07.10.2016Fachbeitrag

Update Aktien- und Kapitalmarktrecht Oktober 2016

CSR-Berichtspflichten ab dem Geschäftsjahr 2017

Auf große, insbesondere am Kapitalmarkt tätige Unternehmen kommen bald neue nichtfinanzielle Berichtspflichten zu. Denn ab dem Geschäftsjahr 2017 unterliegt die bisher freiwillige Berichterstattung über Nachhaltigkeitsmanagement in Unternehmen gesetzlichen Vorgaben. Bei Verstößen drohen künftig hohe Bußgelder.

Die Bundesregierung hat am 21. September 2016 einen Gesetzesentwurf zur Umsetzung der so genannten CSR-Richtlinie vorgelegt. CSR steht für Corporate Social Responsibility und damit für die Verantwortung der Unternehmen gegenüber ihren Mitarbeitern, der Umwelt und der Gesellschaft. Der Entwurf passt insbesondere Berichtspflichten für Einzel und Konzernlageberichte und die Erklärung zur Unternehmensführung an die EU-Vorgaben an. Für Geschäftsjahre, die nach dem 31. Dezember 2016 beginnen, sollen nach dem Entwurf

  • bestimmte große Unternehmen ihren Lagebericht um eine nichtfinanzielle Erklärung (CSR-Berichtspflicht) erweitern und
  • bestimmte börsennotierte Unternehmen in der Erklärung zur Unternehmensführung über ihr Diversitätskonzept berichten.

Die neuen Regelungen richten sich daher an unterschiedliche Zielgruppen, die sich teilweise überschneiden.

CSR-Berichtspflichten nur für bestimmte große Unternehmen

Kapitalgesellschaften einschließlich haftungsbeschränkter Personengesellschaften sollen nach dem Entwurf der CSR-Berichtspflicht unterliegen, wenn sie

  • im Jahresdurchschnitt mehr als 500 Arbeitnehmer beschäftigen,
  • eine weitere Voraussetzung für das Vorliegen einer großen Kapitalgesellschaft erfüllen, also eine Bilanzsumme von mehr als EUR 20 Mio. und/oder Umsatzerlöse von mehr als EUR 40 Mio. aufweisen, und
  • kapitalmarktorientiert sind.

Als kapitalmarktorientiert gelten gemäß § 264d des Handelsgesetzbuches (HGB) Kapitalgesellschaften, die einen organisierten Markt innerhalb der EU bzw. des EWR in Anspruch nehmen oder die Zulassung zu einem solchen beantragt haben. Im Konzern trifft die Muttergesellschaft die Berichtspflicht. Unabhängig von Rechtsform und Kapitalmarktorientierung gelten die Regelungen auch für große Kreditinstitute und Versicherungsunternehmen, die die weiteren Voraussetzungen erfüllen. Nach Angaben der Bundesregierung sind insgesamt 548 Unternehmen betroffen, die entweder einzel- oder konzernlageberichtspflichtig sind.

Umwelt, Gesellschaft, Arbeitnehmer - die Pflichten im Einzelnen

Im Einzelnen umfasst die CSR-Berichtspflicht Angaben in Lage- und Konzernlageberichten zu

  • Umweltbelangen, wie z.B. Angaben zu Treibhausgasemissionen,
  • Arbeitsbedingungen, der Umsetzung der grundlegenden Übereinkommen der Internationalen Arbeitsorganisation, Informations- und Konsultationsrechten der Arbeitnehmer, der Achtung der Rechte der Gewerkschaften, Gesundheitsschutz und Sicherheit am Arbeitsplatz,
  • Sozialbelangen, wie den Dialog auf kommunaler oder regionaler Ebene,
  • der Achtung der Menschenrechte und
  • der Bekämpfung von Korruption und Bestechung.

Für den Fall, dass das Unternehmen bzgl. einer der im Gesetz genannten Punkte kein Konzept verfolgt, hat es das klar und begründet zu erläutern.

Oft müssen die betroffenen Unternehmen solche Konzepte erst erarbeiten, da derartige Maßnahmen, z.B. zur Achtung der Rechte von Gewerkschaften, in vielen Fällen noch situativ erfolgen.

Den Aufsichtsrat trifft eine Prüfungspflicht hinsichtlich der Richtigkeit der gemachten Angaben.

Die Bundesregierung hat darüber hinaus von der Mitgliedstaatenoption Gebrauch gemacht, ergänzende Regelungen zu treffen. So soll es möglich sein, den Bericht über diese nichtfinanziellen Informationen gesondert zu einem späteren Zeitpunkt auf die Internetseite der Gesellschaft zu stellen und in Ausnahmefällen nachteilige Informationen wegzulassen.

Diversitätsangaben-Pflicht börsennotierter Unternehmen

Auch bei der Ausgestaltung der neuen Pflicht zur Aufnahme von Diversitätsangaben in der Erklärung zur Unternehmensführung hat die Bundesregierung die Mitgliedstaatenoption genutzt und sie nur bestimmten großen Kapitalgesellschaften auferlegt.

Die Pflicht gilt demnach nur für Aktiengesellschaften, Kommanditgesellschaften auf Aktien und Europäische Gesellschaften (SE),

  • die börsennotiert sind oder
  • die andere Wertpapiere als Aktien zum Handel an einem organisierten Markt ausgegeben haben und deren ausgegebene Aktien auf eigene Veranlassung über ein multilaterales Handelssystem gehandelt werden. Aufgrund dieser zweiten Alternative können auch Freiverkehrsemittenten betroffen sein, sofern sie zugleich z.B. Schuldverschreibungen an einem organisierten Markt notiert haben.

Weitere Voraussetzung ist wiederum, dass es sich um eine große Kapitalgesellschaft im Sinne des § 267 Abs. 3 Satz 1 HGB handelt und daher zwei der drei folgenden Voraussetzungen erfüllt sind:

  • eine Bilanzsumme von mehr als EUR 20 Mio. und/oder
  • Umsatzerlöse von mehr als EUR 40 Mio. und/oder
  • mehr als 250 Arbeitnehmer im Jahresdurchschnitt.

Da eine absolute Untergrenze für die Zahl der Arbeitnehmer fehlt, können auch Unternehmen mit sehr kleinem Mitarbeiterstamm dieser Pflicht unterfallen, sofern sie die beiden anderen Voraussetzungen erfüllen. Dies kann z.B. auf börsennotierte Immobiliengesellschaften zutreffen. Nach Schätzungen der Bundesregierungen sind insgesamt 326 Gesellschaften betroffen.

In der Erklärung sollen die Ziele des Diversitätskonzepts bei der Besetzung der Verwaltungs-, Leitungs- und Aufsichtsorgane sowie die Art und Weise der Umsetzung und die im Geschäftsjahr erzielten Ergebnisse beschrieben werden.

Sanktionen bei Verstößen

Bei Verstößen drohen nach dem Entwurf insbesondere kapitalmarktorientieren Unternehmen hohe Geldbußen. Verhängt werden können Geldbußen von bis zu EUR 10 Mio. oder 5 % des jährlichen Gesamtumsatzes oder des zweifachen wirtschaftlichen Vorteils durch den Verstoß, wobei der jeweils höchste Betrag die Grenze darstellt. In Bezug auf nicht kapitalmarktorientierte Gesellschaften bleibt es bei der Obergrenze von EUR 50.000. Darüber hinaus können sich Mitglieder des vertretungsberechtigten Organs oder des Aufsichtsrats nun auch wegen unrichtiger Darstellungen im CSR-Bericht strafbar machen.

Die Bundesregierung hat in Zusammenhang mit der Umsetzung der EU-rechtlichen Vorgaben auch einige weitere - vor allem redaktionelle - Änderungen vorgenommen. So finden sich z.B. in § 289 HGB-E nur noch die allgemeinen Regelungen für die Aufstellung eines Lageberichts, die Sonderregelungen für börsennotierte Unternehmen, etwa zu den übernahmerechtlichen Angaben, wurden in einen neuen § 289a HGB-E verschoben.

Praxishinweis: Auch in Hinblick auf die empfindlichen Sanktionen sollten Unternehmen ihre Kennzahlen prüfen, um festzustellen, ob die Schwellenwerte überschritten sind oder voraussichtlich bald überschritten werden. Betroffene Unternehmen sollten - sofern noch nicht geschehen - bereits im Vorfeld Konzepte festlegen und implementieren, damit sie nicht mitteilen müssen, dass sie kein Konzept verfolgen.

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