Die Berichtigung von Steuererklärungen – ein angemessenes IKS hilft, Risiken richtig zu managen
Die Berichtigung von Steuererklärungen ist im unternehmerischen Alltag gang und gäbe. Dass es dabei jedoch Stolpersteine gibt, die vor allem für die Geschäftsführung unangenehme Folgen haben können, steht bei der Bearbeitung der Korrektur allgemein nicht im Fokus. Um was geht es?
Die Abgabenordnung verpflichtet den Geschäftsführer, der bei der Erklärungsabgabe gutgläubig war, innerhalb einer Frist von zehn Tagen nach Kenntnis Fehler in der Steuererklärung dem Finanzamt anzuzeigen und (im Nachgang) zu korrigieren. Verstöße gegen die unverzügliche Anzeigepflicht haben für den Geschäftsführer strafrechtliche Konsequenzen; es handelt sich dann um eine Steuerhinterziehung durch Unterlassen, die mit Geldstrafen oder Freiheitsstrafe – in schweren Fällen mit bis zu zehn Jahren – geahndet werden kann.
Umfang der Berichtigungspflicht
Die Anzeigepflicht ist fehlerbezogen, betrifft im Zweifel also einen einzigen Sachverhalt, der zu einer Verkürzung der Steuer geführt hat. In der Praxis kommt es jedoch immer wieder vor, dass bei der Korrektur übersehen wird, dass es sich nicht nur um einen Einzelsacherhalt handelt. Tatsächlich kann es sich um Sachverhalte handeln, die sich in den jeweiligen Veranlagungsperioden wiederholen oder aber um solche, die sich aufgrund eines systematischen Fehlers zum Beispiel in der Buchhaltung bei einer Vielzahl von vergleichbaren Lebenssachverhalten zeigen. In all diesen Fällen wäre es fehlerhaft – und mit dem Risiko des Strafrechts belastet – sich bei der Anzeige lediglich auf den einen Ausgangssachverhalt zu beschränken. Es ist zwar richtig, dass der Geschäftsführer nicht nach Fehlern suchen muss, jedoch ist es seine Pflicht, in den relevanten Fachabteilungen die Frage zu stellen, ob es vergleichbare Sachverhalte in steuerlich nicht verjährten Zeiträumen gegeben hat. Nur wenn die Fachabteilungen ihm hierauf eine fundierte Auskunft erteilen, kann er sich auf die Korrektur der erkannten Fehler beschränken. Sollten die Fachabteilungen die Fragen innerhalb der Anzeigefrist von zehn Tagen nicht beantworten können, empfiehlt es sich, das Finanzamt im Anzeigeschreiben darauf hinzuweisen, dass momentan eine innerbetriebliche Überprüfung läuft.
Maßgebend für die rechtliche Einordnung ist der Empfängerhorizont des Finanzamts
Es lauern auf dem Weg der Korrektur jedoch noch weit gefährlichere Stolpersteine: Das Finanzamt als Empfänger der Anzeige prüft regelmäßig, ob es sich tatsächlich nicht um eine Selbstanzeige handeln könnte. Maßgebend dafür sind neben der Häufigkeit, mit der ein Unternehmen Steuererklärungen berichtigt vor allem die Höhe der verkürzten Steuerbeträge und die Qualität des Fehlers. In solchen Fällen kommt es mittlerweile immer häufiger dazu, dass das Finanzamt zunächst vorsätzliches Handeln unterstellt und ein strafrechtliches Ermittlungsverfahren einleitet. Hat der Geschäftsführer in einem solchen Fall bei der Korrektur daher nicht die Voraussetzungen der Selbstanzeige beachtet, droht ihm strafrechtliches Ungemach. Bei einem Blick auf die Voraussetzungen einer – strafbefreienden – Selbstanzeige zeigt sich das Problem. Denn der Geschäftsführer muss in der ersten Mitteilung an das Finanzamt sämtliche Steuerverkürzungen der letzten zehn Jahre (!), in der Steuerart, in der sich der Fehler manifestiert hat (Vollständigkeit) zusammenfassen und die Bemessungsgrundlage des jeweiligen Veranlagungszeitraum angeben, also deutlich mehr tun, als dies bei einer „einfachen“ Berichtigung erforderlich ist. Auch wenn Ausnahmen für die Lohnsteuer und die Umsatzsteuervoranmeldungen gelten, kann man sich vorstellen, dass die Erfüllung dieser Voraussetzungen den Geschäftsführer vor nahezu unlösbare Schwierigkeiten stellt.
Ein weiterer in der Praxis vorkommender Stolperstein ist die Kumulation von Anzeigepflicht und Selbstanzeige. So sind Fälle denkbar, in denen ein Geschäftsführer tatsächlich gutgläubig war, als er die Steuererklärung unterschrieben hat, ein Mitarbeiter, z.B. der Leiter der Buchhaltung oder der Steuerabteilung den Fehler jedoch kannte und damit vorsätzlich gehandelt hat. In solchen Fällen würde eine schlichte Anzeige dem Mitarbeiter den Weg der strafbefreienden Selbstanzeige versperren, weil dem Finanzamt mit der Anzeige die Tat entdeckt wird und damit ein gesetzlicher Sperrgrund für die Straffreiheit eintritt.
Steuerliches IKS als Lösungsansatz
Dieser kurze Überblick über die Stolpersteine auf dem Weg zur korrigierten Steuererklärung zeigt, dass es sehr wohl Sinn machen kann, im Rahmen der steuerlichen Berichtigung anwaltlichen Rat einzuholen. Das Bundesfinanzministerium hat die Not, in der sich Unternehmer und Geschäftsführer seit der Verschärfung der Selbstanzeigeregeln befinden, zum Anlass genommen, einen Ausweg aufzuzeigen: Weist der Geschäftsführer nach, dass er ein funktionierendes internes Kontrollsystem für die Steuerart implementiert hat, in der der zu berichtigende Fehler aufgetaucht ist, so kann das Finanzamt dies als Indiz dafür werten, dass es sich nicht um eine Selbstanzeige handelt. Auch wenn das Finanzamt weiterhin berechtigt ist, die tatsächlichen Umstände zu hinterfragen, ist es vor dem Hintergrund der dargestellten Komplexität der Berichtigung jedoch jedem Geschäftsführer anzuraten, sich über die Einrichtung bzw. Optimierung von internen Kontrollsystemen im steuerlichen Bereich Gedanken zu machen.