Update IP, Media & Technology Nr. 68
Geschäftsgeheimnisse jetzt besser durchsetzbar - Spezialkammern nehmen ihren Betrieb auf
Geschäftsgeheimnisse werden seit Inkrafttreten der EU-Richtlinie 2016/943 in Europa besser geschützt. Deutschland setzte sie mit dem Gesetz zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen (GeschGehG) im Jahr 2019 zwar verspätet um – aber immerhin. Und nun gibt es weitere Fortschritte, und zwar bei der gerichtlichen Durchsetzung: Spezialkammern nehmen nach und nach ihren Betrieb auf.
Durchsetzung bisher mühsam
Bisher war es in Deutschland häufig mühsam, Geschäftsgeheimnisse erfolgreich vor Gerichten zu verteidigen. Dies gilt insbesondere für die Fälle, die nicht vor den Arbeitsgerichten, sondern vor den Landgerichten verhandelt wurden. Fälle zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen wurden dort nicht vor darauf spezialisierten Kammern verhandelt, sondern häufig vor den allgemeinen Zivilkammern oder den Handelskammern. Durch die mangelnde Spezialbefassung bewegten sich die Kammern häufig auf unbekanntem Terrain und die Parteien bekamen die Unsicherheit der Richter zu spüren. Es stellten sich plötzlich für die Gerichte noch nie dagewesene Fragen: Die Öffentlichkeit ausschließen, damit das Geheimnis auch geheim bleibt? Zwar vom Gesetz vorgesehen, in der Praxis aber selten angewandt.
Wer keine Schiedsvereinbarung getroffen hatte und seine Ansprüche nicht in einem Schiedsverfahren geltend machen konnte, verzweifelte also häufig: Man hatte zwar Rechte, konnte sie aber nicht effektiv durchsetzen.
Jetzt wird es besser!
Umso erfreulicher ist, dass nach und nach einige Bundesländer die Verfahren an Spezialgerichten bündeln. § 15 Abs. 3 GeschGehG ermächtigt die Bundesländer, eine Zuständigkeitskonzentration vorzunehmen. Spezialisierung und Effizienz sind hier die Schlagworte. Richterliche Sachkunde und die Förderung der Einheitlichkeit der Rechtsprechung werden dadurch gefördert. Die Erfahrung aus anderen Spezialmaterien, wie z.B. dem Patentrecht, zeigt: Dadurch wird die Durchsetzung bestehender Ansprüche deutlich verbessert. Die Unsicherheit bei den Richtern wird durch die Bildung von Spezialkammern reduziert und das Renommee der Gerichte gesteigert.
Schon seit Einführung des GeschGehG ist in Hessen für alle Landgerichtsbezirke das Landgericht Frankfurt am Main zuständig. In Bayern ist seit dem 01. Oktober 2021 die Zuständigkeit für Geschäftsgeheimnistreitsachen dem LG München I und dem LG Nürnberg-Fürth zugewiesen worden.
Und nun auch in NRW: Seit dem 01. Januar 2022 sind das LG Düsseldorf, das LG Bochum und das LG Köln für jeweils einen OLG-Bezirk für Geschäftsgeheimnissachen zuständig.
Es geht noch weiter. Innerhalb vieler Landgerichte weisen die Geschäftsverteilungspläne diese Fälle nämlich bestimmten Kammern zu:
- LG Frankfurt a.M.: 6. Zivilkammer (Patentkammer)
- LG München I: 6. und 29. Zivilkammer (Patentkammer und/oder Wettbewerbsrecht)
- LG Nürnberg-Fürth: 19. Zivilkammer (Kammer für Gewerblichen Rechtsschutz und Wettbewerbssachen)
- LG Düsseldorf: 12. Zivilkammer (Kammer für Gewerblichen Rechtsschutz und Wettbewerbssachen)
- Landgericht Berlin: 15., 16. und 52. Zivilkammer (Kammer für Gewerblichen Rechtsschutz)
- Landgericht Hamburg: 12. (Wettbewerbskammer), 15. (Wettbewerbs- und Patentkammer) und 27. Zivilkammer (IPR-, Wettbewerbs-, Patent-, Insolvenz-, Erbkammer)
- Landgericht Braunschweig: 9. Zivilkammer (Patentkammer)
- Weitere Bundesländer werden sicherlich folgen und bald wird es hoffentlich bundesweit grünes Licht geben: Recht bleibt Recht und kann durchgesetzt werden, auch wenn es um Geschäftsgeheimnisse geht.
Fazit
Wer bisher bewusst oder unbewusst davon ausgeht, dass Geschäftsgeheimnisse vor Gericht nicht viel wert sind, sollte jetzt umdenken. Die praktische Durchsetzung in Gerichtsverfahren wird langsam aber sicher besser. Daher gilt jetzt auch in der Praxis: Geschäftsgeheimnisse anderer achten, eigene Geschäftsgeheimnisse schützen und Ansprüche durchsetzen.