Update IP, Media & Technology Nr. 98
Erschummeltes Lob? Fake-Bewertungen (auch) von Anwälten sind (natürlich) wettbewerbswidrig
Im Rahmen des Marketings nimmt das Werben mittels positiver Bewertungen auf Online-Plattformen heutzutage einen sehr hohen Stellenwert ein. Wichtig ist hierbei, dass die Bewertungen auf einem geschäftlichen Kontakt beruhen müssen. In einer aktuellen Entscheidung des OLG Düsseldorf wird dies vom Gericht nochmals bestätigt (OLG Düsseldorf, Urt. v. 11.01.2024 – 20 U 91 / 23; GRUR-RS 2024 1101).
I. Der Fall
Das OLG Düsseldorf hat im Januar 2024 über das Verhalten eines Düsseldorfer Anwalts, der mit Fake-Bewertungen auf Facebook wirbt, entschieden. Der Anwalt berief sich auf das Mandatsgeheimnis die Verwendung von Pseudonymen und könne deswegen nicht darlegen, welche Mandanten hinter den Bewertungen stecken würden. Das OLG Düsseldorf akzeptiert dies jedoch nicht. Im Streit dürften sich Anwälte nicht auf ihre Verschwiegenheitspflicht verlassen.
Kläger und Beklagter sind beide Rechtsanwälte aus Düsseldorf, insbesondere würden sie in einem Wettbewerbsverhältnis zueinanderstehen. Der Beklagte ist Inhaber einer Rechtsanwaltskanzlei und betreibt für diese eine Facebookseite, um seinen Mandanten dort die Möglichkeit zu geben, seine Dienstleistungen als Rechtsanwalt zu bewerten. Zudem hat der Beklagte mehrere fremde Bewertungen „geliked“ oder kommentiert, dies erweckte den Anschein, es würde sich um Bewertungen handeln, die seine Leistungen zum Gegenstand hatten. Der Kläger beanstandet, es handle sich bei den Bewertungen lediglich um Fake-Bewertungen, die nicht auf einem echten Mandatsverhältnis beruhen würden. Der Kläger brachte überdies hinreichend Anhaltspunkte vor, um seine Behauptung nachzuweisen. Diese wurden vom Beklagten nicht widerlegt.
II. Die Gründe
Zunächst stellte das OLG Düsseldorf fest, dass das pauschale Bestreiten des Beklagten, die Bewertungen seien echt, nicht ausreichend sei, um die vom Kläger vorgebrachten Anhaltspunkte zu widerlegen. Ferner sei es auch nicht berechtigt, sich auf § 2 BORA zu berufen, um sich der Darlegungslast weiter zu entziehen. Der Beklagte müsse vielmehr genau darstellen, welche seiner bisherigen Mandanten welcher Bewertung zuzuordnen sind. Im Zweifel müsse er auf andere in seinem Betrieb tätige Personen zurückgreifen, um die hinreichenden Informationen zu erlangen. Im Hinblick auf die Authentizität der Bewertungen würden den Beklagten im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast Nachforschungspflichten treffen, die ihm auch zuzumuten seien. In dieser Hinsicht helfe ihm auch nicht der Hinweis auf die zulässige Verwendung von Pseudonymen durch die Bewerter weiter. Darüber hinaus stellte das OLG fest, dass der Beklagte durch das „Liken“ oder Kommentieren fremder Bewertungen sich diese Bewertungen zu eigen gemacht habe, sodass sie tatsächlich so wirken, als würde der Beklagte gerade durch diese Bewertungen bewertet werden.
Des Weiteren beschäftigt sich das Oberlandesgericht mit der Frage, ob die Voraussetzungen der Nr. 23c des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG erfüllt seien. In dem Werben auf sozialen Medien und der daraus folgenden Zugänglichmachung der Bewertungen für Verbraucher liege eine Übermittlung im Sinne der Nr. 23c des Anhangs zu § 3 Abs. 3 UWG. Es sei unerheblich, welches Medium der Beklagte für die Übermittlung genutzt hat. Das Gericht stellt weiterhin fest, dass die Bewertungen an Verbraucher gerichtet seien. Es liege eine Verbrauchereigenschaft bei den Adressaten der Bewertungen unstreitig vor. Zudem habe der Beklagte auch keine Argumente vorgebracht, die dem widersprechen. Schließlich merkt das OLG Düsseldorf an, dass der Sinn und Zweck hinter den Bewertungen in der Verkaufsförderung liegen würde. Insofern sei jedoch nicht erforderlich, dass die anwaltlichen Dienstleistungen selbst über Facebook angeboten werden. Eine „räumliche Trennung“ würde der Verkaufsförderung nicht im Weg stehen. Die Bewertungen seien ausreichend geeignet, um die Verbraucher in ihrem Entscheidungsvermögen bezüglich der Wahrnehmung von Rechtsberatung zu beeinflussen.
Das Gericht verurteilt den Beklagten daher, es zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr mit Bewertungen von Verbrauchern zu Zwecken der Verkaufsförderung für Rechtsdienstleistungen auf Online-Plattformen zu werben. Dies gelte insofern, dass die Bewertungen nicht auf tatsächlichen geschäftlichen Kontakten beruhen.