Update Kapitalmarktrecht 17/2015
Viele Neuerungen durch das in Kraft getretene Kleinanlegerschutzgesetz
Das Kleinanlegerschutzgesetz ist am 10. Juli 2015 in Kraft getreten. Gegenüber dem ursprünglichen Gesetzesentwurf der Bundesregierung vom 12. November 2014 (vgl. hierzu unser Update Kapitalmarktrecht aus Dezember 2014) haben sich einige praxisrelevante Änderungen ergeben. Wir fassen nachfolgend die wesentlichen Neuerungen für Emittenten und Vertriebe von neuen aber auch bestehenden Kapitalanlageprodukten zusammen, die (nunmehr) unter das Vermögensanlagengesetz („VermAnlG“) fallen.
Prospektpflicht für bislang unregulierte Produkte
Für folgende Vermögensanlagen besteht neuerdings eine Prospektpflicht:
- partiarische Darlehen
- Nachrangdarlehen
- vergleichbare Anlagen, wie z.B. Direktinvestments in Sachgüter wie Container und Rohstoffe oder bestimmte Fälle der Veräußerung von bestehenden Darlehensforderungen (reiner Forderungsverkauf)
Generell sind Prospekte nur noch 12 Monate lang gültig. Inhaltlich gelten für sie erweiterte Anforderungen.
Ausnahmeregelungen für Genossenschaften, soziale und gemeinnützige Projekte sowie Crowdinvestings
Ausnahmen von der Prospektpflicht bestehen für folgende Vermögensanlagen:
- Genossenschaftsanteile, die ohne erfolgsabhängige Provision vertrieben werden
- partiarische Darlehen, Nachrangdarlehen und vergleichbare Anlagen, die eine Genossenschaft ihren Mitgliedern ohne externe Provisionen anbietet
- soziale und gemeinnützige Projekte sowie Crowdinvestings bei Emissionen von bis EUR 2,5 Mio. (weitere Restriktionen sind zu beachten)
Besondere Hinweispflichten trotz Ausnahmeregelungen
- Folgende Hinweis- und Informationspflichten müssen, insbesondere wenn keine Prospektpflicht besteht, beachtet werden:
Hinweis, dass eine Prospektpflicht nicht besteht - Zurverfügungstellung der wesentlichen Informationen der Vermögensanlage bei prospektfreien Genossenschaftsanteilen
- auch wenn keine Prospektpflicht besteht Aufklärung über alle wesentlichen Umstände
Wesentliche Änderungen in der Ausgestaltung von Verkaufsprospekten und VIBs
Für die Ausgestaltung von Vermögensanlagen gelten nunmehr folgende Vorgaben:
- Verbot Vermögensanlagen mit Nachschusspflicht im Inland öffentlich anzubieten/zu vertreiben
- Mindestlaufzeit von Vermögensanlagen von 24 Monaten und ordentliche Kündigungsfrist von mindestens 6 Monaten
- Zulässigkeit der Kündigung bei bestimmten Vermögensanlagen nur zum Schluss eines Geschäftsjahres
Neue Mitteilungspflichten nach Beendigung des Angebotes (Ad-hoc-Publizität)
Emittenten müssen nun jegliche Tatsachen veröffentlichen, die ihre Fähigkeit zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen gegenüber ihren Anlegern (insbesondere zur Rückzahlung oder zur Zinszahlung) beeinträchtigen können. Dies gilt ab dem Zeitpunkt der Beendigung des öffentlichen Angebots bis zur vollständigen Tilgung der Vermögensanlage.
Vertrieb – deutlich „sanftere“ Änderungen gegenüber dem Regierungsentwurf
Hinsichtlich des Vertriebs ergeben sich folgende Neuerungen:
- Pflicht, in der Werbung auf den Verkaufsprospekt und dessen Veröffentlichung hinzuweisen
- Aufnahme von verschiedenen speziellen Warnhinweisen, bspw. bzgl. der Risiken (Totalausfallrisiko) und bei Angaben zur Rendite
- Pflicht zur Vermeidung der Bezeichnung „Fonds“ für die angebotenen Vermögensanlagen
Übergangsregelungen für bislang unregulierte Produkte
Praxisrelevante Übergangsregelungen:
- Bislang unregulierte Vermögensanlagen, die nach Inkrafttreten des Kleinanlegerschutzgesetzes erstmalig öffentlich angeboten werden, haben das VermAnlG seither zu beachten – insbesondere greifen für diese Anlagen die neuen Prospektpflichten.
- Bislang unregulierte Vermögensanlagen, die bereits vor Inkrafttreten des Gesetzes öffentlich angeboten wurden, können ohne Einhaltung der neuen gesetzlichen Vorgaben – insbesondere ohne Erstellung eines Verkaufsprospekts – noch bis zum 1. Januar 2016 angeboten werden. Anbietern solcher Vermögensanlagen obliegt allerdings die Hinweispflicht, dass es sich bei dem von ihnen angebotenen Produkt um ein solches nach der alten Rechtslage handelt.
Übergangsregelungen für Vermittler
- Finanzanlagenvermittler und Honorar-Finanzanlagenvermittler von u.a. Nachrangdarlehen und partiarischen Darlehen bedürfen (erst) ab dem 1. Januar 2016 für die Vermittlung dieser Produkte einer Erlaubnis nach § 34f GewO.
Für Vermittler von sonstigen Anlagen (bspw. Direktinvestments) ist das Gesetz strikter. Jedoch gilt unter bestimmten Voraussetzungen für die Beantragung der Erlaubnis immerhin eine Übergangsfrist bis zum 15. Oktober 2015.