29.04.2024Fachbeitrag

Update Arbeitsrecht April 2024

Entzug des Dienstwagens wegen Änderung der Arbeitsaufgaben

LAG Hamm, Urteil vom 23.01.2024 – Az. 6 Sa 1030/23

Die Frage, wann ein Arbeitgeber einen zur privaten Nutzung überlassenen Dienstwagen rechtswirksam zurückrufen kann, hatte nun das LAG Hamm zu entscheiden. Demnach stellt nicht jede Änderung der Arbeitsaufgabe einen ausreichenden Sachgrund dar, dem Arbeitnehmer den Dienstwagen wieder zu entziehen. Dies gilt unabhängig davon, ob der geldwerte Vorteil weniger als 25 % der Gesamtvergütung ausmacht.

Sachverhalt

Der Kläger ist seit Februar 2009 bei der Beklagten zu einem Bruttojahresgehalt von ca. 130.000 EUR inkl. des geldwerten Vorteils für die Privatnutzung eines Dienstwagens i.H.v. 1.119 EUR brutto/Monat beschäftigt. Ab Juli 2021 wurde der Kläger als Gebietsleiter Verkauf innerhalb des Geschäftsbereichs Marketing und Vertrieb eingesetzt. Dazu schlossen die Parteien eine Ergänzungsvereinbarung, mit der sie u.a. regelten, dass dem Kläger ein funktionsabhängiges Geschäftsfahrzeug zur Verfügung gestellt werden soll, sofern er nach den jeweils gültigen betrieblichen Regelungen hierfür berechtigt sei. Für weitere Einzelheiten wurde auf die diesbezüglichen Fahrzeugregelungen verwiesen, welche u.a. für die Notwendigkeit eines Geschäftsfahrzeuges eine dauerhafte hohe Mobilität und somit Abwesenheit von mehr als 50 % voraussetzen. Ferner wurde in der Vertragsergänzung vereinbart, dass die Überlassung eines Dienstwagens mit Beendigung der genannten Tätigkeit entfallen werde. Im Übrigen wurde dem Unternehmen ein Widerrufsrecht eingeräumt, mit dem es den Dienstwagen bei Vorliegen eines sachlichen Grundes jederzeit widerrufen kann. Als sachlicher Grund wurde zum Beispiel auch die Änderung der übertragenen arbeitsvertraglichen Aufgaben genannt. Nach einer Neuausrichtung des Vertriebskonzeptes arbeitete der Kläger ab Februar 2023 als sog. Vertriebspartnerbetreuer Einzelkunden. Eine Vertragsänderung erfolgte nicht, auch der Dienstwagen wurde dem Kläger weiterhin überlassen. Im März 2023 kam die Beklagte bei einer turnusgemäßen Überprüfung der Fahrzeugberechtigung zu dem Ergebnis, dass der Kläger keine dienstlichen Abwesenheiten von mehr als 50 % aufweise. Die Beklagte forderte den Kläger daher mit Hinweis auf den Entfall der Mobilitätsvoraussetzung auf, den Dienstwagen bis spätestens zum 31. Dezember 2023 zurückzugeben. Mit seiner Klage begehrte der Kläger, ihm das Dienstfahrzeug über diesen Zeitpunkt hinaus auch zur privaten Nutzung zu überlassen.

Entscheidung

Nachdem das Arbeitsgericht Dortmund die Klage auf Überlassung des Dienstwagens zur privaten Nutzung abgewiesen hatte, konnte der Kläger in zweiter Instanz obsiegen. Zur Begründung bekräftigte das LAG Hamm noch einmal, dass die Überlassung eines Dienstwagens zur privaten Nutzung Teil des Arbeitsentgelts sei und somit grundsätzlich so lange geschuldet sei, wie der Arbeitnehmer einen Vergütungsanspruch habe. Der Anspruch gehe nur dann unter, wenn die Beklagte wegen des Eintritts einer auflösenden Bedingung oder einem wirksam vereinbarten Widerrufsvorbehalt zur Rückforderung des Wagens berechtigt sei.

Nach Ansicht der 6. Kammer fehle es in dem hiesigen Verfahren allerdings an einer transparenten und damit wirksamen auflösenden Bedingung i.S.d. § 158 Abs. 2 BGB. Demnach sei schon unklar, wann eine „dauerhaft hohe Mobilität“ nach den Fahrzeugregelungen vorliege. Insbesondere die Frage auf welchen Zeitraum hierbei abzustellen sei, sei ungeklärt. Ebenso sei der Klausel nicht zu entnehmen, ob bei der Berechnung dieses Zeitraums nur solche Tage gemeint seien, an denen der Arbeitnehmer tatsächlich gearbeitet und nicht aufgrund von Urlaub, Krankheit oder Feiertagen keine Arbeitsleistung erbracht habe.

Abgesehen davon führe auch die Kombination von auflösender Bedingung und dem Widerrufsvorbehalt zur Intransparenz dieser Klausel, da in einzelnen Fällen beide Anwendungsbereiche eröffnet seien.

Auch die Regelung aus der Vertragsergänzung, die die Beklagte bei Änderung der übertragenen Aufgaben zum Widerruf der Dienstwagenüberlassung berechtigt, sei unwirksam. Dies begründet das Gericht damit, dass durch die Widerrufsklausel nicht zum Ausdruck komme, dass die Änderung der Aufgaben nur dann einen sachlichen Grund darstelle, wenn damit auch die Erforderlichkeit eines Dienstwagens entfalle. Insofern sei nicht jede Änderung der Arbeitsaufgabe ein geeigneter Sachgrund. In diesem Fall sei es außerdem unerheblich, ob der geldwerte Vorteil der Privatnutzung – wie hier – weniger als 25 % der Gesamtvergütung ausmache. Im Ergebnis sei der Widerruf des Dienstwagens zu Unrecht erfolgt.

Fazit

Mit dem Urteil des LAG Hamm werden die Anforderungen an einen Widerrufsvorbehalt nochmals verschärft. Grundsätzlich besteht die Möglichkeit, auch während eines bestehenden Arbeitsverhältnisses die Überlassung eines Dienstwagens zur privaten Nutzung zu widerrufen. Hierfür bedarf es allerdings immer einer wirksamen Vertragsgrundlage, die einer strengen AGB-Prüfung und insbesondere dem Transparenzgebot standhalten muss. Die Entscheidung des LAG Hamm verdeutlicht einmal mehr, wie sehr Arbeitgeber auch in Zukunft bei der Vertragsgestaltung auf die konkrete Benennung von sachlichen Gründen in Widerrufsklauseln achten müssen und bestehende Regelwerke entsprechend anpassen sollten. Neben der Klauselkontrolle bedarf es bei dem Entzug des Dienstwagens zur privaten Nutzung auf zweiter Stufe auch immer der Überprüfung von billigem Ermessen. Dabei sollten die beiderseitigen Interessen der Arbeitsvertragsparteien sorgfältig miteinander abgewogen und etwaige Auslauf- und Ankündigungsfristen berücksichtigt werden.

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