25.04.2024Fachbeitrag

Was sollte in M&A- /PE- und VC-Transaktionen beachtet werden?

Unbeschränkte Haftung in Transaktionen für Angaben „ins Blaue hinein“ – Dos & Don‘ts

Was sind Angaben „ins Blaue hinein“ und wieso ist der Komplex in jeder Transaktion zu beachten? Welche Differenzierungen können vorgenommen werden und was droht im „worst case“? Und nicht zuletzt: Was kann unternommen werden, um der Thematik zu begegnen oder zumindest mögliche Folgen zu begrenzen?

Transaktionen kommen stets nur dann zustande, wenn sich Käufer und Verkäufer in einer gemeinsamen „Zone of Possible Agreement“ (ZOPA) treffen. Dem gehen häufig intensive Verhandlungen voraus, die sich auch auf die Aushandlung der beidseits akzeptablen Vertragsdokumentation beziehen. Konnte man sich letztlich auf diese einigen, sind die Interessen der Parteien zumeist gleichgerichtet: die ausgehandelte Vertragsdokumentation soll wie vereinbart „halten“ und keine der Parteien soll – soweit nicht anders vereinbart – die Transaktion nachträglich ungeschehen machen können (Transaktionssicherheit).

Einen wesentlichen Kern der auszuhandelnden Vertragsklauseln stellt zumeist das Haftungskonzept des Verkäufers dar. Die Parteien ersetzen typischerweise das deutsche gesetzliche Haftungsregime weitestmöglich durch spezifische, auf das Kaufobjekt zugeschnittene Garantieerklärungen, Freistellungen und Rechtsfolgenregelungen, einschließlich Haftungshöchstgrenzen (Caps), Verjährungsfristen und haftungsrelevanten Schwellenwerten (De Minimis & Basket). Streng auf Basis dieser ausgehandelten Haftungsregelungen wird der beratene Verkäufer sodann seine Bereitschaft zur Abgabe spezifischer Garantieerklärungen festlegen. Verbreitet verständigen die Parteien sich (insbesondere in Mid- und Large-Cap-Transaktionen) auf eine Versicherungslösung, wobei die Haftung des Verkäufers gegenüber dem Käufer weitgehend auf einen symbolischen Betrag (bspw. einen Euro) begrenzt wird und dem Käufer eine W&I-Versicherung als Haftungsadressat zur Verfügung steht.

Die zwingende Grenze für die Modifikation des gesetzlichen Haftungsregimes im Vorhinein besteht jedoch in vorsätzlichem bzw. arglistigem Verkäuferhandeln – in diesen Fällen kann der Käufer unbeschränkt Schadensersatz und im Zweifel außerdem die Rückabwicklung des gesamten Kaufvertrags verlangen.

Das Problem für die Praxis: Nicht nur der Verkäufer, der wider besseres Wissen (positive Kenntnis) eine falsche Garantie abgibt oder dies zumindest für möglich hält (bedingter Vorsatz), handelt vorsätzlich. Vielmehr wendet die Rechtsprechung dieselben Folgen auch bei sogenannten Angaben „ins Blaue hinein“ an. Für die Transaktionspraxis stellt sich hier die außerordentlich relevante Frage, unter welchen Voraussetzungen die Abgabe handelsüblicher (operativer) Garantien unter diesem Gesichtspunkt zu einer unbeschränkten Haftung führen kann und wie die Beratungspraxis diesem – oft für beide Parteien unerwünschten – Risiko begegnen kann.

I.  Angaben „ins Blaue hinein“ & Anwendung auf den Unternehmenskauf

Grundlagen

Die Rechtsfigur der Angaben „ins Blaue hinein“ stellt einen Unterfall der Arglist dar und beruht ausschließlich auf richterlicher Rechtsfortbildung zum Kaufrecht. Die von der Rechtsprechung aufgestellten Voraussetzungen sind erfüllt, wenn der Verkäufer

  1. als Erklärender eine Angabe macht, zu deren Inhalt der Verkäufer keine belastbare Aussage machen kann, jedoch
  2. die unzureichende Beurteilungsgrundlage bzw. -fähigkeit dem Käufer gegenüber nicht offenlegt, obwohl er eine Relevanz der Angabe für die Willensbildung des Käufers für möglich hält.

Eine Angabe „ins Blaue hinein“ liegt somit insbesondere nicht vor, wenn eine – obwohl letztlich unzutreffende – Angabe auf Basis einer angemessenen Kenntnislage abgegeben wird oder aber dem Käufer zumindest die „Begrenztheit [des zugrundeliegenden] Kenntnisstandes“ deutlich gemacht wurde. Typisches Beispiel und Gegenstand zahlreicher Entscheidungen ist die falsche Zusicherung der Unfallfreiheit eines Gebrauchtwagens; ebenso verbreitet sind Entscheidungen auf dem Gebiet des Grundstückskaufs.

Anwendbarkeit auf M&A-Transaktionen

Zum hier relevanten Bereich der M&A-Transaktionen ist indes keine einschlägige Rechtsprechung ersichtlich, was teilweise zum Anlass genommen wird, die Anwendbarkeit der Rechtsfigur auf Unternehmenskäufe grundsätzlich in Frage zu stellen. Dies geht unseres Erachtens jedoch fehl. Auch eine behauptete höhere Komplexität des Kaufgegenstandes rechtfertigt keine abweichende Behandlung in Bezug auf grundlegende Prinzipien des allgemeinen Zivil- bzw. Schuldrechts. Zumindest unter Risikogesichtspunkten ist somit für die Beratungspraxis von einer Anwendung der Rechtsfigur auf Unternehmenskäufe auszugehen.

Differenzierung nach Art der Garantie

Akzeptiert man die grundsätzliche Anwendbarkeit der Rechtsfigur auf Unternehmenskäufe, stellt sich die Frage, welche Arten von Garantieerklärungen betroffen bzw. besonders risikogeneigt sind. Letztlich ist bei zwei Arten von Garantieerklärungen für den Erklärungsempfänger (d.h. den Käufer) eindeutig erkennbar, dass der Erklärende (d.h. der Verkäufer) nicht über eine hinreichende Beurteilungsgrundlage betreffend den Inhalt der Garantieerklärung verfügen kann oder aber zumindest nicht vorgibt, über eine solche zu verfügen:

  • Garantieerklärungen, die sich auf künftige Zeitpunkte beziehen (z.B. eine auf den Vollzugstag abgegebene Garantie, dass alle staatlichen Genehmigungen vorliegen – niemand kann in die Zukunft schauen), oder die (aus Käufersicht) einen subjektiv nicht feststellbaren Wahrheitsgehalt beinhalten;
  • Kenntnisqualifizierte Garantieerklärungen unter Bezugnahme auf „Verkäuferwissen“ bzw. „Seller’s Knowledge“ mit Vereinbarung relevanter Wissensträger bzw. bestimmter Nachforschungspflicht (due inquiry) – eine absolute Gewissheit des Verkäufers bzgl. der Beurteilungsgrundlage wird nicht vorgegeben. Sofern entsprechende Nachforschungspflichten eingehalten wurden, gibt es insoweit keinen Anknüpfungspunkt für Angaben „ins Blaue hinein“.

Weitergehende Versuche einer typisierenden Betrachtung sind unseres Erachtens weder erforderlich noch hilfreich. Insbesondere lässt sich der Rechtsprechung entgegen vereinzelter Literaturstimmen kein Hinweis darauf entnehmen, dass die Anwendung der Rechtsfigur Umstände oberhalb einer bestimmten Erheblichkeitsschwelle (z.B. Eignung zur Vereitlung des Vertragszweckes oder Bezug zur Lebensfähigkeit des Unternehmens) erfordert. Die Frage, ob und inwieweit eine Garantieerklärung den Tatbestand einer Angabe „ins Blaue hinein“ im Sinne der Rechtsprechung erfüllt, ist somit im konkreten Einzelfall anhand der von der Rechtsprechung ermittelten Kriterien zu ermitteln.

Typischerweise risikogeneigte Garantien

Risikogeneigt sind insbesondere solche Garantieerklärungen, die objektiv abgegeben werden und zugleich einen potentiell weitreichenden Anwendungsbereich haben. In diesen Fällen ist ein abschließender Erkenntnisgewinn im Rahmen des Abfrageprozesses nur schwerlich erreichbar. Beispiele sind etwa Garantieerklärungen, die sich generell auf die Einhaltung gesetzlicher Vorschriften (compliance with law) oder die weltweite Konformität von geistigem Eigentum (IP) beziehen.

Rechtsfolgen

Erfüllt eine Garantieerklärung des Verkäufers die von der Rechtsprechung aufgestellten Voraussetzung der Rechtsfigur der Angaben „ins Blaue hinein“, kommen die folgenden Rechtsfolgen in Betracht:

  1. Haftung des Verkäufers nach den Grundsätzen der vorvertraglichen Pflichtverletzung (culpa in contrahendo) sowie nach Maßgabe des kaufrechtlichen Gewährleistungsrechts; der Verkäufer kann sich nicht auf den im Kaufvertrag vereinbarten Ausschluss der gesetzlichen Haftung berufen
  2. Haftung des Verkäufers wegen Verletzung der im Kaufvertrag vorgesehenen Garantieerklärung; der Verkäufer kann sich (wohl nur betreffend die jeweilige Garantieerklärung) nicht auf die im Kaufvertrag vereinbarten Haftungsbeschränkungen berufen
  3. Anfechtung des Kaufvertrages wegen arglistiger Täuschung gem. § 123 BGB

II. Mögliche Lösungsansätze / Empfehlungen für die Transaktionspraxis

Wie gezeigt, kann die Anwendung der Rechtsfigur der Angaben „ins Blaue hinein“ im Transaktionskontext dazu führen, dass sich das im Kaufvertrag verhandelte Risikoprofil für den Verkäufer im Einzelfall auf erhebliche Weise verändert, was in der Praxis weitgehend als unbefriedigend empfunden wird. Zur Bewältigung dieser Problemstellung bieten sich aus unserer Sicht die nachfolgenden vier Lösungsansätze an. Diese können insbesondere auch kombiniert werden und sollten zum Instrumentarium beider Parteien des Kaufvertrages gehören. Welche Ausgestaltung auf den individuellen Fall und zu den konkreten Vertragsparteien passt, wird sich aus den jeweiligen Verhandlungen ergeben.

1. Schaffung einer „belastbaren“ Informationslage zu jeder Garantie

Der Verkäufer ist zunächst gut beraten, für jede Garantie eine hinreichende und „belastbare“ Informationsgrundlage zu schaffen und – sollte eine solche bis zum Unterzeichnungstag nicht geschaffen worden sein – die Garantie nicht (mit diesem Zuschnitt) abzugeben.

Wie auch schon betreffend den Umgang mit Aufklärungspflichten erläutert (Link zum Beitrag der Autoren), sollte insgesamt ein wesentlicher Fokus des Verkäufers auf der Transaktionsvorbereitung liegen. In diesem Rahmen sollte erwogen werden, ob der Einzelfall Anlass für die verkäuferseitige Durchführung einer (kosten- und zeitintensiven) Vendor Due Diligence gibt. Im Umfang einer solchen Due Diligence (Scope) wird sodann weitgehende Sicherheit in Bezug auf die Informationsgrundlage herrschen. In jedem Fall sollte jedoch ein sorgfältiger Prozess zur Abfrage in der Organisation vorhandener Informationen durchgeführt werden (Due Inquiry-Prozess, ggf. ergänzt um einen Management Letter oder Representation Letter der Geschäftsleitung des Zielunternehmens), der sich insbesondere auch auf den ausgehandelten Garantiekatalog und die Erstellung diesbezüglicher Disclosure Schedules erstreckt.

Letztlich können diese tatsächlichen Vorarbeiten die Gefahr, eine Angabe „ins Blaue hinein“ zu tätigen, weitgehend begrenzen, jedoch nicht vollständig ausschließen.

2. Kenntnisqualifikation von Garantieerklärungen

Außerdem sollte der Verkäufer im Zuge der Verhandlungen mit dem Käufer versuchen, bei solchen Garantien, die einer effektiven Due Inquiry-Prüfung nicht oder nur mit unzumutbarem Aufwand zugänglich sind, eine Kenntnisqualifikation zu vereinbaren. Durch entsprechende Formulierungen im Kaufvertrag kann der Verkäufer verdeutlichen, dass er nur für das einsteht, wovon er tatsächlich Kenntnis hat und dem Vorwurf, er habe eine Erklärung „ins Blaue hinein“ abgegeben, bereits im Ansatz die Grundlage entziehen. In solchen Fällen kann die Erwartung des Käufers im Allgemeinen nicht enttäuscht werden, da er darüber informiert ist, auf welcher Grundlage der Verkäufer die Erklärung abgegeben hat. Eine offene Kommunikation über die Grenzen des Verkäuferwissens und die Dokumentation des Informationsaustauschs können Missverständnisse verhindern und als Beweismittel dienen, sollte es zu rechtlichen Auseinandersetzungen kommen.

Für den Käufer wird dieses Vorgehen zumeist nur in eingeschränktem Maße hinnehmbar sein. Typischerweise wollen Käufer eine Vielzahl objektiver, nicht kenntnis-qualifizierter Garantien erhalten (anders ggf. bei sogenanntem Knowledge Scrape durch einen W&I-Versicherer als Policy Enhancement). Letztlich handelt es sich um einen Verhandlungspunkt und auch der Käufer wird vernünftiges Vorbringen des Verkäufers mit Blick auf die horrende Haftungsfolge typischerweise akzeptieren müssen.

3. Vertragliche Modifikation des Garantietatbestands bzw. des berechtigten Erwartungshorizonts des Verkäufers

Im Rahmen der entsprechenden Passage im Kaufvertrag werden Garantieerklärungen üblicherweise damit eingeleitet, dass diese selbständige Garantieversprechen dahingehend darstellen, dass die nachfolgenden Aussagen zu einem bestimmten Zeitpunkt vollständig und zutreffend sind. Mit anderen Worten: Nach der marktüblichen Konzeption eines Unternehmenskaufvertrages garantiert der Verkäufer im Grundsatz die objektive Richtigkeit einer Aussage.

Vorschlag: Einordnung der Garantieerklärungen als Instrument der Risikoallokation

Ausgehend von der skizzierten Konzeption wird in der Praxis derzeit intensiv ein vertraglicher Lösungsansatz diskutiert, der zu einer Einordnung der Garantieerklärungen als Instrument der Risikoallokation zwischen den Parteien anstelle einer auf Vollständigkeit und Richtigkeit gerichteten Behauptung des Verkäufers führen soll. Erste Versuche einer entsprechenden Regelung finden sich bereits in manchen Vertragsentwürfen, beschränken sich allerdings zumeist auf die „Auslegung“ der Garantieerklärung. Ein tragfähiges Regelungskonzept könnte unseres Erachtens die folgenden Elemente enthalten:

  1. Vermeidung der Einstufung bzw. semantische Bezeichnung der Erklärungen als Garantie soweit möglich.
  2. Klarstellung in der einleitenden Passage zu den Garantierklärungen (Tatbestand), dass diese lediglich für Zwecke der Risikoallokation zwischen den Parteien abgegeben werden und unter Beachtung der weiteren Einschränkungen (etwa Haftungsgrenzen) bestimmte Sollzustände definieren sollen, bei deren Nichtvorliegen eine vertraglich vereinbarte Kompensation durch den Verkäufer erfolgen soll (lediglich eine Regelung der Rechtsfolge). Der Verkäufer würde auf diese Weise wohl keinen Vertrauenstatbestand betreffend Richtigkeit und Informationsgrundlage schaffen.
  3. Zusätzliche explizite Reglung, wonach der Verkäufer die Erklärungen nicht auf Richtigkeit überprüft hat und zu einer solchen Überprüfung auch keine hinreichende Informationsgrundlage geschaffen hat.
  4. Ausführliche Beschreibung des Due Inquiry-Prozesses und seiner Limitierungen.

Insgesamt spricht viel dafür, dass diese vorgenannten Regelungsansätze (außer bei positiver Kenntnis der Abweichung vom Sollzustand) wirksam sind und die Gefahr von Angaben „ins Blaue hinein“ ausschließen können. Insbesondere erscheint es konsequent, den Parteien im Rahmen ihres individuell ausgehandelten Haftungsregimes die Ausgestaltung der Tatbestandsseite zu überlassen. Außerdem ist es wohl oftmals auch möglich, dieselben Erklärungen in eine Freistellung umzuformulieren – hier würde sich die Frage der Angaben „ins Blaue hinein“ schon im Ansatz nicht stellen, da es sich bereits systematisch um eine Regelung zur Risikoallokation handelt.

Eindeutig ist die Rechtslage insoweit jedoch nicht. Abgesehen werden sollte unseres Erachtens insbesondere von „halben Lösungen“, nach denen der übliche Garantietext (vollständig und zutreffend) beibehalten wird und lediglich zusätzlich eine „Auslegungsregel“ („reine Risikoallokation“) in den Vertrag aufgenommen wird. Wie zurecht von manchen Praktikern vertreten, erscheint dies zumindest teilweise widersprüchlich und bietet daher potenzielle Angriffspunkte im Rahmen eines etwaigen Rechtsstreits.

Die Käufer-Perspektive

Für die Käuferseite mag sich der vorgenannte Lösungsansatz durchaus befremdlich anfühlen. Man führt intensive Gespräche einschließlich Expert Calls, prüft intensiv einen sorgsam zusammengestellten Datenraum sowie Disclosure Schedules und soll dann akzeptieren, dass der Verkäufer Aussagen ohne hinreichende Tatsachengrundlage trifft und explizit aussagt, deren Vollständigkeit und Richtigkeit nicht zu garantieren. Im deutschen Recht bewanderte bzw. beratene Käufer waren es bisher vielmehr gewohnt, von der Haftung für Angaben „ins Blaue hinein“ zu profitieren. Die zugrundeliegende Denkweise: der Verkäufer wird sich in Kenntnis der drohenden Arglisthaftung schon nicht zu leichtfertigen Angaben hinreißen lassen, sondern den Garantiekatalog intensiv (unter Einbeziehung seiner Organisation) prüfen.

Gleichwohl sollten auch Käufer erkennen, dass die potentielle Vorsatzfolge bei risikogeneigten Garantieerklärungen (etwa Compliance with Laws) nur schwerlich auszuschließen ist und sie redlicherweise (zumindest für diese Fälle) die vereinbarten Haftungsgrenzen und weiteren Modifikationen – welche den Verkäufer wirtschaftlich zumeist weiterhin schmerzlich treffen würden – als ausreichend betrachten sollten.

Die mögliche Kompromisslinie

So mag es sich daher als Kompromisslinie anbieten, nur bestimmte (typischerweise oder im Einzelfall) risikogeneigte Garantien dem Anwendungsbereich der Haftung für Angaben „ins Blaue hinein“ bestmöglich zu entziehen und (im Käuferinteresse) eine zusätzliche Garantie oder Zusicherung betreffend Art und Umfang des verkäuferseits durchgeführten Due Inquiry-Prozesses aufzunehmen. Der Verkäufer muss sich sodann ggf. der Situation stellen, dass Forderungen des Käufers nach unangenehmen Garantien nicht mehr so leicht mit dem (wie es oftmals scheint für diese Zwecke liebgewonnenen) Argument der horrenden Haftungsfolge zurückgewiesen werden können.

4. Weitere vertragliche Modifikationen

Vereinzelt enthalten Vertragsentwürfe weitere Modifikationen, die nicht die Tatbestandsseite der Garantien betreffen. Soweit es sich um den Versuch der Regelungen von Rechtsfolgen handelt (bspw. „Die Abgabe der Garantien soll in keiner Weise eine Erklärung von Angaben „ins Blaue hinein“ darstellen …“), erscheint dies wenig aussichtsreich.

Ggf. erfolgsversprechender (und zumindest in Kombination mit vordiskutierten Ansätzen möglicherweise sinnvoll) erscheinen Regelungen, nach denen (vereinzelte) Garantien als gegenstandslos und aus den Verträgen gelöscht gelten, wenn und soweit der Verkäufer behauptet, dass es sich um Angaben „ins Blaue hinein“ handele oder auf dieser Basis Ansprüche geltend macht bzw. einklagt. Dies könnte ggf. nicht als Modifikation der Rechtsfolge anzusehen sein. Sehr fraglich erscheint es jedoch, diese Wirkung auch für den Fall anzunehmen, wenn ein (Schieds-)Gericht auf entsprechender Basis Ansprüche zuerkennt.

III. Schlussbemerkung

Es ist entscheidend, dass insbesondere die Verkäuferseite den Verkaufsprozess professionell und strategisch sinnvoll aufsetzt. Dies betrifft auch den Umgang mit sogenannten Angaben „ins Blaue hinein“, deren potentiell unbeschränkte Haftungsfolge die gesamte Transaktion infrage stellen kann.

Durch sorgfältiges tatsächliches Handeln und vereinzelte vertragliche Anpassungen kann der Verkäufer das Haftungsrisiko effektiv begrenzen.

Der Käufer wird indes darauf zu achten haben, dass lediglich solche Anpassungen unter Verweis auf die Folgen von Angaben „ins Blaue hinein“ vorgenommen werden, die im jeweiligen Transaktionskontext nachvollziehbar und angemessen sind.

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