30.03.2022Fachbeitrag

Update Compliance 9/2022

Update der CSR-Richtlinie – Verschärfung der Nachhaltigkeitsberichterstattung

Am 21. April 2021 hat die EU-Kommission einen Vorschlag zur Überarbeitung der sog. CSR-Richtlinie vorgelegt. Am 18. Februar 2022 hat der Europäische Rat einen Änderungsvorschlag hierzu verabschiedet. Nach dem vorgelegten Entwurf soll die bisher vorgeschriebene Berichterstattung zu Nachhaltigkeitsthemen sowohl inhaltlich erweitert und standardisiert werden als auch einen erweiterten Kreis von Unternehmen treffen.          

Mit der Richtlinie über die Angabe nichtfinanzieller und die Diversität betreffender Informationen durch bestimmte große Unternehmen und Gruppen (RL 2014/95/EU), der sog. CSR-Richtlinie, wurde die Pflicht zur Aufnahme einer nichtfinanziellen Erklärung im Lagebericht eingeführt, die  auch solche Angaben erfasst, die sich auf Umwelt-, Sozial-, und Arbeitnehmerbelange, auf die Achtung der Menschenrechte und auf die Bekämpfung von Korruption und Bestechung beziehen.

Nach dem vorgelegten Entwurf zur Änderung der CSR-Richtlinie sollen die Berichtspflichten umfassend erweitert werden. Die wichtigsten vorgeschlagenen Änderungen betreffen die folgenden Aspekte:

Ausweitung des Anwendungsbereichs der Berichtspflichten auf weitere Unternehmen

Aktuell müssen große kapitalmarktorientierte Unternehmen mit durchschnittlich mehr als 500 Mitarbeitern eine nichtfinanzielle Erklärung abgeben. Zukünftig sollen alle großen Unternehmen sowie alle börsennotierten Unternehmen (ausgenommen Kleinstunternehmen) verpflichtet sein, ihre Nachhaltigkeitsinformationen offenzulegen. Nach Schätzung der Kommission werden dadurch rund 49.000 Unternehmen Nachhaltigkeitsinformationen bereitstellen müssen, während dieser Pflicht aktuell nur etwa 11.600 Unternehmen unterliegen.

Erweiterte Berichtsgegenstände

Der bisherige Berichtsumfang wird ebenfalls erweitert. Zukünftig sollen alle Informationen erfasst werden, die für das Verständnis der Auswirkungen der Unternehmenstätigkeit auf Nachhaltigkeitsaspekte sowie das Verständnis der Auswirkungen von Nachhaltigkeitsaspekten auf das Unternehmen (Geschäftsverlauf, Ergebnis und Lage) erforderlich sind. Der Richtlinienentwurf sieht hierzu einen Katalog an berichtspflichtigen Informationen in Hinblick auf Nachhaltigkeitsaspekte vor, unter anderem betreffend die damit zusammenhängende Widerstandsfähigkeit des Geschäftsmodells, die Unternehmensstrategie und die Art und Weise, wie die unternehmerische Tätigkeit mit dem Ziel der Begrenzung der Erderwärmung auf 1,5 °C in Einklang gebracht werden soll. Ebenfalls vorgesehen sind Angaben zur Wertschöpfungs- bzw. Lieferkette des Unternehmens, welche zugleich Gegenstand paralleler Gesetzesvorhaben sind (wir berichteten).

Die Möglichkeit für kleine und mittlere Unternehmen, von einem eingeschränkten Berichtsumfang Gebrauch zu machen, wurde in dem Änderungsentwurf des Rates nochmals gestärkt.

Verbindliche unionsweite Standards für die Nachhaltigkeitsberichterstattung

Um sicherzustellen, dass die Informationen aller berichtenden Unternehmen vergleichbar sind und alle relevanten Informationen offengelegt werden, sollen verbindliche gemeinsame Standards für die Berichterstattung eingeführt werden. Eine weitere Bedeutung wird darin gesehen, dass so eine Prüfung und Digitalisierung der Nachhaltigkeitsberichterstattung ermöglicht und deren Beaufsichtigung und Durchsetzung erleichtert wird. Letztlich sollten Nachhaltigkeitsinformationen dadurch einen vergleichbaren Status erhalten wie Finanzinformationen.

Jene gemeinsamen Standards sollen im Wege delegierter Rechtsakte gesetzt werden, die insb. alle Informationen präzisieren, die Unternehmen zu bestimmten Umweltfaktoren, Sozial- und Menschenrechtsfaktoren sowie Governance-Faktoren offenlegen müssen. Ferner soll darin spezifiziert werden, dass die Nachhaltigkeitsinformationen sowohl zukunfts- als auch vergangenheitsbezogene und sowohl qualitative als auch quantitative Informationen umfassen müssen. Ferner sollen Offenlegungen zu Wertschöpfungsketten vorgegeben werden. Der Entwurf des Rates zielt darauf ab, dass die Offenlegungen dem Umfang und der Komplexität der Tätigkeiten sowie den Kapazitäten und Merkmalen der Unternehmen Rechnung tragen sollen.

Format

Künftig sollen die Nachhaltigkeitsinformationen zwingend im Lagebericht und nach Maßgabe des Änderungsentwurfs zudem in einem dort klar ausgewiesenen Abschnitt darzustellen sein. Das bisherige Wahlrecht zur separaten Veröffentlichung außerhalb des Lageberichts soll entfallen. Unternehmen sollen ferner verpflichtet werden, ihren Lagebericht im XHTML-Format zu erstellen und Nachhaltigkeitsdaten gesondert auszuzeichnen.

Erfordernis der (externen) Prüfung von Nachhaltigkeitsinformationen

Anders als nach bisheriger Rechtslage sieht der Richtlinienvorschlag darüber hinaus eine Prüfungspflicht der Nachhaltigkeitsberichte vor. So soll ein Abschlussprüfer (oder eine vergleichbar qualifizierte Person) zunächst mit begrenzter Prüfungssicherheit eine Prüfung der Nachhaltigkeitsberichterstattung durchführen, u. a. im Hinblick auf Übereinstimmung mit den Berichtsstandards, auf das durchgeführte Verfahren zur Ermittlung der bereitzustellenden Informationen, auf die Auszeichnung der Nachhaltigkeitsberichterstattung und auf die nach Artikel 8 der Taxonomie-VO gemeldeten Indikatoren. Perspektivisch soll der Prüfungsmaßstab auf hinreichende Sicherheit erhöht werden.

Neu im Änderungsvorschlag ist zudem die Normierung einer Unvereinbarkeit der Prüfung der Nachhaltigkeitsberichterstattung eines Unternehmens mit der Erbringung von Beratungsleistungen für dasselbe Unternehmen.

Umsetzungsfristen

Abweichend von dem Vorschlag der Kommission sieht der Entwurf des Rates vor, dass die in der Richtlinie enthaltenen Vorschriften nicht bereits ab dem 1. Januar 2023, sondern erst ein Jahr später und zudem nach Unternehmen gestaffelt gelten sollen:

  • ab 1. Januar 2024 für Unternehmen, die bereits der CSR-Richtlinie unterliegen (d. h. Berichterstattung im Jahr 2025 über die Daten von 2024);
  • ab 1. Januar 2025 für große Unternehmen, die derzeit nicht der CSR-Richtlinie unterfallen (d. h. Berichterstattung in 2026);
  • ab 1. Januar 2026 für börsennotierte KMU sowie kleine und nicht komplexe Kreditinstitute und firmeneigene Versicherungsunternehmen (d. h. Berichterstattung in 2027).

Praxishinweis

Der europäische Gesetzgeber treibt die Ausrichtung der Wirtschaft zu mehr Nachhaltigkeit weiter voran und will mit dem jüngst überarbeiteten Richtlinienentwurf bestehende Lücken schließen. Dieses Vorhaben ist im Kontext der übrigen teils bereits in Kraft getretenen und teils noch im Gesetzgebungsverfahren befindlichen Rechtsakte wie der Taxonomie-VO und der geplanten EU-Lieferketten-RL zu sehen. Angesichts der damit einhergehenden Überlappungen (etwa bei der Informationserfassung) werden sich für Unternehmen gewisse Synergien erzielen lassen. Es zeigt sich allerdings immer mehr, dass die Thematik „Nachhaltigkeit” ihr früheres Schattendasein hinter sich gelassen hat und immer stärker im Kern der unternehmerischen Tätigkeit verankert werden soll. Angesichts der geplanten straffen Umsetzungsfristen sollten Unternehmer die Nachhaltigkeitsberichterstattung nicht auf die lange Bank schieben, sondern frühzeitig entsprechende Vorbereitungen treffen. Darüber hinaus werden auch Abschlussprüfer sich zeitnah auf den erweiterten Prüfungsumfang einstellen müssen.

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