Update Gesellschaftsrecht Nr. 36/Update Kapitalmarktrecht Nr. 53
Zukunftsfinanzierungsgesetz: Erleichterungen bei Kapitalerhöhungen
Der Referentenentwurf des Zukunftsfinanzierungsgesetzes enthält diverse Erleichterungen für Kapitalerhöhungen, insbesondere werden die Möglichkeiten für eine Kapitalerhöhung unter Ausschluss des Bezugsrechts erheblich ausgeweitet, was für die Praxis zu weitreichenden Änderungen gerade für wachstumsstarke Unternehmen führt.
Der 10 %-er wird zum 20 %-er
Die Bundesregierung hat den Referentenentwurf des Zukunftsfinanzierungsgesetzes veröffentlicht. Wir stellen die verschiedenen Themen im Überblick in verschiedenen Updates dar. Ein wesentlicher Teil des Gesetzesentwurfes ist die Vereinfachung der Finanzierungsmöglichkeiten für Aktiengesellschaften im Rahmen von Kapitalerhöhungen. Kapitalerhöhungen werden häufig aus dem genehmigten Kapital durchgeführt. Ganz wesentlich im Rahmen der Ausnutzung des genehmigten Kapitals ist die Möglichkeit zum Bezugsrechtsausschluss. Die allermeisten Kapitalerhöhungen von Publikumsgesellschaften folgen diesem Ausschluss des Bezugsrechts der Aktionäre als sogenannter 10 %-er, das heißt die Aktien werden nahe am Börsenkurs ausgegeben, das Volumen der Maßnahme ist auf 10 % beschränkt. Diese Grenze wird nunmehr auf 20 % angehoben. Für Gesellschaften, deren Aktien im regulierten Mark notiert sind, ist dabei ganz wichtig, dass auch 20 % der Aktien innerhalb von 12 Kalendermonaten prospektfrei zugelassen werden können, das bedeutet ein solcher 20 %-er kann ohne Prospekt in kürzester Zeit durchgeführt werden. Damit können Gesellschaften schnell und flexibel auf Marktverhältnisse reagieren. Der deutsche Gesetzgeber kommt damit einer Forderung nach, sich an das europäische Ausland anzupassen.
Die Grenze von 20 % beim Bezugsrechtsausschluss wird in der Regel auch bei institutionellen Investoren bei Hauptversammlungsbeschlüssen auf Basis der Empfehlungen der relevanten Stimmrechtsberater akzeptiert, sodass davon auszugehen ist, dass sich dies in der Praxis bald durchsetzen wird.
Aktienoptionen mit 20 statt 10 %
Aktienoptionen können derzeit maximal für 10 % des bestehenden Grundkapitals ausgegeben werden, diese Grenze wird durch Änderung der entsprechenden Regelung zum bedingten Kapital auf 20 % erhöht. Soweit das bedingte Kapital (in der Praxis sehr selten relevant) für Unternehmenszusammenschlüsse genutzt wird, wird hier das Volumen von 50 auf 60 % erhöht. Für Wandel- und Optionsanleihen bleibt es dabei, dass das bedingte Kapital 50 % des Grundkapitals ausmacht.
Spruchverfahren bei Sachkapitalerhöhungen
Eine ganz erhebliche Änderung gibt es in Bezug auf Sachkapitalerhöhungsbeschlüsse, die durch die Hauptversammlung gefasst werden oder unter Ausnutzung des genehmigten Kapitals. Hierbei gilt, und das wird auch nicht verändert, dass der Wert der Gegenleistung nicht unangemessen niedrig sein darf. Wenn also zum Beispiel im Rahmen einer Sachkapitalerhöhung ein Unternehmen in ein anderes eingebracht wird, wie etwa im typischen Fall des Reverse Mergers oder sonstige Unternehmensübernahmen, dann hat der Vorstand im Rahmen der Vorbereitung der Hauptversammlung anhand entsprechender Bewertungen ein Umtauschverhältnis zu ermitteln. Neu ist, dass Anfechtungsklagen nach dem Vorschlag künftig in solchen Fällen nicht mehr darauf gestützt werden können, dass die Bewertung unangemessen niedrig ist. Vielmehr wird eine neue Regelung eingeführt, wonach Aktionäre stattdessen eine bare Ausgleichszahlung verlangen können. Dadurch entfällt das Potential, mit Anfechtungsklagen gegen die Wertermittlung entsprechende Kapitalerhöhungen anzugehen und mit auch kleinen Aktienbeständen zu verzögern (eine Verhinderung spielt praktisch gesehen keine Rolle, weil man mit dem Freigabeverfahren jedenfalls nach ca. fünf Monaten in der Praxis immer weiter kommt). Wenn Aktionäre solche Ansprüche auf Barausgleich von der Gesellschaft verlangen können, soll der Sachanleger diese Zahlungen leisten. Die entsprechende Systematik soll auch im Rahmen von Sachkapitalerhöhungen aus genehmigtem Kapital gelten. Im Rahmen der Bewertung der Gegenleistung bei Sachkapitalerhöhungen ist auch noch vorgesehen, dass im Falle von Gesellschaften, die ihre Aktien am regulierten Markt notieren, der Börsenkurs als maßgeblich anzusehen ist.
Ob und in welchem Umfang es eine solche Ausgleichszahlung gibt ist in einem Spruchverfahren zu klären. Sofern diese Regelung im Rahmen der finalen Gesetzesfassung noch enthalten sein wird (hier ist mit Wiederstand zu rechnen), wird das vermutlich zu einer Zunahme von Spruchverfahren in solchen Fällen führen, andererseits steigt die Transaktionssicherheit bei Sachkapitalerhöhungen.
Fazit
Insgesamt ist erfreulich, dass der Gesetzgeber, wenn auch mit einiger Verzögerung, den seit einigen Jahren erhobenen Forderungen nachkommt, Wettbewerbsnachteile im deutschen Aktienrecht im Vergleich zu anderen Jurisdiktionen aufzugreifen und Spielräume zu nutzen, die das europäische Recht lässt.