Update Kapitalmarktrecht Nr. 35
BaFin aktualisiert „Corona-FAQs“ – Neues zur ad-hoc Publizität bei Prognosen
Am 18. Mai 2020 hat die BaFin ihre „Corona-FAQs“ aktualisiert (siehe auch bereits unseren Newsletter zu den Ad-hoc Publizitätspflichten im Zusammenhang mit der Corona-Krise). Nunmehr äußert sich die BaFin erstmals dazu, wie Emittenten erfahren, ob die „Corona-FAQs“ nicht mehr berücksichtigt werden können. Darüber hinaus werden Hinweise gegeben, was Emittenten beachten müssen, die ihre Jahresprognose 2020 per Ad-hoc-Mitteilung „aus dem Markt genommen“ haben und nun wieder „prognosefähig“ sind.
Wann können „Corona-FAQs“ nicht mehr berücksichtigt werden?
Die BaFin stellt klar, dass aufgrund der Tatsache, dass sich die Corona-Pandemie und die in deren Folge erlassenen Beschränkungen je nach Branche und Geschäftstätigkeit – sowohl in Bezug auf die Dauer als auch bezüglich des Ausmaßes – ganz unterschiedlich auf die einzelnen Emittenten auswirken, keine allgemeingültige Aussage dazu getroffen werden könne, ab wann sich die Geschäftstätigkeit der Emittenten wieder soweit normalisiert hat, dass insbesondere wieder fundierte Aussagen zur Geschäftsentwicklung getroffen und diese ggf. in Form von Prognosen veröffentlicht werden können. Diese Frage könne daher nur von dem jeweiligen Emittenten anhand der für ihn bedeutenden Umstände des Einzelfalles beantwortet werden. Was die zu erwartende Reaktion der Anleger auf neue Informationen betreffe, sei es nicht möglich, einen konkreten Zeitpunkt zu nennen, ab wann sich die Marktlage wieder soweit normalisiert hat, dass sie den vor der Corona-Pandemie herrschenden Bedingungen entspricht, da es sich hierbei um einen länger andauernden, wenig messbaren Prozess handele. Als Gradmesser dafür, wie Anleger auf neue Informationen reagieren, biete sich an, die Entwicklung der Volatilität im Markt heranzuziehen. Dies könne etwa mithilfe des VDAX NEW®, eines von der Deutschen Börse AG berechneten und veröffentlichten Volatilitätsindex erfolgen. Bis auf weiteres blieben daher auch die von der BaFin Zuge der Corona-Krise veröffentlichten FAQs auf der BaFin-Homepage verfügbar.
Jahresprognose 2020 und Ad-hoc-Publizität
Wie bereits in den „Corona FAQs“ kommuniziert, muss ein Emittent, der seine Jahresprognose 2020 per Ad-hoc Mitteilung „aus dem Markt genommen“ hat, sobald er zu einem späteren Zeitpunkt eine konkrete Prognose ermitteln kann, diese in der Regel unverzüglich per Ad-hoc-Mitteilung veröffentlichen. Die BaFin geht dabei aufgrund der besonderen Konstellation, dass eine bestehende Prognose ersatzlos gestrichen wurde, davon aus, dass der Kapitalmarkt dieser neuen Prognose ein besonderes Gewicht beimesse, da es sich hierbei um eine erstmalige Einschätzung des Emittenten nach Rücknahme der alten Prognose handele, sodass ein verständiger Anleger dieser Prognose regelmäßig eine erhebliche Bedeutung zumessen werde.
Abweichendvon den üblichen im Emittentenleitfaden kommunizierten Kriterien kann diese neue erstmalige Prognose vor dem Hintergrund der besonderen Umstände der Corona-Krise daher auch dann als erheblich kursrelevant zu bewerten sein, wenn sie nicht deutlich von der aktuellen Consensusschätzung abweicht. Dies wäre insbesondere dann der Fall, wenn die aktuelle Consensusschätzung in Bezug auf Prognosen aufgrund der zurzeit herrschenden besonderen Situation nur über eine begrenzte Aussagekraft verfügt. Sollte hingegen die aktuelle Consensusschätzung, auch vor dem Hintergrund der mit der Coronakrise verbundenen Unsicherheiten, die Markterwartung nachvollziehbar abbilden, bleibe eine Orientierung an dieser als Benchmark zur Bestimmung der Kurserheblichkeit einer solchen Prognose weiterhin zulässig.
Fazit
Einmal mehr stellt die BaFin im Zuge ihrer FAQ-Aktualisierungen heraus, dass Emittenten stets im Einzelfall prüfen sollten, ob und welche Publizitätspflichten bestehen und mit Hilfe welcher BaFin-Hinweise eine Beurteilung erfolgen kann. Aus der Tatsache, dass die BaFin sich ausdrücklich zu einer möglichen Nichtberücksichtigung ihrer „Corona-FAQs“ äußert, lässt sich erahnen, dass schon bald ausnahmslos wieder die allgemeinen Verwaltungsvorschriften aus dem neuen BaFin-Emittentenleifaden zu beachten sein könnten (siehe hierzu unser „Update-Kapitalmarktrecht Nr. 34“). Emittenten sollten daher die aktuellen Entwicklungen sorgfältig im Auge behalten.