Newsletter Gesellschaftsrecht Dezember 2015
Anhaltspunkten aus einer Due Diligence-Prüfung muss der Unternehmenskäufer nachgehen
Urteil vom 13. März 2015 – 315 O 89/13
Das Landgericht Hamburg hat entschieden, dass der Schadensersatzanspruch eines Unternehmenskäufers wegen grober Fahrlässigkeit ausgeschlossen ist, wenn dieser es trotz Hinweise auf Patentverletzungsverfahren, die er im Rahmen einer Due Diligence-Prüfung erlangt hat, unterlässt, konkrete Nachfragen nach der Nutzung und Lizensierung der Patente in der Vergangenheit zu stellen und zudem nicht auf Klauseln zur Risiko- Haftungsverteilung zu Lasten des Unternehmensverkäufers besteht. Den Käufer trifft in einem solchen Fall eine konkrete Nachfragepflicht, um eine grob fahrlässige Unkenntnis nach § 442 BGB auszuschließen.
Das Unterlassen konkreter Nachfragen durch den Käufer trotz Hinweisen im Rahmen der Due Diligence-Prüfung führt zu einem Haftungsausschluss wegen grober Fahrlässigkeit
Im Vorfeld eines Unternehmenskaufs führt der Käufer in der Regel eine Due Diligence-Prüfung durch. Diese stammt aus dem anglo-amerikanischen Rechtskreis und hat den Zweck, das Zielunternehmen umfassend in rechtlicher, wirtschaftlicher, steuerlicher und technischer Hinsicht zu prüfen. Der Käufer soll mittels der Due Diligence-Prüfung ein Gesamtbild über das Zielunternehmen erhalten. Ein anfänglicher Informations- und Wissensvorsprung des Verkäufers über die Verhältnisse des Unternehmens wird gemindert. Erkenntnisse, die der Käufer durch die Due Diligence-Prüfung gewinnt, wird der Käufer in seine Abwägungsentscheidung über die tatsächliche Durchführung der geplanten Transaktion einfließen lassen. Mögliche „Dealbreaker“ können identifiziert werden. Der Käufer kann die gewonnenen Erkenntnisse zudem nutzen, um den Kaufvertrag entsprechend zu gestalten und den Kaufpreis eventuell nach unten zu korrigieren. Nicht zuletzt dient die Due Diligence-Prüfung dazu, spätere Auseinandersetzungen zwischen Käufer und Verkäufer im Vorfeld zu vermeiden. Kommt es trotz einer durchgeführten Due Diligence-Prüfung nach Abschluss des Kaufvertrags zum Auftreten eines Mangels, wird sich der Käufer zur Geltendmachung von Gewährleistungsrechten an den Verkäufer halten. Es stellt sich die Frage nach einem Einfluss der Due Diligence- Prüfung auf die Gewährleistungsrechte des Käufers.
Pflicht zur Durchführung einer Due Diligence-Prüfung?
Da die Due Diligence-Prüfung ein Instrument ist, mit dem Risiken, die der Unternehmenskauf für den Käufer mit sich bringt, minimiert werden sollen, ist zunächst zu klären, ob eine Pflicht für den Käufer besteht, eine Due Diligence-Prüfung durchzu führen. Gesetzlich ist eine solche Pflicht nicht geregelt. Die handelsrechtliche Untersuchungsobliegenheit des § 377 HGB, die sich nur auf Waren bezieht, ist auf den Erwerb eines Unternehmens nicht anwendbar und bezieht sich zudem auf eine Prüfungsobliegenheit nach Erhalt der Ware, wohingegen die Due Diligence-Prüfung im vorvertraglichen Bereich angesiedelt ist. Eine unmittelbare Pflicht für Geschäftsführer und Vorstände lässt sich nicht ableiten. Dennoch ist zu beachten, dass für Geschäftsführer und Vorstände interne gesetzliche Pflichten bestehen, ihre Entscheidungen sachgerecht vorzubereiten. Vor Unternehmenskäufen müssen sie das Zielunternehmen sorgfältig prüfen. Dies kann im Einzelfall die Pflicht zur Durchführung einer Due Diligence-Prüfung bedeuten.
Verlust oder Beschränkung von Gewährleistungsrechten bei Kenntnis oder grob fahrlässiger Unkenntnis
Von der Frage der Pflicht zur Durchführung einer Due Diligence-Prüfung ist diejenige nach Konsequenzen einer unterlassenen oder unvollständig durchgeführten Due Diligence zu unterscheiden. Nach § 442 Abs. 1 BGB sind die Gewährleistungsrechte wegen eines Mangels ausgeschlossen, wenn dem Käufer der Mangel bei Vertragsschluss bekannt war. Ist ihm der Mangel wegen grober Fahrlässigkeit unbekannt geblieben, stehen ihm die Gewährleistungsrechte nur bei Arglist des Verkäufers oder bei Übernahme einer Garantie für die Beschaffenheit der Kaufsache durch den Verkäufer zu. Grob fahrlässiges Verhalten des Käufers ist gegeben, wenn dieser es unterlässt, das im konkreten Fall gebotene Mindestmaß an Informationen und Aufmerksamkeit einzuhalten. Die erforderlichen Informationspflichten richten sich nach den Umständen des Einzelfalls und unterscheiden sich etwa abhängig von Größe und Rechtsform des Zielunternehmens. Jedenfalls kann dem Käufer zugemutet werden, sich der Hilfe sachverständiger Berater zu bedienen und mit deren Hilfe das Zielunternehmen anhand von Checklisten zu untersuchen. Dadurch sollen erfahrungsgemäß wichtige Tatsachen und Fragen geprüft werden. Wenn sich dann im Rahmen der Due Diligence-Prüfung Anhaltspunkte für eine Wert- oder Brauchbarkeitsminderung des Zielunternehmens ergeben, muss der Verkäufer bestimmte Informations- und Aufmerksamkeitspflichten einhalten, um die Gewährleistungsansprüche nicht zu verlieren. Widersprüchen oder Mängeln muss der Käufer nachgehen.
Die Entscheidung des Landgerichts Hamburg
Nunmehr hat das Landgericht Hamburg zum Einfluss einer Due Diligence-Prüfung auf die Gewährleistungsrechte beim Unternehmenskauf Stellung genommen und Voraussetzungen für den Ausschluss grob fahrlässigen Handelns des Käufers im Sinne des § 442 Abs. 2 Satz 2 BGB bestimmt. In dem dieser Entscheidung zugrunde liegenden Fall haben die Parteien nach Durchführung einer Due Diligence-Prüfung einen Unternehmenskaufvertrag über GmbH-Anteile geschlossen. Nachdem die Geschäftsanteile auf die Käuferin übergegangen waren, machte diese Gewährleistungsrechte geltend, da die Verkäuferin vor Abschluss des Kaufvertrags Patentrechtsverletzungen begangen habe, die der Käuferin bei Vertragsschluss nicht bekannt gewesen seien.
Grob fahrlässiges Verhalten wegen fehlender Nachfrage trotz Hinweisen auf Patentverletzungen
Die von der Käuferin geltend gemachten Schadensersatzansprüche hat das Landgericht wegen grob fahrlässigen Verhaltens der Käuferin bei Abschluss des Kaufvertrags hinsichtlich der Überprüfung möglicher Patentlizenzansprüche Dritter abgewiesen. Im Rahmen der Due Diligence-Prüfung sei der Käuferin mitgeteilt worden, dass gegen die Verkäuferin ein Patentverletzungsverfahren geführt worden sei. Obwohl dieses Verletzungsverfahren mit dem streitgegenständlichen Patent nicht im Zusammenhang stand, sei die Käuferin damit aber dennoch auf das Problem möglicher Patentverletzungen hingewiesen worden. Nach Ansicht des Landgerichts hätte es sich für die Käuferin daher aufdrängen müssen, konkrete Nachfragen nach der Nutzung und Lizensierung der Patente in der Vergangenheit zu stellen. Zudem hätte die Käuferin in dem Kaufvertrag auf Klauseln bestehen müssen, die ein derartiges Risiko zu ihren Gunsten berücksichtigen und eine Haftungsverteilung zulasten der Verkäuferin vorsehen.
Fazit
Mit dieser Entscheidung konkretisiert das Landgericht Hamburg die Grundsätze zum Haftungsausschluss wegen grober Fahrlässigkeit im Rahmen des Unternehmenskaufs. Bei Durchführung der Due Diligence-Prüfung muss der Unternehmenskäufer im Blick haben, dass er Hinweisen auf Wert- oder Brauchbarkeitsminderungen des Zielunternehmens, die später Gewährleistungsansprüche auslösen könnten, nachgehen muss. Unterlässt er dies, können spätere Ansprüche gegen den Verkäufer wegen grober Fahrlässigkeit ausgeschlossen sein. Dies gilt nach der Rechtsprechung des Landgerichts Hamburg auch, wenn sich die Hinweise auf einen anderen Gegenstand als denjenigen beziehen, wegen dem später Ansprüche geltend gemacht werden. Stellen sich im Rahmen der Due Diligence-Prüfung also Unregelmäßigkeiten in einem bestimmten Unternehmensbereich, wie etwa Patente, heraus, wird nach der Rechtsprechung des Landgerichts Hamburg unterstellt, der Käufer sei allgemein über Probleme in diesem Bereich informiert. Insofern ist der Unternehmenskäufer gut beraten, das Unternehmen umfassend zu prüfen und jeglic hen Hinweisen auf Unregelmäßigkeit nachzugehen. Diesbezügliche Nachfragen sollte der Käufer für eine spätere Beweisführung dokumentieren, d. h. stets schriftlich stellen.