Newsletter Gesellschaftsrecht/M&A Dezember 2019
Zur Wirksamkeit eines Beratungsvertrags zwischen AG und einem Unternehmen eines AR-Mitglieds
OLG Köln, Beschluss vom 11.07.2019 – 18 U 37/18
Der Abschluss eines Beratungsvertrages durch eine Aktiengesellschaft als Auftraggeber unterfällt auch dann den Regelungen der §§ 113, 114 AktG, wenn es sich bei dem Dienstleistenden um ein Unternehmen handelt, an dem ein Aufsichtsratsmitglied des Auftraggebers beteiligt ist. Praktisch relevant sind hier insbesondere Dienstleistungsverträge mit Anwaltssozietäten oder Wirtschaftsprüfungsgesellschaften, denen ein Aufsichtsratsmitglied der Aktiengesellschaft als Partner angehört.
Regelungsgehalt der §§ 113, 114 AktG
Die §§ 113 und 114 AktG beinhalten grundsätzliche Regelungen für die Tätigkeit und Vergütung von Aufsichtsratsmitgliedern. Während § 113 AktG normiert, dass die Vergütung der Aufsichtsratsmitglieder für ihre Tätigkeit entweder in der Satzung festgesetzt sein oder von der Hauptversammlung bewilligt werden muss, regelt § 114 Abs. 1 AktG, unter welchen Voraussetzungen ein Aufsichtsratsmitglied außerhalb seiner Tätigkeit im Aufsichtsrat Dienst- oder Werkleistungen gegenüber der Gesellschaf erbringen darf. Grds. bedarf der Abschluss eines entsprechenden Vertrages der Zustimmung des Aufsichtsrats.
Erweiternde Anwendung der §§ 113, 114 AktG zum Schutz vor Umgehungen
Ein Beratungsvertrag zwischen einer Aktiengesellschaft und einem Aufsichtsratsmitglied unterfällt daher grds. den §§ 113, 114 AktG. Diese Regelungen gelten jedoch auch dann, wenn der Beratungsvertrag nicht mit dem Aufsichtsratsmitglied selbst geschlossen wird, sondern mit einer Gesellschaft, an der dieser beteiligt ist. Ausreichend ist, dass das Aufsichtsratsmitglied an jener Gesellschaft – nicht notwendig beherrschend – beteiligt ist und ihm mittelbar Leistungen der Aktiengesellschaft zufließen, die geeignet sind, eine unabhängige Wahrnehmung der Überwachungstätigkeit dieses Aufsichtsratsmitglieds zu gefährden. Hieran fehlt es nach der Rechtsprechung allenfalls dann, wenn es sich bei den dem Aufsichtsratsmitglied zufließenden Vermögensvorteilen um ganz geringfügige Leistungen handelt oder wenn sie im Vergleich zu der eigentlichen Aufsichtsratsvergütung einen vernachlässigenswerten Umfang haben.
Anforderungen an die Zulässigkeit eines Beratungsvertrags nach § 114 AktG
Die Zulässigkeit eines solchen Beratungsvertrages richtet sich primär nach dem Inhalt der geschuldeten Dienstleistungen. So sind Verträge mit einem Aufsichtsratsmitglied (bzw. einer Gesellschaft, an der dieser beteiligt ist) über Tätigkeiten, die das Aufsichtsratsmitglied schon aufgrund seiner Organstellung erbringen muss, nach § 113 AktG unzulässig und daher – sofern nicht die Hauptversammlung ihre Zustimmung dazu erteilt hat – gemäß § 134 BGB nichtig.
Zulässig sind nach § 114 AktG nur Verträge über Dienst- oder Werkleistungen, die nicht schon in den Aufgabenbereich des Aufsichtsrats fallen. Dazu müssen im Vertrag die speziellen Beratungsgegenstände und das dafür zu entrichtende Entgelt so konkret bezeichnet werden, dass sich der Aufsichtsrat ein eigenständiges Urteil über die Art und den Umfang der Leistung sowie über die Höhe und die Angemessenheit der Vergütung bilden kann. Verträge, die diese Anforderungen nicht erfüllen, sind nicht nach § 114 Abs. 1 AktG genehmigungsfähig, sondern gemäß § 134 BGB i.V.m. § 113 AktG nichtig.
Rechtsfolge eines unwirksamen Beratungsvertrages
Dem Aufsichtsratsmitglied, das aufgrund eines unwirksamen Beratungsvertrages Leistungen an die Gesellschaft erbringt (bzw. der Gesellschaft, durch die das Aufsichtsratsmitglied mittelbar Dienstleistungen erbringen lässt), kann ein Ersatzanspruch gemäß § 812 Abs. 1 BGB bzw. §§ 683, 670 BGB zustehen. Ein entsprechender Anspruch kommt jedoch nur für solche Dienstleistungen in Betracht, die außerhalb des Tätigkeitsbereichs des Aufsichtsratsmitglieds im Aufsichtsrat liegen. Desweiteren ist bei jedem in Betracht zu ziehenden Bereicherungsausgleich zu prüfen, ob und in welchem Umfang die Auftraggeberin an Stelle des Aufsichtsratsmitglieds bzw. dessen Gesellschaft einen Berater mit der Wahrnehmung ihrer Interessen beauftragt hätte. Nur wenn und soweit dies der Fall gewesen wäre, kommt ein entsprechender Ersatzanspruch in Betracht.
Fazit
Beim Abschluss von Beratungsverträgen mit Aufsichtsratsmitgliedern oder Unternehmen, an denen ein solches beteiligt ist, ist besondere Sorgfalt anzuwenden. In formaler Hinsicht empfiehlt es sich, entsprechende Verträge schriftlich zu schließen. Inhaltlich ist darauf zu achten, dass die Vereinbarungen möglichst präzise formuliert sind. Aus dem Vertragstext sollte sich eindeutig ergeben, ob die zu erbringende Leistung außer- oder innerhalb des organschaftlichen Pflichtenkreises des Aufsichtsratsmitglieds liegt. Ferner sind die zu erbringenden Dienstleistungen und das dafür zu entrichtende Entgelt so konkret zu bezeichnen, dass sich der Aufsichtsrat ein eigenständiges Urteil über die Art und den Umfang der Leistung sowie über die Höhe und die Angemessenheit der Vergütung bilden kann.