Newsletter Gesellschaftsrecht/M&A Juli 2017
Internationaler Unternehmenskauf – Beurkundungspflicht wenn auch ein GmbH-Anteil mitverkauft wird?
Im Rahmen internationaler Unternehmenskäufe sind nicht selten Fälle anzutreffen, in denen neben Anteilen an ausländischen Gesellschaften mit Sitz in der EU auch Anteile an deutschen GmbHs veräußert werden und der entsprechende Kaufvertrag deutschem Recht unterliegt. In solchen Konstellationen stellt sich die Frage, welcher Form der Kaufvertrag bedarf.
Gemäß § 15 Abs. 3 GmbHG ist für dingliche Übertragung der GmbH-Anteile zwingend notarielle Beurkundung vorgesehen.
Die eigentlich spannende Frage ist, welchen Formanforderungen der zugrundeliegende Kaufvertrag genügen muss. Unterliegt er deutschem Recht, kommt für den Erwerb von GmbH-Anteilen § 15 Abs. 4 Satz 1 GmbHG ins Spiel. Danach muss ein Kaufvertrag über GmbH-Anteile notariell beurkundet werden. Dieser Formzwang gilt nach der Rechtsprechung entsprechend auch für einen Kaufvertrag über Anteile an ausländischen Gesellschaften, soweit diese mit einer deutschen GmbH vergleichbar sind, z. B. eine luxemburgische S.à r.l. oder eine polnische Sp. z.o.o. (BGH NZG 2005, 41 f., OLG Celle NJW-RR 1992, 1126 f.).
Beurkundung des Kaufvertrages nach dem Geschäftsstatut erforderlich
Auch ein Kaufvertrag über Anteile an solchen Gesellschaften, die nicht mit einer GmbH vergleichbar sind, ist nach dem Grundsatz der Vollständigkeit der Beurkundung mitzubeurkunden, wenn die Parteien den Erwerb der Anteile an den deutschen und den ausländischen Gesellschaften in ein Vertragsdokument aufnehmen und den gleichen Vollzugsbedingungen unterstellen.
Die Beurkundung des Kaufvertrages würde je nach Wert der Anteile nicht unerhebliche Notarkosten nach sich ziehen.
Ist denn dieses Ergebnis, das eine Transaktion in Deutschland für einen ausländischen Investor unattraktiv machen würde, zwingend? Eine Lösung könnte sein, sich einer anderen Rechtsordnung zu bedienen, die weniger strenge Formanforderungen aufstellt als das deutsche Recht.
Den Weg zu einer anderen Rechtsordnung eröffnet die ROM I-VO, die auf Verträge Anwendung findet, die eine Verbindung zum Recht verschiedener Staaten aufweisen.
Gemäß Art. 11 ROM I-VO ist der Vertrag, der zwischen Parteien abgeschlossen wird, die oder deren Vertreter sich zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses in demselben Staat befinden, formgültig, wenn er die Formerfordernisse des Geschäfts- oder des Ortsstatuts erfüllt.
Entscheiden sich die Parteien für das ausländische Ortsstatut, das einen bloß schriftlichen Abschluss eines Kaufvertrages zulässt (z. B. Luxemburg), würde es ausreichen, den Kaufvertrag in dem jeweiligen Staat schriftlich abzuschließen.
Anwendung des Ortsstatuts als eine mögliche Lösung?
Doch ist umstritten, ob die Ortsform auf gesellschaftsrechtliche Vorgänge Anwendung findet. Höchstrichterliche Rechtsprechung ist nicht vorhanden.
Anwendbarkeit des Ortsstatuts auf gesellschaftsrechtliche Vorgänge streitig
Die wohl herrschende Meinung lässt für die Wirksamkeit des Kaufvertrags über Anteile an einer deutschen GmbH die Einhaltung der Ortsform genügen. Der Einhaltung der Form des Geschäftsstatuts bedürfe es nicht (OLG Düsseldorf vom 21.1.1989 – 3 Wx 21/89, GmbHR 990, 169; Mü-Ko/Spellenberg Art. 11 EGBGB Rn. 92 ff.; Scholz/Seibt § 15 GmbHG Rn. 66d, Henssler/Strohn/Verse § 15 GmbHG Rn. 66).
Nach der gegenteiligen Ansicht könne die Formgültigkeit nicht über die Einhaltung des Ortsstatuts herbeigeführt werden. Begründet wird dies damit, dass gesellschaftsrechtliche Akte, die nach deutschem Gesellschaftsrecht der notariellen Beurkundung bedürfen, tief in die Gesellschaftsstruktur eingreifen. Dies gelte auch für Kaufverträge über Geschäftsanteile. Nur so könne der unerwünschte spekulative Handel mit GmbH-Geschäftsanteilen verhindert werden (Großfeld/Berndt, RIW 1996, 625 (628 ff.); MüKo/Ebenroth nach Art. 10 EGBGB Rn. 258, Staudinger/Großfeld, Internationales Gesellschaftsrecht, Rn. 492, 498).
Angesichts der verbleibenden Restunsicherheit empfiehlt es sich, die Formvorschriften des Geschäftsstatuts einzuhalten und damit den Kaufvertrag nach deutschem Recht notariell zu beurkunden. Nach dem Grundsatz der Vollständigkeit der Beurkundung müssen auch alle Nebenabreden, die nach dem Willen der Parteien Bestandteil des Kaufvertrages sein sollen (BGH NJW 2002, 141), beurkundet werden. Nehmen die Parteien den Erwerb der Anteile an den ausländischen Gesellschaften in ein Dokument auf und unterstellen den Erwerb den gleichen Vollzugsbedingungen, spricht vieles dafür, dass die Parteien den Erwerb der Anteile an den deutschen und ausländischen Gesellschaften als eine einheitliche Transaktion wollen. In einem solchen Fall wäre der gesamte Kaufvertrag einschließlich der Verpflichtung zur Übertragung der Anteile an den ausländischen Gesellschaften zu beurkunden.
Kann man dies vermeiden und die Beurkundung nur auf den Erwerb der GmbH-Anteile beschränken? Zu empfehlen ist, ausdrücklich vorzusehen, dass der Kaufvertragsteil bezüglich der GmbH-Anteile unabhängig von dem Kaufvertragsteil bezüglich der Anteile an den ausländischen Gesellschaften gewollt ist. Das mag am besten durch separate Dokumentation und ggf. auch durch zeitlich voneinander unabhängigen Vollzug dokumentiert werden.
Heilung des unwirksamen schuldrechtlichen Vertrages durch wirksamen Abschluss des dinglichen Vertrages
Entscheiden sich die Parteien dennoch, um Notarkosten zu sparen, gestützt auf die Ortsform, den Kaufvertrag schriftlich abzuschließen, begeben sie sich auf unsicheres Terrain. In diesem Fall können sie Rechtssicherheit nur durch Heilung des schwebend unwirksamen Kaufvertrages schaffen. Die Heilung eines unwirksamen Kaufvertrages über GmbH-Geschäftsanteile setzt gemäß § 15 Abs. 4 Satz 2 GmbHG die notarielle Beurkundung des entsprechenden Abtretungsvertrages voraus. Die Heilungswirkung beschränkt sich allerdings nur auf den Teil des Kaufvertrags bezüglich der GmbH-Anteile. Der Kaufvertragsteil bezüglich der Anteile an den ausländischen Gesellschaften würde nur durch wirksame Übertragung der Anteile nach dem jeweils auf diese Gesellschaften anwendbaren Gesellschaftsrecht wirksam werden.
Allerdings fehlt es an höchstrichterlicher Rechtsprechung im Hinblick auf Erfordernisse und Umfang der Heilungswirkung im Bereich der internationalen Unternehmenskäufe. Es ist deshalb nicht empfehlenswert, sich allein auf die Heilung zu verlassen.
Angesichts der oben dargestellten Restunsicherheit im Hinblick auf die Anwendung der Ortstform und die Reichweite der Heilungswirkung ist dem Mandanten die Beurkundung des Kaufvertrages zumindest im Hinblick auf GmbH-Anteile zu raten. Zumal die 2,0 Notargebühr sowohl bei der Beurkundung alleine des Abtretungsvertrags als auch bei der Beurkundung des Kaufvertrags zusammen mit dem Abtretungsvertrag in einem Dokument anfallen würde.
Fazit
Es ist umstritten, ob ein Kaufvertrag über GmbH-Anteile und Anteile an Gesellschaften mit Sitz in der EU, der deutschem Recht unterliegt, gestützt auf eine ausländische Ortsform, bloß schriftlich abgeschlossen werden kann. Das führt zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit. In der Rechtspraxis ist daher zu raten, die nach deutschem Recht erforderliche notarielle Beurkundung des Kaufvertrags zumindest hinsichtlich der GmbH-Anteile vornehmen zu lassen.