16.08.2023Fachbeitrag

Update ESG Nr. 1

KMUs im Fokus des Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes

Das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz (LkSG) verpflichtet seit diesem Jahr Unternehmen mit mehr als 3.000 (ab 2024 mit 1.000) Arbeitnehmern im Inland, menschenrechtliche und umweltbezogene Sorgfaltspflichten in ihren Lieferketten zu beachten. Für kleine und mittlere Unternehmen (KMU) gelten die gesetzlichen Sorgfaltspflichten des LkSG nicht unmittelbar. Allerdings sind KMU oft Zulieferer von Unternehmen, die dem LkSG unterliegen und werden von diesen regelmäßig zur Zusammenarbeit in der Lieferkette aufgefordert. Das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) hat im Juli mit einem FAQ-Katalog und einer ergänzenden Executive Summary eine Handreichung veröffentlicht, um KMUs eine Hilfestellung für den Umgang mit Anforderungen des LkSG zu bieten.

Wir geben in diesem Beitrag einen Überblick darüber, welche Aufgaben und Pflichten verpflichtete Unternehmen ihren Zulieferern (KMUs) auferlegen können und mit welchen Herausforderungen KMUs dabei konfrontiert sind.

Einbeziehung von KMUs in den Anwendungsbereich des LkSG

Obwohl KMUs nicht direkt vom LkSG erfasst werden, können sie dennoch mit den Anforderungen des LkSG konfrontiert werden, wenn sie als „unmittelbarer Zulieferer“ im Sinne des LkSG Dienstleistungen für oder Produkte an ein verpflichtetes Unternehmen liefern. Vermutet ein verpflichtetes Unternehmen menschenrechtliche oder umweltbezogene Risiken in seiner Lieferkette, müssen unmittelbaren Zulieferer in die Risikoanalyse einbezogen und es müssen gegebenenfalls Präventions- und Abhilfemaßnahmen ergriffen werden. Dabei können KMUs gebeten werden, Informationen für die Risikoanalyse bereitzustellen und an Präventions- und Abhilfemaßnahmen teilzunehmen.

Gleichwohl muss ein nicht verpflichtetes KMU die Pflichten nach dem LkSG nicht selbst erfüllen, d. h. keine eigene Risikoanalyse durchführen, keine Präventions- und Abhilfemaßnahmen prüfen, kein eigenes Beschwerdeverfahren einrichten und keine Berichte an das BAFA übermitteln oder daran mitwirken. Daher wäre eine unmittelbare Übertragung von Pflichten des verpflichteten Unternehmens aus dem LkSG an seine Zulieferer nicht zulässig. Bei der Einbeziehung von KMUs in die Erfüllung der Sorgfaltspflichten eines verpflichteten Unternehmens sollten sich die Beteiligten an den folgenden Ansatzpunkten orientieren.

Risikoanalyse

Verpflichtete Unternehmen müssen stets eine eigenständige Risikoanalyse nach Maßgabe des LkSG durchführen. Dazu fordern sie von ihren Zulieferern häufig Informationen an, bspw. über festgestellte Risiken/Verletzungen, von dem Lieferanten verwendete Rohstoffe und Dienstleistungen oder über Vorlieferanten. Im Ergebnis sind bei Zulieferern, bei denen im Rahmen der Risikoanalyse hohe Risiken identifiziert wurden, intensivere Ermittlungsmaßnahmen durchzuführen als bei risikoarmen Zulieferern.
 
Allerdings ist die Abfrage pauschaler Selbstauskünfte ohne Bezugnahme auf die konkrete Situation oder das spezifische Risiko eines Zulieferers in der Regel unangemessen und kann gegebenenfalls entsprechende Maßnahmen des BAFA zur Folge haben. Verpflichtete Unternehmen müssen vielmehr die Ergebnisse ihrer Risikoanalyse bei der Informationsabfrage angemessen berücksichtigen. Zulieferer sollten vor diesem Hintergrund stets eine Begründung verlangen, welche Informationen aus welchem Grund von dem verpflichteten Unternehmen benötigt werden und Daten erst nach Vorlage einer nachvollziehbaren Begründung übermitteln.

Präventionsmaßnahmen

Verpflichtete Unternehmen können von Ihren Zulieferern grds. die Beteiligung an Präventionsmaßnahmen (bspw. Schulungen) verlangen. Dies kann vertraglich festgeschrieben werden. Dabei dürfen sie die Umsetzung jedoch nicht pauschal auf die Zulieferer abwälzen, sondern müssen selbst die Durchführung (adäquater) Schulungen und Weiterbildungen gewährleisten. Dazu gehört, dass die Präventionsmaßnahmen zum einen die Ergebnisse der eigenen Risikoanalyse berücksichtigen und zum anderen angemessen und wirksam ausgestaltet sind. Dem KMU sollte daher konkret aufgezeigt werden, welche Risiken durch das verpflichtete Unternehmen festgestellt wurden, wie das KMU seinen Beitrag an den Präventionsmaßnahmen erfüllen kann und wie das verpflichtete Unternehmen dies operativ und/oder finanziell unterstützt.

Kontrollen

Verpflichtete Unternehmen sind nach dem LkSG gehalten, bezogen auf ihre Zulieferer angemessene Kontrollmechanismen zu vereinbaren und Kontrollen durchzuführen. Verpflichtete Unternehmen fordern ihre Zulieferer häufig zur Abgabe von (regelmäßigen) Selbstauskünften auf, in denen diese bestätigen (müssen), dass sie die vereinbarten menschenrechts- und umweltbezogenen Anforderungen einhalten. Für verpflichtete Unternehmen kann dies aber nur ein Baustein wirksamer Kontrollmaßnahmen sein und ist allein in der Regel nicht ausreichend. Fordert ein verpflichtetes Unternehmen solche Auskünfte pauschal und flächendeckend von allen Zulieferern an, kann dies unangemessen sein und damit gegen das LkSG verstoßen.

Abhilfemaßnahmen

Stellt ein verpflichtetes Unternehmen Verletzungen von Vorgaben des LkSG fest, muss es Abhilfemaßnahmen ergreifen und kann einen involvierten Zulieferer grds. auffordern, sich daran zu beteiligen. Auch insoweit gilt, dass dem Zulieferer aufgezeigt werden sollte, welche Risiken oder Verletzungen konkret festgestellt wurden, wie das Konzept zur deren Beendigung aussieht und wie das KMU seine Beteiligung erfüllen kann und inwieweit dies das verpflichtete Unternehmen mit eigenen Mitteln unterstützt bzw. wie die Kosten für die Maßnahme(n) angemessen aufgeteilt werden sollen. Werden jene Information nicht unaufgefordert von dem verpflichteten Unternehmen bereitgestellt, sollte das KMU deren Vorlage verlangen.

Zu beachten ist, dass ein vom verpflichteten Unternehmen vorgelegtes Konzept stets als Vorschlag an das KMU zu sehen ist; sieht sich ein KMU von jenem überfordert, hat es darzulegen, weshalb die vorgeschlagenen Maßnahmen aus seiner Sicht nicht durchführbar sind. Zudem kann das verpflichtete Unternehmen um Unterstützung gebeten werden, z. B. gemeinsam einen Plan zur Beendigung oder Minimierung der Verletzung zu erarbeiten.

Beschwerdeverfahren

Die Einrichtung eines wirksamen Beschwerdeverfahrens (bzw. die Beteiligung an einem externen Beschwerdeverfahren) ist Aufgabe des verpflichteten Unternehmens. Verfügt das KMU über ein eigenes Beschwerdeverfahren (zu dessen Einrichtung es durch das LkSG nicht verpflichtet wird), ersetzt ein Verweis auf dieses nicht die Pflicht des verpflichteten Unternehmens, ein eigenes Verfahren einzurichten.

Berichtspflicht

Nicht verpflichtete KMU müssen keine Jahresberichte oder sonstigen Berichte veröffentlichen oder bei dem BAFA einreichen. Sie sind auch nicht verpflichtet, an der Erstellung oder Einreichung von Berichten verpflichteter Unternehmen unmittelbar mitzuwirken.

Praxishinweise

Das LkSG richtet sich nicht unmittelbar an KMUs. Das LkSG verlangt aber, dass verpflichtete Unternehmen mit ihren Zulieferern, darunter auch KMUs, kooperieren, um die Vorgaben des LkSG zu erfüllen. Auch für die Zusammenarbeit mit Zulieferern gelten die im LkSG verankerten Prinzipien der Angemessenheit und Wirksamkeit und verlangen von verpflichteten Unternehmen, risikobasiert vorzugehen. Die schlichte Abwälzung der Pflichten verpflichteter Unternehmen auf ihre Zulieferer ist daher nicht zulässig und kann gegebenenfalls Kontrollmaßnahmen des BAFA zur Folge haben.

KMUs wiederum sollten einem verpflichteten Unternehmen nie pauschal vertraglich zusichern, dass sie alle Pflichten aus dem LkSG erfüllen oder in ihren Lieferketten die Einhaltung aller LkSG-Standards gewährleistet ist. Wird ein KMU von einem verpflichteten Unternehmen zur Zusammenarbeit bei der Durchführung von Maßnahmen aufgefordert, sollte das KMU stets verlangen, dass ihm die verletzen Sorgfaltspflichten bzw. entdeckten Risiken detailliert dargelegt werden, die von ihm verlangten Maßnahmen konkret beschrieben werden und die Kostentragung geklärt wird. Sollte ein KMU die vorgelegten Informationen für unvollständig oder unterbreitete Vorschläge für untauglich halten, ist dies dem verpflichteten Unternehmen mitzuteilen. Gegebenenfalls ist das verpflichtete Unternehmen um (weitergehende) Unterstützung zu bitten.

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