Update Compliance 4/2024
Geldauflagen nach § 153a StPO können steuerlich abgesetzt werden
Das Finanzgericht Münster hat mit Urteil vom 18. Dezember 2023 (Az. 4 K 1382/20 G,F) entschieden, dass im Zusammenhang mit der Einstellung eines Strafverfahrens auferlegte Geldzahlungen unter bestimmten Voraussetzungen steuerlich abzugsfähig sind. Damit dies der Fall ist, muss die Geldauflage im konkreten Fall der Schadenswiedergutmachung dienen, sie darf nicht strafähnlich sanktionieren. Ist diese Einordnung nicht eindeutig getroffen, bedarf es einer objektiven Würdigung anhand der Umstände des Einzelfalls.
Der Fall
Im Fall des FG Münster hatte eine Personengesellschaft eine elektrische Biogasanlage betrieben und dabei die genehmigten Leistungswerte überschritten. Die beiden Gesellschafter wurden wegen unerlaubten Betreibens einer genehmigungsbedürften Anlage (§ 327 Abs. 2 Nr. 1 StGB) angeklagt. Die Überschreitung der Genehmigungswerte hatte zu einem zusätzlichen Gewinn von ca. EUR 170.000 geführt. Die Staatsanwaltschaft war zur Verfahrenseinstellung bereit, wenn durch eine Zahlungsauflage der illegal erlangte Gewinn abgeschöpft sowie weitere EUR 10.000 gezahlt würden. Auf letztere Zahlung verzichtete sie später. Dem folgend stellte das Landgericht das Verfahren mit Zustimmung der Staatsanwaltschaft und der Angeklagten nach § 153a Abs. 2, 1 StPO ein. Hierbei konkretisierte die Kammer nicht ausdrücklich, ob es sich bei der Geldauflage um eine strafähnliche (§ 153a Abs. 1 S. 2 Nr. 2 StPO) Sanktion oder lediglich eine den Schaden der Tat wiedergutmachende Zahlung (§ 153a Abs. 1 S. 2 Nr. 1 StPO) handelte.
Die Angeklagten haben die Auflagenzahlungen gewinnmindernd als Betriebsausgabe absetzen wollen, das Finanzamt erkannte dies nicht an.
Rechtlicher Hintergrund
Gem. § 12 Nr. 4 EStG unterliegen Geldstrafen, sonstige strafähnliche Rechtsfolgen und auch Leistungen zur Erfüllung von Auflagen oder Weisungen, soweit die Auflagen oder Weisungen nicht lediglich der Wiedergutmachung des durch die Tat verursachten Schadens dienen, einem steuerlichen Abzugsverbot. Diese Sanktionen sollen den Täter persönlich treffen und daher nicht als Betriebsausgaben bzw. Werbungskosten abzugsfähig sein.
Die Entscheidung
Dem FG Münster zufolge bezweckte die Geldzahlung im zu entscheidenden Fall keine persönliche Sanktionierung der Angeklagten, sondern allein die Wiedergutmachung des Schadens. Es folgte bei dieser Einordnung den Kriterien aus der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs. Danach sind bei der Einordnung des Charakters einer Zahlungsauflage nicht subjektive Vorstellungen der Strafverfolgungsbehörden, sondern der Inhalt des Einstellungsbeschlusses und die objektiven Gegebenheiten entscheidend. Für das FG war insoweit entscheidend, dass der Beschluss der Kammer inhaltlich keinen Bezug zu den persönlichen Lebensverhältnissen der Angeklagten nahm. Dies wäre für eine strafende Sanktion als Ausgleich für begangenes Unrecht erforderlich gewesen. Vielmehr habe einzig in Form der Abschöpfung der illegalen Gewinne der Schaden wieder gut gemacht werden sollen. Dafür spreche – so das FG – auch, dass die Staatsanwaltschaft auf die zusätzliche Zahlungsforderung, die nicht im unmittelbaren Zusammenhang zum Gewinn stand, verzichtet hatte. Ein Strafcharakter sei damit nicht mehr erkennbar. Folglich unterfalle die Geldauflage nicht dem Abzugsverbot des § 12 Nr. 4 EStG, sodass sie (entgegen der Ansicht des Finanzamts) gewinnmindernd als Betriebsausgabe zu berücksichtigen war.
Praxishinweis
Im Bereich geringer und mittlerer Kriminalität ist es rechtlich zulässig und auch gängige Praxis, dass Strafverfahren gegen die Erfüllung einer Auflage und Weisung, insbesondere einer Zahlungsauflage eingestellt werden. Hierfür ist die Zustimmung der Be- oder Angeschuldigten bzw. Angeklagten, der Staatsanwaltschaft und des Gerichts notwenig.
Es kann finanziell erhebliche Folgen haben, ob es sich bei der Zahlungsauflage um eine strafende Sanktion oder um eine reine Schadenswiedergutmachung handelt. Nur letztere kann einkommensteuerrechtlich geltend gemacht und der Verlust damit zumindest teilweise kompensiert werden.
In Bezug auf juristische Personen gilt Entsprechendes im Zusammenhang mit der Einziehung von Taterträgen und der Verhängung von Verbandsgeldbußen, soweit durch letztere Taterträge abgeschöpft werden. Die entsprechenden Beträge mindern den Gewinn und damit die Gewerbe- und Körperschaftsteuerlast.
Bei der Aushandlung einer Verfahrenseinstellung gegen Zahlung einer Geldauflage sollte folglich darauf geachtet werden, diese möglichst als Schadenswiedergutmachung auszugestalten oder zumindest zwischen Sanktionsteil und Wiedergutmachungsteil zu differenzieren. Diese Zweckbestimmung sollte sich auch im objektiven Inhalt des gerichtlichen Einstellungsbeschlusses bzw. der staatsanwaltlichen Einstellungsverfügung wiederfinden.