05.04.2015Fachbeitrag

Newsletter Gesellschaftsrecht April 2015

Aktienrechtsnovelle 2014

Bundesregierung beschließt Reform des Aktienrechts

Die Bundesregierung hat am 7. Januar 2015 den Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Aktiengesetzes (Aktienrechtsnovelle 2014) beschlossen. Die geplante Gesetzesänderung soll unter anderem die Unternehmensfinanzierung flexibilisieren und der Bekämpfung von Terrorismusfinanzierung und Geldwäsche dienen.

Der von der Bundesregierung am 7. Januar dieses Jahres beschlossene Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Aktiengesetzes (Aktienrechtsnovelle 2014) ist das Ergebnis eines mehrere Jahre währenden Prozesses, der im Jahr 2010 unter dem Titel „Aktienrechtsnovelle 2010“ begann. Die geplante Reform des Aktienrechts soll die Unternehmensfinanzierung flexibilisieren und durch mehr Transparenz der Bekämpfung der Terrorismusfinanzierung und der Geldwäsche dienen. Zudem sollen sogenannte nachgeschobene Nichtigkeitsklagen verhindert, ein Nachweisstichtag (record day) auch für Namensaktien eingeführt und die Frage der rechtlichen Begründung der Berichtspflicht von Aufsichtsräten, die von Gebietskörperschaften entsandt werden, geklärt werden. Auf eine Regelung zu Vorstandsvergütungen wurde zunächst verzichtet. Die meisten Regelungen sollen 2016 in Kraft treten.

Flexibilisierung der Unternehmensfinanzierung

Unter dem Eindruck der Finanzmarktkrise von 2008 soll die Unternehmensfinanzierung flexibilisiert werden, um Gesellschaften Möglichkeiten zu eröffnen, in einer Krise ihr Eigenkapital leichter zu stärken. Dies soll durch die zwei folgenden Neuerungen erreicht werden:

Bildung von Kernkapital durch die Ausgabe stimmrechtsloser Vorzugsaktien

Zum einen sollen Kreditinstitute die Möglichkeit erhalten, regulatorisches Kernkapital durch die Ausgabe stimmrechtsloser Vorzugsaktien zu bilden. Dies wird bisher dadurch verhindert, dass der Vorzug als zwingend nachzahlbare Vorabdividende ausgestaltet ist. Künftig sollen Vorzugsaktien so ausgestaltet werden können, dass der Vorzug nicht mehr nachzahlbar ist, sondern z. B. einen Dividendenaufschlag verspricht.

Umtauschrecht der Gesellschaft bei Wandelanleihen

Zum anderen sollen Gesellschaften die Möglichkeit erhalten, in den Anleihebedingungen von Wandelanleihen ein Umtauschrecht zugunsten der Gesellschaft zu bestimmen. Bisher sehen die gesetzlichen Regelungen nur ein Umtauschrecht der Gläubiger vor. In Verbindung mit der Schaffung eines bedingtenKapitals hätte der Vorstand in einer Notsituation somit die Möglichkeit, durch Ausübung des Umtauschrechts Fremdkapital unkompliziert in Eigenkapital umzuwandeln und dadurch die Eigenkapitalquote zu erhöhen.

Erleichterung der Bekämpfung von Terrorismusfinanzierung und Geldwäsche durch mehr Transparenz

Die Novelle sieht zudem vor, dass künftig auch nichtbörsennotierte Aktiengesellschaften Inhaberaktien nur noch als Sammelurkunde unter Ausschluss des Anspruchs auf Einzelverbriefung bei einer Wertpapiersammelbank hinterlegen dürfen. Dies soll zu mehr Transparenz führen, da Gesellschaften künftig die Namen, Geburtsdaten und Adressen ihrer Aktionäre erfassen müssen. Mit dieser Regelung kommt die Bundesregierung einer Forderung der aus 34 Ländern und zwei internationalen Organisationen bestehenden Financial Action Task Force nach, die in der bisherigen Intransparenz bei Inhaberaktien nichtbörsennotierter Gesellschaften eine Erschwerung der Bekämpfung von Terrorismusfinanzierung und Geldwäsche sieht.

Nachweisstichtag für Namensaktien

Durch den Gesetzesentwurf soll des Weiteren die bisher nur für Inhaberaktien geltende Stichtagsregelung für den Nachweis der Inhaberschaft an Aktien (record day) auch für Namensaktien, für welche es bisher nur einen gesetzlich nicht geregelten Eintragungsstopp in den Aktienregistern gibt, eingeführt werden.

Relative Befristung der Möglichkeit der Erhebung von Nichtigkeitsklagen

Die Novelle sieht zudem eine relative Befristung für Nichtigkeitsklagen gegen Hauptversammlungsbeschlüsse vor. Damit sollen nachgeschobene Nichtigkeitsklagen von sogenannten räuberischen Aktionären verhindert werden. Diese hatten in der Vergangenheit die Erhebung von Nichtigkeitsklagen bewusst zweckwidrig hinausgezögert, um den Lästigkeitswert von Beschlussmängelverfahren zu erhöhen. Zwar soll die Erhebung von Nichtigkeitsklagen gegen Hauptversammlungsbeschlüsse grundsätzlich weiterhin unbefristet möglich sein, allerdings gilt künftig eine relative Befristung: Ist die Erhebung einer Klage gegen einen Beschluss der Hauptversammlung bekannt gemacht, können weitere Nichtigkeitsklagen gegen diesen Beschluss nur noch innerhalb eines Monats nach der Bekanntmachung erhoben werden. Die Möglichkeit, Verfahren unbegrenzt in die Länge zu ziehen, soll damit eingeschränkt werden.

Regelung der Berichtspflicht von Aufsichtsratsmitgliedern, die auf Veranlassung einer Gebietskörperschaft in den Aufsichtsrat gewählt oder entsandt worden sind

Schließlich soll Rechtssicherheit hinsichtlich der Berichtspflicht von Aufsichtsratsmitgliedern, die auf Veranlassung einer Gebietskörperschaft in den Aufsichtsrat gewählt oder entsandt worden sind, geschaffen werden. Nach § 394 AktG unterliegen solche Aufsichtsratsmitglieder hinsichtlich der Berichte, die sie der Gebietskörperschaft zu erstatten haben, keiner Verschwiegenheitspflicht. Nicht geregelt ist bisher, auf welcher rechtlichen Grundlage eine solche Berichtspflicht beruhen muss. Die Novelle stellt nun klar, dass diese sowohl auf Gesetz als auch auf Satzung oder auf Rechtsgeschäft beruhen kann, und schafft dadurch mehr Rechtssicherheit.

Keine Regelung hinsichtlich der Vorstandsvergütung

Im Jahr 2013 war die Aktienrechtsnovelle im Vermittlungsausschuss insbesondere daran gescheitert, dass keine Einigung hinsichtlich einer Regelung über die Vorstandsvergütung erzielt werden konnte. Der damalige Entwurf hatte ein zwingendes Votum der Hauptversammlung bezüglich der Vergütung der Vorstände (say-on-pay) vorgesehen. Auf eine solche Regelung wurde nun vorerst verzichtet.

Schutz der Aktionärsinteressen bei einem Delisting

Der Gesetzesentwurf wurde am 6. März 2015 im Bundesrat beraten. In ihrer Stellungnahme forderte die Länderkammer die Regierung auf, zu prüfen, wie die Interessen von Aktionären bei einem Widerruf der Zulassung der Aktien zum Börsenhandel (delisting) ausreichend geschützt werden können. Hintergrund ist eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs (BGH) aus dem Jahr 2013, in welcher dieser in Abkehr von seiner bisherigen Rechtsprechung entschieden hatte, dass für den Rückzug einer Aktiengesellschaft von der Börse weder ein Hauptversammlungsbeschluss noch ein Abfindungsangebot an die Aktionäre  erforderlich ist. Der BGH stützt seine Entscheidung auf eine vorausgegangene Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) aus dem Jahr 2012, wonach ein Widerruf der Zulassung von Aktien zum Börsenhandel das grundgesetzlich geschützte Eigentumsrecht des Aktionärs nicht berührt. Seit der Entscheidung des BGH fehlt es an einer bundeseinheitlichen Regelung. Nunmehr bestimmen die Börsenordnungen, welche von den Börsenräten der jeweiligen Handelsplätze aufgestellt werden, das Verfahren bei einem Widerruf der Zulassung, was zu von Handelsplatz zu Handelsplatz verschiedenen Voraussetzungen geführt hat. Rechtsschutz ist zudem derzeit nur auf dem Verwaltungsrechtsweg möglich.

Fazit

Durch die Aktienrechtsnovelle 2014 werden die Möglichkeiten der Unternehmensfinanzierung durch die Bildung von Kernkapital im Wege der Ausgabe stimmrechtsloser Vorzugsaktien und ein Umtauschrecht der Gesellschaft bei Wandelanleihen erweitert, wovon Unternehmen insbesondere in der Krise profitieren können. Des Weiteren dürfte die relative Befristung der Möglichkeit der Erhebung von Nichtigkeitsklagen gegen Beschlüsse der Hauptversammlung zu einer Verkürzung der Verfahrenslängen führen. Obgleich die Regelung, dass auch nichtbörsennotierte Aktiengesellschaften Inhaberaktien nur noch als Sammelurkunde hinterlegen können, mehr Transparenz bringt, ist zweifelhaft, ob dies tatsächlich ein effektives Mittel zur Bekämpfung von Terrorismusfinanzierung und Geldwäsche darstellt. Jedenfalls erhöhen sich dadurch die Kosten und der Verwaltungsaufwand für die betroffenen Gesellschaften. Schließlich wäre eine einheitliche gesetzliche Regelung des Verfahrens beim Widerruf der Zulassung zum Börsenhandel im Sinne der Rechtssicherheit und Praktikabilität wünschenswert.

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