EuGH
Europäischer Gerichtshof erlaubt den Verkauf öffentlicher Aufträge aus der Insolvenz
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) hat in einem gerade veröffentlichten Urteil vom 03.02.2022 entschieden, dass ein öffentlicher Auftrag aus der Insolvenz auf einen neuen Auftragnehmer übertragen werden darf. Bisher war man davon ausgegangen, dass die Übertragung öffentlicher Aufträge auf einen neuen Auftragnehmer nur zulässig ist, wenn das gesamte Unternehmen veräußert wird.
Für Insolvenzverwalter eröffnen sich damit neue Handlungsoptionen. Während bisher insolvente Unternehmen mit Tätigkeit bei öffentlichen Auftraggebern nur insgesamt veräußert werden konnten, ohne die öffentlichen Aufträge zu gefährden, kann der Verwalter nun auch einzelne Verträge veräußern. Hierfür bedarf es einer vorherigen Zustimmung des Auftraggebers. Diese Zustimmung wird der Auftraggeber dann erteilen, wenn der neue Auftragnehmer die Eignungsvoraussetzungen der Ausschreibung erfüllt und den Vertrag insgesamt übernimmt.
Nicht entschieden ist bisher, ob es sogar einen Anspruch auf Zustimmung zur Übernahme gegen den öffentlichen Auftraggeber gibt (EuGH, Urt. v. 03.02.2022 – Az. C-461/20 - „Advania Sverige“).
„Die Bedeutung des Urteils für die Praxis ist groß“, sagt Heuking Partner Dr. Martin Schellenberg. „Gerade bei Insolvenzen von Dienstleistern, die sich auf öffentliche Aufträge spezialisiert haben, wie z. B. Sicherheitsunternehmen oder Reinigungsdienstleistern ist es interessant, einzelne Verträge zu veräußern, weil das Unternehmen als Ganzes nicht attraktiv für die Übernahme ist. Mit dem Urteil des EuGHs vom 03.02.2022 wird dies möglich.“