Wohin mit den Gesellschafterdarlehen?
Gesellschafterdarlehen sind ein sehr beliebtes, weil flexibles Instrument zur Unternehmensfinanzierung. Die Rückzahlung von Gesellschafterdarlehen ist für den Gesellschafter in der Insolvenz des mit Gesellschafterdarlehen finanzierten Unternehmens allerdings mit Risiken verbunden, weil eine Rückzahlung innerhalb eines Jahres vor Beantragung der Eröffnung eines Insolvenzverfahrens angefochten werden kann, und zwar selbst dann, wenn sich das Unternehmen im Zeitpunkt der Rückzahlung nicht in einer Krise befand. Insbesondere bei Unternehmensverkäufen können sich Gesellschafterdarlehen daher zu versteckten Haftungsfallen für den Verkäufer entwickeln.
Auch eine Rückzahlung außerhalb einer Krise ist anfechtbar
Nach den vor einigen Jahren geänderten Regelungen in der Insolvenzordnung (InsO) stehen auf Gesellschafterdarlehen zurückgezahlte Beträge für ein Jahr im Feuer, weil ein Insolvenzverwalter die Rückzahlung anfechten kann, wenn diese innerhalb von einem Jahr vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Unternehmen, das die Gesellschafterdarlehen getilgt hat, erfolgt ist. Der Bundesgerichtshof hat erst vor kurzem in einem Beschluss (BGH, Beschl. v. 30.4.2015 – IX ZR 196/13) bekräftigt, dass dies auch dann gilt, wenn sich das Unternehmen zum Zeitpunkt der Rückzahlung nicht in einer Krise befand, eine Insolvenz damit auch nicht zu befürchten war.
Risiken beim Unternehmenskauf
Dies führt vor allem beim Unternehmenskauf zu Risiken für den Verkäufer, der das zu verkaufende Unternehmen mit Gesellschafterdarlehen finanziert hat. Die in der Praxis häufig gewählte Lösung, Gesellschafterdarlehen beim Vollzug des Verkaufs abzulösen, führt zu dem bereits angesprochenen Risiko einer einjährigen Nachhaftung des Verkäufers im Falle der Insolvenz des verkauften Unternehmens. Diese Situation wird insbesondere dadurch verschärft, dass der Verkäufer nach dem Verkauf die Geschicke des Unternehmens nicht mehr leitet und selbst beim Verkauf eines gesunden Unternehmens außerhalb der Krise noch Gefahr läuft, für die Rückzahlung des Gesellschafterdarlehens zu haften.
Mögliche Mithaftung im Falle der Rückzahlung bei Veräußerung der Gesellschafterdarlehen
Auch die Alternative, das Gesellschafterdarlehen an den Erwerber zu verkaufen und zu übertragen, löst das Problem nicht. Betrachtet man die Rechtsprechungsentwicklung zu diesem Komplex (BGH, Urt. V. 21.2.2013 – IX ZR 32/12), lässt sich zumindest nicht ausschließen, dass der Verkäufer (gemeinsam mit dem Erwerber) für eine Tilgung des Darlehens durch das verkaufte Unternehmen an den Erwerber im Falle einer Insolvenz des Unternehmens zumindest für ein Jahr nach Übertragung des Gesellschafterdarlehens auf den Erwerber (mit)haftet.
Was also tun mit den Gesellschafterdarlehen? Die sicherste, aber leider praxisuntaugliche Lösung wäre eine Rückführung der Gesellschafterdarlehen mindestens ein Jahr vor dem Verkauf. In diesem Zeitraum müsste man dann allerdings noch zusätzlich sicherstellen, dass das Unternehmen nicht insolvent wird, könnte das Unternehmen als Gesellschafter aber immerhin weiter steuern.
Mögliche Gestaltung: Einlage der Darlehen
Realistischer ist die Einlage des Gesellschafterdarlehens in die Rücklage des Unternehmens. Das so gestärkte Eigenkapital lässt sich dann als Argument für einen höheren Kaufpreis nutzen. Allerdings können nicht werthaltige Gesellschafterdarlehen zu einem unerwünschten, weil zu versteuernden außerordentlichen Ertrag führen. Soweit vorhanden, kann dieser möglicherweise zumindest z. T. mit Verlustvorträgen verrechnet werden. Da bei den üblichen Gestaltungen die Verlustvorträge durch die Übertragung der Unternehmensanteile verloren gehen, wäre das auch für den Erwerber eine akzeptable Lösung.
Mögliche Gestaltung: Treuhänder
Als letzte Alternative bleibt schließlich die Einschaltung eines Treuhänders (zumeist ein Notar), der die Darlehen treuhänderisch für Erwerber und Verkäufer hält und sicherstellt, dass (im Sinne des Käufers) der Verkäufer nicht mehr Gläubiger des veräußerten Unternehmens ist und (im Sinne des Verkäufers) die Gesellschaft keine Beträge vor Ablauf eines Jahres seit Übertragung des Darlehens an den Erwerber auf die Gesellschafterdarlehen zurückbezahlt. Diese Lösung erhöht allerdings die Kosten der Transaktion.
Fazit: Die Rückzahlung von Gesellschafterdarlehen, vor allem bei Unternehmensverkäufen, sollte sorgfältig geprüft und geplant werden, um mögliche Haftungsfallen für den Verkäufer zu vermeiden. Die Einlage der Gesellschafterdarlehen oder die Einschaltung eines Treuhänders sind mögliche Lösungswege.