Newsletter Gesellschaftsrecht/M&A Juli 2018
Neues zur Warranty & Indemnity Versicherung
Anlässlich der Beiträge: Heer in der GWR 2018, S. 125 – 131, Hoger/Baumann in NZG 2017, S. 811-817 und Gaudig in KSzW 2017, S. 42-48
Aktuelle Entwicklungen und Markttrends
Im Spannungsfeld der Risikoverteilung zwischen Käufer und Verkäufer im Rahmen von M&A-Transaktionen haben sich „Warranty & Indemnity“-Versicherungen (W&I) mittlerweile auch auf dem deutschen Markt etabliert. Was eine solche Versicherung leisten kann wird vielfach unterschätzt. Zum einen ist das Zusammenspiel der zu versichernden M&A-Transaktion und der Versicherung (nicht immer) bekannt. Zum anderen hat sich die W&I-Versicherung weiterentwickelt und an die Bedürfnisse des Marktes angepasst.
Eine W&I-Versicherung sichert bei Unternehmens- oder bspw. Grundstückskaufverträgen unbekannte Risiken aus der Verletzung von Garantien bzw. Gewährleistungen (Warranties) und Freistellungen (Indemnities) ab. Die Versicherung setzt also dort an, wo die Verhandlungen zwischen Käufer und Verkäufer häufig ins Stocken geraten.
Entwicklung von W&I-Versicherungen
Dabei haben sich sowohl die Anzahl der abgeschlossen Policen als auch die Größenordnungen der versicherten Transaktionen und die hierfür verlangten Prämien deutlich gewandelt. Führende Versicherungen berichten, dass die Anzahl der abgeschlossenen Policen seit ca. 2014 um das Vierfache angestiegen ist. Die Größenordnung der versicherten Deals betrug 2017 zwischen 3 Prozent bei Deals mit einem Kaufpreis von weniger als 25 Mio. Euro und 34 Prozent bei Deals mit einem Kaufpreis von über 100 Mio. Euro.
In den Anfangszeiten dieses Produkts (ca. 2003) betrugen die Versicherungsprämien auf dem deutschen Markt zwischen 2,5 Prozent und 5 Prozent der Versicherungssumme für Verkäuferpolicen und zwischen 3,5 Prozent und 7 Prozent der Versicherungssumme für Käuferpolicen. Zwischenzeitlich werden unabhängig von der käufer- oder verkäuferseitigen Versicherungspolice ca. 0,65–2 Prozent der Versicherungssumme als Versicherungsprämie angesetzt. Bei kleineren Transaktionsvolumen zeigt sich zunehmend Verhandlungsspielraum, wo vormals Mindestprämien verlangt wurden, die eine Versicherungslösung unattraktiv machten.
Markttrend bei M&A Deals: Verkäuferfreundlich
Der Markt wird zurzeit von den Verkäufern bestimmt. Diese setzen zunehmend minimale Garantiekataloge, die oftmals lediglich auf Fundamentalgarantien beschränkt sind, durch. Auch ein Trend zu immer niedrigeren Haftungsbeträgen und immer kürzeren Verjährungsfristen ist zu beobachten. Gegenläufig hierzu sind insbesondere ausländische Investoren zunehmend risikoavers.
Funktionsweise der W&I-Versicherung
Der Deckungsumfang einer W&I-Versicherung orientiert sich grundsätzlich an dem Vertragswerk der Transaktion, unabhängig davon, ob ein Asset Deal oder Share Deal vorliegt. Hierbei gilt es insbesondere Deckungslücken zwischen dem Vertragswerk und der Versicherungspolice zu vermeiden. Versicherbar sind grundsätzlich unbekannte und unvorhersehbare Verluste, Risiken und Schäden, die durch Garantien und Freistellungen des Vertragswerks abgedeckt sind. Bekannte Risiken sind üblicherweise ausgeschlossen und können nur in Ausnahmefällen versichert werden. Im Rahmen des Abstimmungsprozesses (sog. Underwriting) bestimmt der Versicherungsnehmer den gewünschten Versicherungsschutz und die Versicherung legt die einzelnen Parameter der Versicherung fest. Es werden die Deckungssumme (üblich sind 10-30 Prozent des Dealvolumens), generelle und deal-spezifische Ausschlüsse, eine Mindestschadenshöhe (sog. de minimis) und ein Selbstbehalt (excess oder retention (ca. 0,5 Prozent der Deckungssumme)) verhandelt.
Haftungsalternative für beschränkte Verkäuferhaftung
Die zunehmend beschränkte Verkäuferhaftung verlangt nach einem anderen Weg, das Risiko des Käufers zu minimieren. Hier kommt die W&I-Versicherung als Haftungsalternative in Betracht. Auch hierfür ist jedoch eine angemessene Informationsgrundlage zur Risikoanalyse des Deals erforderlich. Eine sorgfältige und umfangreiche Due Diligence ist unumgänglich. Einige Versicherungen sind sogar bereit eine Risikodeckung bei identifizierten Risiken, mit geringer bis moderater Eintrittswahrscheinlichkeit anzubieten.
Spezialpolicen als Alternativ- und Zusatzlösung - insbesondere im Bereich Steuern
Dort wo die W&I-Versicherung keine Deckung mehr anbietet und eine Verkäuferhaftung nicht verhandelbar ist, bieten Spezialpolicen und Zusatzmodule verschiedene Optionen und damit neuen Verhandlungsspielraum in der M&A Transaktion. Bewährt haben sich beispielsweise die Versicherung bekannter Steuerrisiken und synthetische, d.h. im SPA nicht gewährte aber in der Police nachgebildete Steuerfreistellungen.
Fazit
Die sich durch den zunehmend verkäuferfreundlichen Markt ergebende Lücke - zwischen eingeschränkter Verkäuferhaftung und dem Sicherungsbedürfnis des Käufers - können Versicherungen füllen. Die W&I-Versicherung ist dabei kein Ersatz für eine beschränkte Verkäuferhaftung, bietet aber viel Potential zur Vervollständigung der Haftungsregelungen einer M&A Transaktion. W&I Versicherer bieten eine Vielzahl individueller Lösungen an, die eine sehr zweckmäßige Risikoallokation ermöglichen. Selbst fehlende Freistellungen oder bekannte Risiken können im Einzelfall abgedeckt oder durch Spezialpolicen einer Lösung zugeführt werden.