21.10.2024Fachbeitrag

Update Gesellschaftsrecht Nr. 40

Erleichterungen im Gesellschaftsrecht durch das vierte Bürokratieentlastungsgesetz (BEG IV)

Der Bundesrat hat am 18. Oktober 2024 dem vierten Bürokratieentlastungsgesetz („BEG IV“) zugestimmt. Durch das BEG IV werden u. a. weitere Digitalisierungsvorhaben im Gesellschaftsrecht vorangetrieben, um Unternehmen zu entlasten. Für Aktiengesellschaften ergeben sich insbesondere bei der Einberufung von Hauptversammlungen im Hinblick auf die Vorlagen zur Vergütung von Vorstand und Aufsichtsrat Erleichterungen. Ferner werden einige gesetzliche Schriftformerfordernisse auf die Textform herabgestuft.

1. Erleichterungen im Aktienrecht bei der Bekanntgabe des Vergütungssystems für die Vorstandsmitglieder, der Vergütung des Aufsichtsrats und des Vergütungsberichts

Bislang haben börsennotierte, d. h. im Regulierten Markt notierte Aktiengesellschaften bei Hauptversammlungsbeschlüssen über die Billigung des Vergütungssystems für die Vorstandsmitglieder (§ 120a Abs. 1 AktG), der Vergütung des Aufsichtsrats (§ 113 Abs. 3 AktG) und des jährlichen Vergütungsberichts (§ 120a Abs. 4 AktG) den gesamten Wortlaut der vorgenannten Unterlagen mit in die Einladung aufzunehmen und im Bundesanzeiger zu veröffentlichen. Dies gilt auch dann, wenn bei kleinen und mittelgroßen Gesellschaften (KMUs) keine Beschlussfassung über den Vergütungsbericht erfolgt, sondern nur eine Vorlage zur Erörterung.

Durch das BEG IV wird diese Pflicht entfallen. Vielmehr wird es ausreichend sein, wenn die Unterlagen zeitgleich mit der Bekanntgabe der Einladung auf der Internetseite der Gesellschaft veröffentlicht werden (vgl. § 124a Nr. 4 (neu) AktG).

Diese Änderung führt zu einer erheblichen Reduzierung des Verwaltungsaufwands und damit Entschlackung von Hauptversammlungseinladungen. Denn die Unterlagen haben in der Praxis einen erheblichen Umfang erreicht und stellen oftmals einen Großteil des Textes von Hauptversammlungseinladungen dar. Die Befreiung von der Verpflichtung zur Bekanntgabe im Bundesanzeiger bedeutet somit eine Ersparnis von Zeit und Kosten, da sich der Zeitpunkt und die Preise für die Veröffentlichungen im Bundesanzeiger nach dem Umfang bemessen. Ferner werden Fehler vermieden, die sich in der Praxis bei der Veröffentlichung im Bundesanzeiger ergeben haben. Dies betraf z. B. Schaubilder und Grafiken, die in den Unterlagen enthalten waren und bei der Bearbeitung durch den Bundesanzeiger nicht richtig umgesetzt wurden. Dies hat in der Vergangenheit zu aufwendigen Korrekturen der Einladungen geführt.

Die vorstehend erläuterten Erleichterungen sollen erstmals auf Hauptversammlungen Anwendung finden, zu denen ab dem dritten Monat nach Inkrafttreten des BEG IV eingeladen wird. Konkret bedeutet dies, dass z. B. bei einem Inkrafttreten des BEG IV im November 2024 die Erleichterungen auf alle Hauptversammlungen Anwendung finden, zu denen ab dem 1. Februar 2025 eingeladen wird. Es bleibt daher zu hoffen, dass eine Ausfertigung des Gesetzes frühzeitig erfolgt, damit möglichst viele Gesellschaften in der nächsten Hauptversammlungssaison 2025 von den Erleichterungen Gebrauch machen können.

2. Herabstufung von gesetzlichen Schriftformerfordernissen auf die Textform

Darüber hinaus enthält das BEG IV auch Regelungen, mit denen gesetzliche Schriftformerfordernisse auf die Textform herabgestuft werden. Hierdurch soll die weitere Digitalisierung vorangetrieben und dadurch für eine Entlastung gesorgt werden. Denn während die Schriftform die eigenhändige Unterschrift auf Papier fordert, reicht für die Textform die Übermittlung per E-Mail oder Telefax aus.

Die Herabstufung des Schriftform- auf ein Textformerfordernis betrifft zahlreiche Regelungen in verschiedenen Gesetzen (u. a. im BGB). Im Gesellschaftsrecht finden sich z. B. folgende Änderungen:

  • Nach § 20 Abs. 1 und Abs. 4 AktG bestehen Mitteilungspflichten im Falle des Haltens von mehr als 25 % des Kapitals bzw. einer Kapital- oder Stimmrechtsmehrheit an einer nicht börsennotierten Gesellschaft. Ferner besteht nach § 21 AktG eine Mitteilungspflicht bei wesentlichen Beteiligungen, die einer Aktiengesellschaft an einer anderen Kapitalgesellschaft gehören. Diese Mitteilungen, für die bislang Schriftform vorgesehen war, können zukünftig auch in Textform erfolgen.
  • In § 48 Abs. 2 GmbHG ist für die GmbH die Möglichkeit der Beschlussfassung außerhalb von Gesellschafterversammlungen im Umlaufverfahren geregelt. Die Regelung des § 48 Abs. 2 GmbHG enthält bislang zwei Alternativen der Beschlussfassung im Umlaufverfahren mit unterschiedlichen Formerfordernissen:
    a) Sofern alle Gesellschafter mit der zu treffenden Beschlussfassung in der Sache einverstanden sind, d. h. wenn es sich um eine einstimmige Beschlussfassung handelt, ist die Textform ausreichend.
    b) Sofern allerdings keine Einstimmigkeit vorliegt, sondern es sich um eine Mehrheitsentscheidung handelt, ist für die wirksame Beschlussfassung die Schriftform vorgesehen.

Diese Inkonsistenz wird künftig durch das BEG IV beseitigt, sodass auch für mehrheitliche Beschlussfassungen im Umlaufverfahren die Textform ausreichend ist. Bei dieser Änderung handelt es sich nach der Gesetzesbegründung allerdings nur um eine Klarstellung, da die überwiegende Literatur bereits bislang – und insofern abweichend vom Wortlaut des § 48 Abs. 2, 2. Alt. GmbHG – auch für mehrheitliche Beschlussfassungen im Umlaufverfahren die Textform für ausreichend erachtet hat.

Fazit

Das BEG IV enthält begrüßenswerte Erleichterungen im Gesellschaftsrecht. Insbesondere die Entschlackung der Hauptversammlungseinladungen bei der Veröffentlichung der Unterlagen zur Vergütung von Vorstand und Aufsichtsrat werden für eine willkommene Entlastung sorgen. Es bleibt allerdings zu hoffen, dass es insgesamt nicht bei diesen Regelungen bleibt, sondern der Gesetzgeber auch künftig die Entbürokratisierung konsequent durch Nutzung digitaler Möglichkeiten weiterverfolgt.

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