insolvenz von Kryptoverwahrern

Der Entwurf des Gesetzes zur Finanzierung von zukunftssichernden Investitionen (Zukunftsfinanzierungsgesetz („ZuFinG“)) vom Bundesministerium der Finanzen („BMF“) und dem Bundesministerium der Justiz („BMJ“) führt nicht nur elektronische Aktien ein, sondern stärkt auch Kundenrechte bei Insolvenz von Kryptoverwahrern. Zukünftig normiert das Kreditwesengesetz („KWG“), wie Kryptoverwahrer das von ihnen verwahrte Kundenvermögen schützen müssen und was mit dem verwahrten Kundenvermögen bei einer Insolvenz des Kryptoverwahrers passiert.

Aktuelle Rechtslage bei Insolvenz eines Kryptoverwahrers

Zunächst stellt sich die Frage, ob deutsches Insolvenzrecht überhaupt Anwendung findet, da die Daten der Kryptowerte aufgrund der verwendeten Blockchain-Technologie weltweit verteilt sind. Da mit der weltweiten Verteilung ein grenzüberschreitender Sachverhalt vorliegt, richtet sich die Anwendbarkeit deutschen Insolvenzrechts bei der Insolvenz reiner Kryptoverwahrer nach der Europäischen Insolvenzverordnung. Deren allgemeine Kollisionsregelung erklärt grundsätzlich das Insolvenzrecht des Mitgliedstaates für anwendbar, in dessen Hoheitsgebiet das Insolvenzverfahren eröffnet wird. Sofern der Kryptoverwahrer in Deutschland ansässig ist, spricht daher viel für die Anwendung von deutschem Insolvenzrecht.

Weiter ist fraglich, wie Kryptowerte insolvenzrechtlich nach §§ 35 - 55 InsO einzuordnen sind, insbesondere, ob ein Aussonderungsrecht an ihnen in Verwahrkonstellationen besteht. Ein solches Aussonderungsrecht besteht nach § 47 InsO dann, wenn Kryptowerte grundsätzlich aussonderungsfähig sind, der Kunde ein persönliches oder dingliches Recht gegen den Kryptoverwahrer geltend machen kann, das ihn zur Aussonderung berechtigt, und der Gegenstand der Aussonderung bestimmt oder jedenfalls hinreichend bestimmbar ist.

Das Bestehen eines Aussonderungsrechts ist im wirtschaftlichen Interesse des Kunden. Denn in diesem Fall kann der Kunde auf Antrag „seinen“ Kryptowert vom Insolvenzverwalter herausverlangen. Praktisch gesehen muss der Insolvenzverwalter hierfür den Kryptowert auf eine vom Kunden angegebene Wallet übertragen oder dem Kunden den privaten kryptografischen Schlüssel mitteilen, damit der Kunde in der Lage ist, über „seinen“ Kryptowert zu verfügen. Fiele der Kryptowert hingegen in die Insolvenzmasse, müsste der Kunde seine Insolvenzforderung beim Insolvenzverwalter anmelden und erhielte wirtschaftlich nur eine quotale Rückzahlung auf „seinen“ Kryptowert. Der Insolvenzverwalter verkauft in diesem Fall den Kryptowert und der erzielte Erlös flöße in die Insolvenzmasse und von dort aus quotal an alle Gläubiger. Die Quote bestimmt sich aus der beim Kryptoverwahrer vorhandenen Insolvenzmasse im Verhältnis zu den gegen ihn bestehenden Forderungen.

Aussonderungsfähigkeit von Kryptowerten?

Kryptowerte müssen, um „aussonderungsfähig“ zu sein, zunächst als aussonderungsfähiger „Gegenständ“ klassifizieren. Aussonderungsfähig sind neben Sachen auch Forderungen und immaterielle Güter wie z. B. digitale Inhalte. Entscheidend für die grundsätzliche Aussonderungsfähigkeit ist, dass dem „Gegenstand“ ein Vermögenswert zukommt.

Ob Kryptowerte zivilrechtlich als Sachen i. S. d. § 90 BGB, als Sachen analog § 90 BGB, als Forderungen oder als sonstige Gegenstände i. S. d. § 453 Abs. 1 BGB qualifizieren, ist hierfür unerheblich. Denn unabhängig von der zivilrechtlichen Einordnung kommt Kryptowerten stets ein Vermögenswert zu. Dieses Verständnis legt schon der Gesetzgeber in seiner Definition von Kryptowerten im KWG zugrunde (vgl. § 1 Abs. 11 S. 4 KWG: „Kryptowerte […] sind digitale Darstellungen eines Wertes […] der […] als Tausch- oder Zahlungsmittel akzeptiert wird oder Anlagezwecken dient […]“).

Aussonderungsrecht der Kunden in Treuhandkonstellationen?

Ein Aussonderungsrecht der Kunden in Bezug auf Kryptowerte kann im Rahmen des Kryptoverwahrgeschäfts bestehen, wenn eine Treuhandvereinbarung zwischen dem Kryptoverwahrer und dem Kunden über die Kryptoverwahrung besteht (so wie Verwahrer auch regelmäßig im Ausland gelagerte Wertpapiere treuhänderisch für deutsche Kunden halten), sofern die Voraussetzungen, die die Rechtsprechung an vergleichbare Treuhandverhältnisse stellt, vorliegen.

Ein Aussonderungsrecht in Treuhandkonstellationen liegt jedenfalls vor, wenn

  1. die Treuhand überwiegend dem Interesse des Kunden dient (Fremdnützigkeit der Treuhand),
  2. der Kunde die Kryptowerte oder den privaten kryptografischen Schlüssel faktisch an den Kryptoverwahrer „übergibt“ und ihm damit Verfügungsgewalt einräumt (dingliche Komponente),
  3. die Kryptowerte oder privaten kryptografischen Schlüssel unmittelbar aus dem Vermögen der Kunden in das Vermögen der Kryptoverwahrer gelangen (Unmittelbarkeitsprinzip) und
  4. der Kryptoverwahrer sein eigenes Vermögen vom Kundenvermögen trennt (Vermögenstrennungsprinzip).

Bezogen auf die zuvor genannten Voraussetzungen lässt sich für das Kryptoverwahrgeschäft Folgendes festhalten:

  1. In der Regel besteht zwischen Kunde und Kryptoverwahrer eine vertragliche Absprache dahingehend, dass der Kryptoverwahrer die Kryptowerte und privaten kryptografischen Schlüssel der Kunden nur weisungsgebunden verwenden darf. Die Treuhand dient deswegen in der Regel dem Kundeninteresse und ist mithin fremdnützig.
  2. Auch eine dingliche Komponente liegt im Rahmen des Kryptoverwahrgeschäfts vor, da regelmäßig nur der Kryptoverwahrer den privaten kryptografischen Schlüssel kennt und deswegen auch er alleine über die verwahrten Kryptowerte verfügen kann.
  3. Das Unmittelbarkeitsprinzip ist in Konstellationen wie dem Kryptoverwahrgeschäft regelmäßig nicht erfüllt, da in der Regel ein Dritter die Kryptowerte auf die Wallet des Kryptoverwahrers überträgt und nicht der Kunde selbst. Die Rechtsprechung hat jedoch eine Ausnahme vom Unmittelbarkeitsprinzip in Überweisungsfällen zugelassen, wenn der Dritte das Geld auf ein Konto des Treuhänders auf Anweisung des Treugebers zur Erfüllung eines Anspruchs, der dem Treugeber gegen den Dritten zusteht, überweist. Parallel zu dieser Rechtsprechung kann man hier eine Ausnahme vom Unmittelbarkeitsprinzip annehmen, da der Dritte die Kryptowerte an den Kryptoverwahrer auf Anweisung des Kunden und zur Erfüllung eines Anspruchs, der dem Kunden zusteht, überträgt.
  4. Die Einhaltung des Vermögenstrennungsgebots hängt vor allem von der Art der Verwahrung ab. Insoweit ist eine Unterscheidung zwischen Einzel- und Omnibus-Wallets geboten. Eine Einzel-Wallet enthält nur Kryptowerte eines einzelnen Kunden, wohingegen eine Omnibus-Wallet die Kryptowerte mehrerer Kunden und sogar die Kryptowerte des Kryptoverwahrers als Sammelbestand enthält.

Verwahrung in Einzel- und Omnibus-Wallets

Kryptoverwahrer trennen ihr eigenes Vermögen unproblematisch bei Einzel-Wallets vom Kundenvermögen. Denn der Kryptoverwahrer verwahrt alle in einer Einzel-Wallet verwahrten Kryptowerte für einen spezifischen Kunden. Dabei ist eindeutig, dass die so verwahrten Kryptowerte nicht zum Vermögen des Verwahrers gehören. Über die Zuordnung des öffentlichen kryptografischen Schlüssels zu einzelnen Kunden kann man jederzeit abrufen, welche Kryptowerte der Kryptoverwahrer treuhänderisch hält.

Sofern der Kryptoverwahrer jedoch eine Verwahrung in einer Omnibus-Wallet vornimmt, liegt eine Vermischung von Eigen- und Fremdvermögen vor, wenn in der Omnibus-Wallet sowohl Kryptowerte der Kunden als auch eigene des Kryptoverwahrers liegen. In diesem Fall ist nach außen hin nicht deutlich, welche Kryptowerte der Krypotverwahrer treuhänderisch und welche er für sich selbst hält. Anders ist der Fall zu beurteilen, in dem der Kryptoverwahrer ausschließlich für den Kunden Kryptowerte in der Omnibus-Wallet hält, da in diesem Fall eindeutig ist, dass der Kryptoverwahrer alle Kryptowerte treuhänderisch hält.

Die Verwahrung in einer Omnibus-Wallet hat für Kryptoverwahrer den Vorteil, dass Käufe und Verkäufe zunächst off-chain über internal settlements erfolgen können. Verkauft Kunde A „seinen“ vom Kryptoverwahrer verwahrten Bitcoin an B, der diesen Bitcoin bei demselben Kryptoverwahrer verwahren lassen möchte, erfolgt diese Transaktion nicht auf der Blockchain, sondern nur über die Umschreibung im internen Bestandsverzeichnis des Kryptoverwahrers. Auf der Blockchain ist (und bleibt) der Bitcoin der Omnibus-Wallet des Kryptoverwahrers zugeordnet. Durch die rein interne Umbuchung vermeidet der Kryptoverwahrer Transaktionsgebühren auf der Blockchain.

Obwohl also Omnibus-Wallets, die Kryptowerte der Kunden und des Verwahrers enthalten, dem Vermögenstrennungsprinzip streng genommen nicht genügen, kann eine Zuordnung der verwahrten Kryptowerte zum Vermögen des Kryptoverwahrers oder zum Kunden anderweitig erfolgen, z. B. durch das Führen eines internen Bestandsverzeichnisses. Dadurch ist zumindest bestimmbar, welcher Anteil an Kryptowerten Treugut ist und welcher nicht. Obwohl keine faktische Separierung stattfindet, ist durch die Bestimmbarkeit im Insolvenzfall trotzdem klargestellt, welche verwahrten Kryptowerte zu welchem Vermögen gehören.

In der Regel führen Kryptoverwahrer neben der Omnibus-Wallet ein internes Bestandsverzeichnis. Über dieses interne Bestandsverzeichnis ist bestimmbar, welcher Anteil am Krypto-Gesamtbestand den Kunden zusteht und welcher dem Kryptoverwahrer. Unabhängig von einer insolvenzrechtlichen Problematik, besteht hier aber das Risiko, dass die internen Bestandsverzeichnisse fehlerhaft sein können.

Bestimmbarkeit des Aussonderungsgegenstands

Mit der Einhaltung des Vermögenstrennungsprinzips wird zugleich dem insolvenzrechtlichen Bestimmtheitsprinzip Genüge getan, wonach hinreichend genau bestimmt sein muss, welche Gegenstände Treugut sind und welche nicht.
Da der Kryptoverwahrer seine eigenen Kryptowerte und die Kunden-Kryptowerte in unterschiedlichen Wallets verwahrt und dadurch auch bestimmbar ist, welche der Kryptowerte Treugut sind und welche nicht, geht bei Einzel-Wallts das Bestimmtheitsprinzip im Vermögenstrennungsgebot auf.

Ein internes Verzeichnis hält bei Omnibus-Wallets fest, welche Kryptowerte der Kryptoverwahrer für welche Kunden verwahrt. Die nicht zum eigenen Vermögen des Kryptoverwahrers gehörenden Kryptowerte sind damit hinreichend bestimmbar.
Das Bestimmtheitsprinzip fordert nicht, dass ein bestimmter Kryptowert dem Kunden zuordenbar ist, sondern knüpft nur an die Abgrenzung der Vermögensmassen. Es ist nicht erforderlich, dass der Kryptoverwahrer Aufzeichnungen über die Zuordnung spezifischer Kryptowerte führt, was mittels Aufzeichnungen über die Transaktionshistorie grundsätzlich möglich wäre.
Ein Aussonderungsrecht besteht bei Omnibus-Wallets, in der der der Kryptoverwahrer eigene Kryptowerte und solche der Kunden verwahrt, daher nur, sofern über ein Bestandsverzeichnis oder ähnliche Aufzeichnungsinstrumente die für den Kunden verwahrten Anteile am Krypto-Gesamtbestand bestimmbar sind.

Teilweise Orientierung am Depotgeschäft

Da es keine speziellen Regelungen für die Verwahrung von Kryptowerten bei Kryptoverwahrern gibt, orientieren sich manche Kryptoverwahrer in der Praxis freiwillig an den Bestimmungen zum Schutz der Kundengelder, die das Wertpapierhandelsgesetz („WpHG“) Wertpapierdienstleistern auferlegt (vgl. insbesondere § 84 WpHG) und an den Mindestanforderungen an die ordnungsgemäße Erbringung des Depotgeschäfts und den Schutz von Kundenfinanzinstrumenten für Wertpapierdienstleistungsunternehmen („MaDepot“).

Zu diesen Regelungen gehört, dass das Wertpapierdienstleistungsunternehmen die jederzeitige Zuordenbarkeit der Wertpapiere zu einzelnen Kunden sicherstellt und die Abgrenzbarkeit der Wertpapiere der Kunden von Vermögenswerten der Wertpapierdienstleister gewährleistet. Die Zuordnung erfolgt im Wertpapierrecht anhand von Aufzeichnungen (sog. Depotbuchführung). Aufzuzeichnen sind neben dem Hinterleger und der Art der Verwahrung auch der Nennbetrag oder die Stückzahl, sowie Nummern oder sonstige Bezeichnungsmerkmale der verwahrten Wertpapiere. Weitergehend bedarf es Vorkehrungen, die die Kundenfinanzinstrumente vor unbefugter Verwendung schützen. Zu den in der MaDepot genannten Beispielen geeigneter Sicherungsvorkehrungen zählen etwa auch interne Freigabe- und Sperrmechanismen oder die Abtrennung von Beständen bestimmter Kunden und Kundengruppen sowie Eigenbeständen des Wertpapierdienstleistungsunternehmens.

Sofern Kryptoverwahrer sich freiwillig an diese Regelungen halten, kommen sie entweder durch die Verwahrung in Einzel-Wallets oder durch anderweitige Abgrenzbarkeit mit Hilfe eines internen Buchungssystems, dem Trennungs- bzw. Bestimmbarkeitsgebot nach. Damit schützen sie das Kundenvermögen. Die Kunden solcher Kryptoverwahrer können dadurch ein ihn zustehendes Aussonderungsrecht gut begründen.

Die neuen Regelungen des ZuFinG

Das ZuFinG normiert in § 26b KWG und § 46i KWG zukünftig bestimmte Pflichten für Kryptoverwahrer zum Schutz des verwahrten Kundenvermögens und berücksichtigt dabei zum Teil schon die Regelungen des Entwurfs der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über Märkte für Kryptowerte und zur Änderung der Richtlinie (EU) 2019/1937 („MiCAR“).

Zunächst stellt das ZuFinG ein Vermögenstrennungsgebot für Kryptoverwahrer auf (vgl. § 26b Abs. 1 KWG). Danach müssen Kryptoverwahrer institutseigene Kryptowerte und private kryptografische Schlüssel von solchen trennen, die sie für Kunden verwahren. Wie genau die Kryptoverwahrer diesem Trennungsgebot zu folgen haben, erklärt das ZuFinG nicht. Die Gesetzesbegründung nennt als Beispiel der Trennung die Verwendung separierter öffentlicher Adressen, wie sie bei Einzel-Wallets immer vorliegt. Die Verwendung von Omnibus-Wallets schließt das ZuFinG damit aber nicht aus, sondern normiert für die sog. „gemeinschaftliche Verwahrung“ eine zulässige Abweichung vom Vermögenstrennungsgebot, solange „sich die den einzelnen Kunden zustehenden Anteile am gemeinschaftlich verwahrten Gesamtbestand jederzeit bestimmen lassen“. Der Wortlaut macht deutlich, dass gerade keine Zuordnung bestimmter Kryptowerte zu bestimmten Kunden erforderlich ist, sondern schon die Zuordnung eines dem Kunden zustehenden Anteils ausreicht. Wie Kryptoverwahrer dies sicherstellen, bleibt ihnen überlassen. Da Kryptoverwahrer bisher oft schon in Ergänzung zu Omnibus-Wallets interne Bestandsverzeichnisse führen, bietet es sich an, diese Praxis fortzusetzen. Die BaFin kontrolliert zukünftig die Einhaltung des Vermögenstrennungsgebots. Entsprechend wird sie bei Omnibus-Wallets die Bestandsverzeichnisse oder sonstigen Mittel zur Sicherstellung der Bestimmbarkeit überprüfen. Spannend bleibt, welche Anforderungen die Aufsicht im Hinblick auf die Bestandsverzeichnisse stellt, insbesondere im Hinblick auf Fälschungssicherheit, Aktualität und notwendige Inhalte.

Das Gesetz ordnet weiter alle für einen Kunden einzeln oder gemeinschaftlich im Rahmen des Kryptoverwahrgeschäfts verwahrten Kryptowerte sowie isoliert verwahrten privaten kryptografischen Schlüssel grundsätzlich dem Vermögen des Kunden zu („gilt als dem Kunden gehörig“, vgl. § 46i Abs. 1 und Abs. 2 KWG). Damit normiert das ZuFinG zwar nicht unmittelbar ein Aussonderungsrecht der Kunden. Die Zuordnung soll dem Kunden nach der Gesetzesbegründung jedoch ein Aussonderungsrecht vermitteln (vgl. S. 119 f. der Gesetzesbegründung zum ZuFinG). Die Zuordnung der verwahrten Kryptowerte sowie isoliert verwahrten privaten kryptografischen Schlüssel zum Vermögen des Kunden regelt, dass die verwahrten Kryptowerte und privaten kryptografischen Schlüssel nicht zum Vermögen des Kryptoverwahrers und damit zur Insolvenzmasse gehören. Die Aussonderung ist für den Kunden kostenlos, wenn sie durch Übertragung auf ein anderes Institut erfolgt (vgl. § 46i Abs. 3 KWG).

Ein Aussonderungsrecht des Kunden besteht nur dann nicht, wenn der Kryptoverwahrer (mit Einwilligung des Kunden) über die verwahrten Kryptowerte oder privaten kryptografischen Schlüssel für eigene Rechnung verfügen darf. Denn dann ist der Kryptoverwahrer wirtschaftlich Berechtigter und die Kryptowerte bzw. privaten kryptografischen Schlüssel fallen bei Insolvenz des Kryptoverwahrers in sein Schuldnervermögen.

Zur zivilrechtlichen Einordnung der Kryptowerte und privaten kryptografischen Schlüssel möchte das ZuFinG nach der Gesetzesbegründung keine Aussage treffen.

Handlungsempfehlungen an Kryptoverwahrer

Die Abgrenzbarkeit eigener Kryptowerte von Kryptowerten der Kunden muss der Kryptoverwahrer spätestens ab Inkrafttreten des ZuFinG und mithin voraussichtlich ab Oktober 2023 zwingend sicherstellen. Kryptoverwahrer, die Kundenrechte schon vorher schützen möchten, können selbstverständlich die Abgrenzbarkeit eigener Kryptowerte von verwahrten Kryptowerten bereits jetzt herbeiführen.

Hierfür kann der Kryptoverwahrer entweder auf Einzel-Wallets zurückgreifen, eine Omnibus-Wallet ausschließlich für Kryptowerte der Kunden führen, oder – bei einer Omnibus-Wallet für eigene und Kunden-Kryptowerten – die Zuordnung der Anteile der verwahrten Kryptowerte zu seinem Vermögen oder dem des Kunden anderweitig vornehmen (z. B. durch ein Bestandsverzeichnis). Eine Identifikation der spezifischen verwahrten Kryptowerte über die Transaktionshistorie ist dabei nicht erforderlich, sondern es reicht das Anknüpfen an die entsprechenden Anteile am Gesamtbestand.

Die Kryptoverwahrer sollten in Anlehnung an die MaDepot und ein eventuell bevorstehendes BaFin-Rundschreiben genau prüfen, welche Anforderungen solche internen Bestandsverzeichnisse bei Omnibus-Wallets zukünftig erfüllen müssen. Wichtige Punkte sind hierbei notwendige Inhalte, Aktualität und Sicherheit der Bestandsverzeichnisse.

Fazit

Unter geltender Rechtslage ist umstritten, ob ein Aussonderungsrecht des Kunden bei Insolvenz des Kryptoverwahrers hinsichtlich der verwahrten Kryptowerte besteht. Ein Aussonderungsrecht besteht zumindest, sofern der Kryptoverwahrer die Kryptowerte in einer Einzel-Wallet hält. Bei der Verwendung von Omnibus-Wallets – was das in der Praxis überwiegend von Kryptoverwahrern verwendete Modell ist – kann sich der Kunde nur auf die Aussonderung „seiner“ Kryptowerte berufen, wenn eine hinreichende Abgrenzbarkeit seiner Kryptowerte zu denen des Kryptoverwahrers gegeben ist. Das ist entweder der Fall, wenn der Kryptoverwahrer keinerlei Kryptowerte für sich in der Omnibus-Wallet hält oder wenn die Zuordnung zum Kundenvermögen anderweitig möglich ist. Eine hinreichende Abgrenzbarkeit zwischen eigenen und für Kunden verwahrten Kryptowerten kann der Kryptoverwahrer zum Beispiel durch Führen eines Bestandsverzeichnisses sicherstellen. An der Abgrenzbarkeit mangelt es dann, wenn nicht bestimmbar ist, welcher Anteil an den Kryptowerten Treugut ist und welcher nicht.

Das ZuFinG schafft zukünftig Rechtssicherheit bezüglich eines Aussonderungsrechts in Zusammenhang mit dem Kryptoverwahrgeschäft. Kunden von Kryptoverwahrern dürfen sich bald grundsätzlich darauf verlassen, dass ihnen ein Aussonderungsrecht an den verwahrten Kryptowerten oder isoliert verwahrten privaten kryptografischen Schlüsseln zusteht. Die Kunden müssen nach dem gesetzgeberischen Willen zukünftig nicht mehr die Voraussetzungen eines Aussonderungsrechts, die die bisherige Rechtsprechung an Treuhandkonstellationen stellt, nachweisen.

Ein Aussonderungsrecht besteht zukünftig nur dann nicht, wenn die Kunden ausdrücklich eingewilligt haben, dass der Kryptoverwahrer über die verwahrten Kryptowerte und privaten kryptografischen Schlüssel auf eigene Rechnung verfügen darf. Ob Kryptoverwahrer eine solche Zustimmung ihrer Kunden über vorformulierte Vertragsbedingungen einholen dürfen, ist aus Verbraucherschutzgründen zweifelhaft, bleibt aber näher zu erörtern.

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