11.12.2019Fachbeitrag

Newsletter Gesellschaftsrecht/M&A Dezember 2019

Keine Außenhaftung des Geschäftsführers bei insolvenzbegründendem „Griff in die Kasse“

BGH, Urteil vom 7.05.2019 – VI ZR 512/17

Der Bundesgerichtshof hat sich mit der Frage befasst, inwieweit der insolvenzbegründende „Griff in die Kasse“ eine Außenhaftung des Geschäftsführers gegenüber Vertragspartnern der Gesellschaft nach § 826 BGB begründen kann.

Grundsätzlich haftet der Geschäftsführer als Organ ausschließlich im Rahmen einer reinen Innenhaftung gegenüber der Gesellschaft. Lediglich in besonderen Ausnahmefällen lässt die Rechtsprechung einen Haftungsdurchgriff Dritter auf den Geschäftsführer zu. Diese können neben einer möglichen Haftung aufgrund einzelner gesetzlicher Sonderregelungen (z.B. § 40 Abs. 3 GmbHG oder § 26 Abs. 3 InsO) u.a. aufgrund der Inanspruchnahme besonderen persönlichen Vertrauens sowie aus deliktsrechtlichen Vorschriften, insbesondere § 826 BGB unter dem Gesichtspunkt des existenzvernichtenden Eingriffs vorliegen.

Sachverhalt

Die Klägerin machte als Vertragspartnerin der mittlerweile insolventen Gesellschaft Ansprüche unter anderem aus § 826 BGB gegen deren Geschäftsführer geltend, da dieser Gelder für firmenfremde Zwecke entnommen und damit die Zahlungsunfähigkeit der GmbH herbeigeführt habe. Sie war insoweit der Ansicht, aus der zwischen der Gesellschaft und ihr geschlossenen Kontokorrentabrede ergebe sich auch eine Treuepflicht des Beklagten. Der beklagte Geschäftsführer entgegnete im Wesentlichen, dass etwaige wirtschaftliche Schwierigkeiten bei Durchführung der Zahlungen nicht absehbar gewesen seien und keine entsprechende Treuepflicht bestünde.

Sittenwidrige Schädigung bei mittelbarem Schaden

Der BGH konnte keine sittenwidrige Schädigung erkennen. Diese setze ein Verhalten voraus, welches gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstoße. Bei einer mittelbaren Schädigung sei darüber hinaus Voraussetzung, dass das Unwerturteil, sittenwidrig gehandelt zu haben, den Schädiger auch in Bezug auf die Schäden des Anspruchsstellers treffe. Dies sei im vorliegenden Fall nach den derzeitigen Feststellungen nicht gegeben.

Geschäftsführer obliegt keine Treuepflicht gegenüber Vertragspartnern der Gesellschaft

In Fortführung der bisherigen Rechtsprechung des Senats führte der BGH weiter aus, dass dem Geschäftsführer grundsätzlich keine Treuepflicht gegenüber einem Vertragspartner der Gesellschaft obliege. Eine solche obliege ihm zwar gegenüber der Gesellschaft; diese erstrecke sich jedoch nicht auf Vertragspartner der Gesellschaft, da er insoweit nicht selbst Vertragspartei sei.

Keine Haftung nach § 266 StGB i.V.m. § 823 Abs. 2 BGB und nach § 311 BGB

Mangels Vermögensbetreuungspflicht der Gesellschaft komme auch keine Haftung nach § 266 StGB i.V.m. § 823 Abs. 2 BGB in Betracht. Möglich sei aber eine Haftung nach § 311 BGB, wenn der Kläger persönliches Vertrauen in Anspruch nehme oder eigene, persönliche Pflichten begründe; dies sei jedoch nach den getroffenen Feststellungen ebenfalls nicht anzunehmen.

Fazit

Das Urteil des Bundesgerichtshofs stellt klar, dass die unmittelbar Geschädigte die Gesellschaft ist, die ihre Zahlungspflichten nicht erfüllen kann, während die Klägerin als Vertragspartner durch den insolvenzbegründenden „Griff in die Kasse“ allenfalls mittelbar geschädigt wird und bestärkt insoweit den Grundsatz der Innenhaftung. Für Dritte (Vertragspartner) dürfte es daher ratsam sein, Vorausleistungen vorsorglich mit geeigneten persönlichen oder dinglichen Sicherheiten zu belegen.

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