Schon vergeben?
Der Vergaberecht-Podcast von HEUKING
Unter dem Titel „Schon vergeben – Der Vergaberecht-Podcast von HEUKING“ erklärt der Podcast alle zwei Wochen praxisnah und auch für Einsteiger verständlich die Grundzüge des Vergaberechts.
Folge 46: Verhandlungsgespräche
In der 46. Folge unseres Vergaberechts-Podcasts besprechen Clara Schenk und Dr. Annabel Laura Wolf die Grundlagen und den Ablauf von Verhandlungsgesprächen.
Verhandlungsgespräche sind ein wichtiger Bestandteil des öffentlichen Beschaffungswesens. Sie bieten sowohl Auftraggebern als auch Bietern die Möglichkeit, die Details einer Beschaffung zu konkretisieren und das bestmögliche Angebot zu sichern.
Rechtliche Rahmenbedingungen und Zulässigkeit
Verhandlungsgespräche sind im Vergabeverfahren unter bestimmten Bedingungen zulässig. Gemäß § 17 VgV wird zwischen Verhandlungsverfahren mit und ohne Teilnahmewettbewerb unterschieden. Bei einem Verhandlungsverfahren mit Teilnahmewettbewerb fordert der öffentliche Auftraggeber zunächst zur Abgabe von Teilnahmeanträgen auf, um die Eignung der Bewerber zu prüfen. Die am besten geeigneten Bewerber werden anschließend zur Angebotsabgabe aufgefordert. Bei einem Verhandlungsverfahren ohne Teilnahmewettbewerb fordert der Auftraggeber die Unternehmen direkt zur Abgabe von Angeboten auf.
In vielen Vergabefahren ist nicht allein der niedrigste Preis ausschlaggebend, sondern eine Kombination aus Qualität, Preis und anderen Kriterien. Insbesondere bei komplexeren Aufträgen ist es häufig schwierig, alle Anforderungen in einer standardisierten Ausschreibung festzulegen. Hier kommen die Verhandlungsgespräche ins Spiel: Das Ziel der Verhandlungen ist es, die Angebote inhaltlich zu verbessern, um Lieferungen und Leistungen einzukaufen, die genau auf den Bedarf des Auftraggebers zugeschnitten sind. Optimierungsvorschläge der Bieter können dabei helfen, Verbesserungspotenziale und Einsparmöglichkeiten aufzuzeigen. Diese Vorschläge sind unverbindlich und werden nicht gewertet, können jedoch die Qualität der Angebote erhöhen und dem Auftraggeber ermöglichen, die Vergabeunterlagen anzupassen.
Inhalt und Ablauf
Verhandlungsgespräche im Vergabeverfahren beginnen in der Regel nach der ersten Auswertung der Angebote. Grundsätzlich darf über den gesamten Angebotsinhalt verhandelt werden, mit Ausnahme der in den Vergabeunterlagen festgelegten Mindestanforderungen und der Zuschlagskriterien sowie deren Gewichtung. Der Auftraggeber muss die Grundsätze der Gleichbehandlung und Transparenz einhalten und darf beispielsweise nicht zugunsten eines Bieters auf Mindestanforderungen verzichten. Angebote, die diese Anforderungen nicht erfüllen, sind vom Auftraggeber auszuschließen.
Verhandlungsgespräche können persönlich, per Videokonferenz oder schriftlich durchgeführt werden. Auch Hybridmodelle sind möglich. Ein häufig angewandtes Verfahren ist das sogenannte Abschichtungsverfahren, bei dem die Verhandlungen in verschiedenen Phasen ablaufen und die Zahl der Angebote anhand der Zuschlagskriterien verringert wird. Nach den Verhandlungsgesprächen muss der Auftraggeber entscheiden, ob er die Vergabeunterlagen anpassen möchte und die aktualisierte Fassung allen Bietern zur Verfügung stellen.
Herausforderungen im Verhandlungsprozess für öffentliche Auftraggeber
Die Vergabegrundsätze spielen eine zentrale Rolle bei Verhandlungsgesprächen. Der öffentliche Auftraggeber muss transparent agieren und beispielsweise darlegen, welche Anforderungen an die Optimierungsvorschläge der Bieter gestellt werden und wie mit diesen im weiteren Verlauf des Vergabeverfahrens umgegangen wird. Alle Bieter müssen gleichbehandelt werden, was bedeutet, dass sie die gleichen Informationen erhalten und innerhalb der gleichen Frist zu gleichen Anforderungen Angebote abgeben müssen.
Zudem muss der Auftraggeber das Verbot der diskriminierenden Weitergabe von Informationen beachten. Das bedeutet, dass keine gezielten oder punktuellen Informationen nur an bestimmte Bieter weitergegeben werden dürfen. Der Grundsatz des fairen Wettbewerbs erfordert, dass der Auftraggeber mit mindestens drei Bietern Verhandlungsgespräche führt, bei nicht offenen Verfahren mit mindestens fünf, um einen ausreichenden Wettbewerb zu gewährleisten.
Verhandlungsgespräche im Vergabeverfahren sind ein komplexes, aber essenzielles Instrument, um die bestmöglichen Angebote für öffentliche Aufträge zu sichern. Durch die Einhaltung der rechtlichen Rahmenbedingungen und Vergabegrundsätze können Transparenz, Fairness und Wettbewerb gewährleistet werden.
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