Update Arbeitsrecht November 2021
Eine arbeitsvertragliche Regelung, nach der zehn Überstunden pro Monat mit der Vereinbarten Vergütung abgegolten sind, ist wirksam
LAG Mecklenburg-Vorpommern, Urteil v. 14. September 2021 –2 Sa 26/21
Das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern hatte sich jüngst mit einer arbeitsvertraglichen Klausel zur pauschalen Abgeltung von Überstunden mit dem vereinbarten Monatslohn auseinanderzusetzen.
Sachverhalt
Der Kläger war im Bereich der Lohn- und Finanzbuchhaltung bei der Beklagten zu einem Bruttomonatslohn von 1.800,00 Euro bei einer 40-Stunden-Woche angestellt. Sein Arbeitsvertrag enthielt eine Regelung, nach der bis zu zehn Stunden über die betriebliche Arbeitszeit hinausgehende Mehrarbeit im Monat mit der Grundvergütung abgegolten sind.
Der Kläger, mittlerweile aus dem Arbeitsverhältnis ausgeschieden, begehrte mit seiner Klage Überstundenvergütung für insgesamt 92 Stunden aus dem Zeitraum eines Jahres zu EUR 10,23 brutto pro Stunde. Er vertrat die Auffassung, die Regelung zur Abgeltung der Überstunden sei unwirksam, da sie zum einen überraschend sei und zum anderen im Zusammenhang mit der arbeitsvertraglichen Regelung, es seien 40 Arbeitsstunden zu leisten, irreführend sei. Den Vorwurf der Irreführung stützte der Kläger darauf, dass die Beklagte ihm geplant vorgespiegelt habe, die regelmäßige Wochenarbeitszeit betrage nur 40 Stunden, obwohl tatsächlich regelmäßig mehr als 40 Stunden gearbeitet wurde.
Das Arbeitsgericht Stralsund gab der Klage lediglich im Umfang von EUR 20,46 brutto statt. Lediglich in einem Kalendermonat sei die Grenze von zehn Stunden um zwei Stunden überschritten worden, für die Überstundenvergütung fällig sei. Im Übrigen wies das Arbeitsgericht die Klage mit der Begründung ab, die Abgeltungsklausel im Arbeitsvertrag des Klägers sei wirksam. Mit der Berufung begehrte der Kläger weiter die Vergütung für die vollen 92 Überstunden.
Entscheidung des Landesarbeitsgerichts
Das Landesarbeitsgericht Mecklenburg-Vorpommern hat das Urteil des Arbeitsgerichts bestätigt.
Die Klausel über die Abgeltung der Überstunden sei wirksam. Zum einen sei die Klausel keineswegs überraschend im Sinne des § 305c Absatz 1 BGB. Eine Regelung, nach der über die betriebliche Arbeitszeit hinausgehende Mehrarbeit im Umfang von bis zu zehn Stunden pro Monat mit der vereinbarten Bruttovergütung abgegolten sein soll, sei in einem Arbeitsvertrag nicht an sich ungewöhnlich, sondern vielmehr gängige Praxis. Sie befinde sich unter der Überschrift „Vergütung“ auch nicht an einer ungewöhnlichen Stelle des Arbeitsvertrages, an der nicht mit ihr hätte gerechnet werden müssen.
Das Gericht hielt die Klausel ferner auch nicht wegen mangelnder Transparenz gemäß § 307 Absatz 3 Satz 2 BGB für unwirksam, da sich aus dem Arbeitsvertrag selbst ergibt, welche Arbeitsleistungen in welchem zeitlichen Umfang von ihr erfasst werden sollen. Die Formulierung „abgegolten“ ergebe eindeutig, dass keine weitere Bezahlung erfolgt. Für den Kläger sei auch erkennbar gewesen, dass er für die vereinbarte monatliche Vergütung gegebenenfalls bis zu zehn Überstunden im Monat ohne zusätzliche Vergütung leisten muss. Durch die eindeutige Obergrenze musste dem Kläger klar gewesen sein, was möglicherweise an nicht gesondert vergüteten Überstunden auf ihn zukommt.
Weiter geht das Gericht darauf ein, dass die behauptete Täuschung nicht nachvollziehbar sei. Dem Regelwerk des Arbeitsvertrags lasse sich keine Aussage zur Häufigkeit von Überstunden entnehmen. Aufgrund der klaren und transparenten Regelung sei klar, was als Gegenleistung für die Vergütung von dem Kläger erwartet wird.
Zuletzt führte das Gericht aus, dass eine pauschale Abgeltung nicht erst ab einer gewissen Jahresvergütung vereinbart werden kann. Eine solche Regelung könnten die Parteien ohne weiteres aufgrund der Privatautonomie treffen.
Hinweise
Solange sich eine arbeitsvertragliche Abrede zu einer pauschalen Überstundenabgeltung durch das Bruttomonatsgehalt im gewöhnlichen Rahmen bewegt, kann sie an üblicher Stelle im Arbeitsvertrag (beispielsweise unter dem Punkt „Vergütung“) grundsätzlich bedenkenlos verwendet werden. Das Landesarbeitsgericht macht aber deutlich, dass es insbesondere auf eine transparente Regelung ankommt. Der Arbeitnehmer muss wissen, was auf ihn zukommt, also wie viele unbezahlte Überstunden maximal von ihm erwartet werden.
Die pauschalen Abgeltungsklauseln können auch nicht erst ab einer bestimmten Höhe der Jahresvergütung vereinbart werden. Allerdings ist darauf zu achten, dass die erwartete Gesamtarbeitszeit nicht die verschiedenen gesetzlichen Lohnuntergrenzen (beispielsweise Mindestlohngesetz oder Lohnwucher) verletzt.
Deshalb ist bei der Formulierung der entsprechenden Vereinbarungen Vorsicht geboten. Entsprechende arbeitsvertragliche Regelungen sollten professionell gestaltet und regelmäßig überprüft werden.