06.04.2015Fachbeitrag

Newsletter Gesellschaftsrecht April 2015

BilRUG – Auswirkungen auf die Rechnungslegung

Regierungsentwurf vom 7. Januar 2015

Am 27. Februar 2015 beriet der Bundestag in erster Lesung den Entwurf zum Bilanzrichtlinie-Umsetzungsgesetz (BilRUG), den die Bundesregierung am 7. Januar 2015 veröffentlicht hatte. Das Gesetzgebungsvorhaben dient der Umsetzung der Vorgaben der EU-Bilanzrichtlinie 2013/34/EU über den Jahresabschluss, den konsolidierten Abschluss und damit verbundene Berichte in deutsches Recht, was nach EU-Vorgabe bis zum 20. Juli 2015 erfolgt sein muss. Mit einer Verabschiedung des Gesetzes wird daher voraussichtlich vor diesem Termin zu rechnen sein.

Da sich der grenzüberschreitende Handel im Binnenmarkt in der Vergangenheit erheblich intensiviert hat, wurden seitens der Europäischen Union die Rechtsrahmen für die Rechnungslegung überarbeitet und dabei die bisher separaten Regelungsrahmen für die Rechnungslegung einzelner Unternehmen einerseits und im Konzern andererseits harmonisiert. Darüber hinaus wird mithilfe der Richtlinie eine höhere Vergleichbarkeit der Jahres- und Konzernabschlüsse von Kapitalgesellschaften und bestimmten Personenhandelsgesellschaften in der Europäischen Union angestrebt. Der Großteil der im Regierungsentwurf vorgesehenen Änderungen betrifft damit die Vorschriften im HGB zur Rechnungslegung, vor allem zur Anhangberichterstattung, die deutlicher strukturiert werden sollen. Dadurch werden jedoch auch Anpassungen unter anderem im PublG, AktG und GmbHG notwendig. Um daneben auch die bürokratische Belastung kleiner und mittlerer Unternehmen zu verringern, macht der Gesetzgeber von der Möglichkeit Gebrauch, die Schwellenwerte für die Einordnung kleiner, mittelgroßer und großer Kapitalgesellschaften sowie von Konzernen anzuheben.

Der nun vorliegende Regierungsentwurf weist im Vergleich zum Referentenentwurf aus dem Juli 2014 einige Änderungen auf, die Modifikationen des HGB wären damit weitreichender als ursprünglich vorgesehen. Im Folgenden werden ausgewählte wesentliche Aspekte des Gesetzentwurfs zum BilRUG dargestellt.

Erstanwendungszeitpunkt

Nach dem Willen des Gesetzgebers soll der Großteil der Neuregelungen für Geschäftsjahre gelten, die nach dem 31. Dezember 2015 beginnen; eine frühere, freiwillige Anwendung soll für Geschäftsjahre mit Beginn nach dem 31. Dezember 2014 möglich sein. Bereits für nach dem 31. Dezember 2013 beginnende Geschäftsjahre können hingegen unter anderem die erhöhten Schwellenwerte Anwendung finden. Voraussetzung für die vorzeitige Anwendung ist jeweils aber, dass die Vorschriften vollständig angewandt werden.

Schätzung der Nutzungsdauer

Die Regelung der Abschreibungsmöglichkeit des § 253 Abs. 3 HGB soll eine Erweiterung erfahren: Für den Fall, dass die voraussichtliche Nutzungsdauer eines selbst geschaffenen immateriellen Vermögensgegenstands des Anlagevermögens oder eines entgeltlich erworbenen Geschäfts- oder Firmenwerts ausnahmsweise nicht verlässlich geschätzt werden kann, sind planmäßige Abschreibungen auf die Herstellungskosten über einen Zeitraum von zehn Jahren vorzunehmen (§ 253 Abs. 3 S. 3 und 4 HGB-RegE). Die Festlegung auf zehn Jahre schöpft den Spielraum der Richtlinie damit vollständig aus. Bei der allgemeinen Regelung soll es jedoch bleiben, sofern im Einzelfall Anhaltspunkte für eine bestimmbare kürzere Nutzungsdauer bestehen sollten.

Modifizierung der Befreiungstatbestände

Um kleinste Kapitalgesellschaften weiter zu entlasten, sollen Kommanditgesellschaften auf Aktien aufgrund der Änderungsvorschläge auch dann von der Pflicht zur Erstellung eines Anhangs befreit werden können, wenn sie keine Angaben zu eigenen Aktien machen. Der Gesetzentwurf sieht also vor, die Befreiungsmöglichkeit nur für Aktiengesellschaften von bestimmten Voraussetzungen abhängig zu machen (§ 264 Abs. 1 HGB).

Schon nach den bisherigen Regelungen bestand für Kapitalgesellschaften bzw. Personenhandelsgesellschaften ohne natürliche Person als persönlich haftender Gesellschafter unter bestimmten Voraussetzungen die Möglichkeit, keinen Jahresabschluss und Lagebericht nach den für sie ansonsten geltenden strengeren Vorschriften aufstellen, prüfen lassen und offenlegen zu müssen. Auch weiterhin sollen Kapitalgesellschaften, die in den Konzernabschluss eines Mutterunternehmens mit Sitz in der EU oder dem EWR einbezogen sind, unter bestimmten Voraussetzungen von Vorgaben der Rechnungslegung absehen können (§ 264 Abs. 3 HGB-E). Voraussetzung für die Inanspruchnahme der Befreiung ist, dass alle Gesellschafter des Tochterunternehmens der Befreiung für das konkrete Geschäftsjahr zugestimmt haben und dass das Mutterunternehmen sich bereit erklärt hat, für die von dem Tochterunternehmen eingegangenen Verpflichtungen einzustehen. Dass sich das Mutterunternehmen, wie bisher möglich, zur Verlustübernahme verpflichtet, ist somit künftig weder ausreichend noch notwendig. Es bedarf stattdessen der Abgabe einer Patronatserklärung oder der Vereinbarung einer Nachschusspflicht. In zeitlicher Hinsicht muss die Einstandspflicht des Mutterunternehmens durchgehend während der gesamten gesetzlichen Offenlegungsfrist des Tochterunternehmens bestehen. Sie muss dabei aber nur die Verpflichtungen abdecken, die bis zum Abschlussstichtag des Tochterunternehmens entstanden sind, auf den sich die Befreiung bezieht.

Möglichkeit der Selbstbefreiung

Durch die Neufassung des § 264b HGB soll eine teilweise Angleichung der Voraussetzungen für das Wahlrecht für Kapitalgesellschaften und Personenhandelsgesellschaften erreicht werden. Die Befreiung einer Personenhandelsgesellschaft setzt voraus, dass sie einbezogen ist in den Konzernabschluss eines persönlich haftenden Gesellschafters der betreffenden Gesellschaft oder in den eines Mutterunternehmens mit Sitz in einem EU- oder EWR-Staat, das eine größere Gesamtheit von Unternehmen einbezieht. Dies dürfte bei der Einbeziehung von mindestens drei Unternehmen der Fall sein. Daneben bleibt die Möglichkeit bestehen, dass die Personenhandelsgesellschaft selbst den Konzernabschluss mit befreiender Wirkung aufstellt, jedoch auch hier unter der Voraussetzung, dass der Konzernabschluss für eine größere Gesamtheit von Unternehmen aufgestellt wird.

Erhöhung der Schwellenwerte für die Größenklassen

Mit der Änderung von § 267 Abs. 1 und 2 HGB geht eine erneute Anhebung der Schwellenwerte bezüglich Umsatzerlösen und Bilanzsumme einher, die vor allem die Unternehmen entlasten, die nach den angepassten Schwellenwerten erstmalig als klein einzustufen sind. Die EU-Vorgaben wurden dabei maximal ausgereizt. Die neuen Schwellenwerte gemäß § 267 HGB-E betragen:

bei kleinen Kapitalgesellschaften (§ 267 Abs. 1 HGB-E):

  • EUR 6,0 Mio. statt EUR 4,84 Mio. bei der Bilanzsumme
  •  EUR 12,0 Mio. statt EUR 9,68 Mio. bei den Umsatzerlösen

bei mittelgroßen Kapitalgesellschaften (§ 267 Abs. 2 HGB-E):

  • EUR 20,0 Mio. statt EUR 19,25 Mio. bei der Bilanzsumme
  • EUR 40,0 Mio. statt EUR 38,5 Mio. bei den Umsatzerlösen.

Die maximale Zahl an Arbeitnehmern bleibt dabei unverändert bei 50 für kleine Kapitalgesellschaften und bei 250 für mittelgroße Kapitalgesellschaften. Zudem wird klargestellt, dass neben Investmentgesellschaften und Beteiligungsgesellschaften nun auch reine Holdinggesellschaften nicht von den Vergünstigungen für Kleinstkapitalgesellschaften profitieren dürfen (§ 267a Abs. 3 HGB-E).

Neudefinition einer Beteiligung

Wenn mehr als 20 Prozent der Anteile gehalten werden, soll künftig gem. § 271 Abs. 1 HGB eine Beteiligung vermutet werden. Diese Vermutung kann jedoch widerlegt werden, wenn ausnahmsweise trotz der Kapitalbeteiligung keine dauernde Verbindung der Unternehmen angestrebt wird.

Ausschüttungssperre gem. § 272 Abs. 5 HGB-E

Durch die Einführung einer Ausschüttungssperre muss als „ausschüttungsgesperrte Rücklage“ der Unterschiedsbetrag eingestellt werden, um den der Gewinnanteil aus der Beteiligung die bereits eingegangenen Zahlungen und entstandenen Forderungen auf Gewinnausschüttung übersteigt.

Gliederungsänderung in der Gewinn- und Verlustrechnung

Die gesonderte Darstellung von außerordentlichen Erträgen und Sachverhalten in der Gewinn- und Verlustrechnung ist künftig nicht mehr zulässig, stattdessen sind sie den übrigen Posten zuzuordnen. Im Anhang muss jedoch zwingend die Erläuterung von Erträgen und Aufwendungen von außergewöhnlicher Größenordnung oder Bedeutung erfolgen (§ 275 HGB). Damit entfällt auch die Zwischensumme „Ergebnis der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit“ in der Gewinn- und Verlustrechnung.

Erweiterung der Umsatzdefinition durch § 277 Abs. 1 HGB-E

Die Beschränkung von Umsatzerlösen auf für die gewöhnliche Geschäftstätigkeit typische Erzeugnisse und Waren einerseits bzw. Dienstleistungen andererseits wird gestrichen. Auch der Verkauf von Produkten oder die Erbringung von Dienstleistungen außerhalb der gewöhnlichen Geschäftstätigkeit sind künftig miteinzubeziehen und stellen keine sonstigen betrieblichen Erträge dar. Produkte sind dabei als Zusammenfassung von Waren und Erzeugnissen zu verstehen. Darüber hinaus findet sich die ausdrückliche Regelung, dass sowohl Erlösschmälerungen, die Umsatzsteuer als auch sonstige direkt mit dem Umsatz verbundene Steuern abzuziehen sind.

Weitreichende Änderungen bezüglich der Angaben im Anhang

Die umfangreichsten Änderungen durch das BilRUG betreffen die Anforderungen an die Berichterstattung größerer Unternehmen sowie die Anhangangaben. So ist der Anhang beispielsweise zu gliedern, wobei die Angaben in der Reihenfolge der einzelnen Posten der Bilanz und der Gewinn- und Verlustrechnung darzustellen sind (§ 284 Abs. 1 HGB-E). Daneben finden sich im BilRUG zahlreiche Regelungen, die Angaben in der Bilanz in den Anhang verschieben bzw. von einzelnen Anhangangaben absehen, diese modifizieren oder erweitern.

Befreiung von Pflichtangaben je nach Größe der Kapitalgesellschaft

Da sich der Umfang der notwendigen Anhangangaben durch die Neuregelungen insgesamt erweitert, ist es erforderlich, kleine Kapitalgesellschaften von mehr Pflichtangaben im Anhang zu befreien als bisher, während im Gegenzug nur einzelne wenige zusätzliche Pflichtangaben für kleine Kapitalgesellschaften vorgesehen sind. Für mittelgroße und große Kapitalgesellschaften werden die Angabepflichten dagegen leicht ausgedehnt (§ 288 HGB-E).

Stellungnahme von Verbänden

Mittlerweile haben diverse Verbände, wie der Deutsche Industrie- und Handelskammertag und die Wirtschaftsprüferkammer, zum Regierungsentwurf Stellung genommen. Begrüßt wird insbesondere der Versuch des Gesetzgebers, sich auf die aufgrund europäischer Vorgaben notwendigen Änderungen zu beschränken. Dagegen werden einige Unklarheiten bei der Umsetzung bemängelt, so wird kritisiert, dass beispielsweise die Erfassung jeglicher Erträge aus Dienstleistungen als Umsatzerlöse im neugefassten § 277 Abs. 1 HGB-E dazu führen könnte, dass die Aussagefähigkeit des Jahresabschlusses gemindert würde. Daneben wäre durch diese Änderung mit einem Anstieg der Umsatzerlöse zu rechnen, die möglicherweise die Überschreitung der bisherigen Schwellenwerte und damit die Einstufung in eine höhere Größenklasse zur Folge hätte.

Fazit

Viele Änderungen durch das BilRUG sind rein redaktioneller Natur; die übrigen Modifikationen aber, mögen sie auch für sich genommen marginal erscheinen, werden sich in ihrer Gesamtheit erheblich auf die Jahresabschlusserstellung vor allem von Kapitalgesellschaften auswirken. Ob die vorgesehenen Erleichterungen für kleinere Unternehmen tatsächlich eine spürbare Entlastung bedeuten, darf indessen bezweifelt werden.

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