04.04.2016Fachbeitrag

Newsletter Health Care, Pharma & Life Sciences 1/2016

Bewertungsportale - Was müssen Arzt und Krankenhaus hinnehmen?

Der Bundesgerichtshof nimmt Portalbetreiber in die (Prüf-) Pflicht. Nutzer von Bewertungsportalen lassen ihrem Frust gelegentlich freien Lauf. Ärzte und Krankenhäuser kann das hart treffen. Vor allem bei unsachlicher oder missbräuchlicher Kritik, die der Betroffene nicht nachvollziehen kann, weil konkrete Daten zum behaupteten Vorfall fehlen. Nach außen hin praktisch anonym, scheint solcher Kritik oft keine Grenze gesetzt zu sein. Der Portalbetreiber aber kann und muss helfen, denn er kennt die Quelle über die Nutzerregistrierung.

Damit hat sich aktuell der Bundesgerichtshof in einem Streit zwischen einem betroffenen Zahnarzt und dem Arztbewertungsportal „Jameda“ befasst.

Worum ging es?

Im konkreten Fall hatte der Portalnutzer den Eintrag veröffentlicht, dass er den von ihm namentlich genannten Arzt nicht empfehlen könne. Er gab ihm in den verfügbaren Bewertungsbereichen „Behandlung“, „Aufklärung“ und „Vertrauensverhältnis“ die schlechteste Note „6“.

Der Arzt konnte diese Bewertung keiner Behandlung zuordnen und bestritt, die hier bewertete Behandlung durchgeführt zu haben. Er forderte den Portalbetreiber auf, diese Bewertung aus dem Portal zu entfernen.

Dem kam der Portalbetreiber nicht nach. Er übermittelte zwar die Beanstandung des Arztes an den Nutzer des Portals. Dessen Stellungnahme leitete er aber aus angeblichen Datenschutzgründen nicht an den Arzt weiter. Das Landgericht verurteile den Portalbetreiber, die Veröffentlichung des Eintrags zu unterlassen, das Oberlandesgericht wies die Klage des Arztes allerdings ab. Den Anspruch auf Entfernung der Bewertung hat der Kläger vor dem Bundesgerichtshof weiterverfolgt.

Der Portalbetreiber muss beanstandete Bewertungen in zumutbarem Umfang prüfen

Das hatte insofern Erfolg, als der Bundesgerichtshof das Urteil des Berufungsgerichts aufhob und mit einigen Hinweisen zur weiteren Prüfung an das Oberlandesgericht zurückverwies. Zwar sei die streitige Bewertung nicht als eigene Äußerung des Portalbetreibers erschienen, für die er einzustehen hätte. Aber durch die Bereitstellung des Portals treffe ihn eine eigene Prüfpflicht, die er im konkreten Fall verletzt habe. Der Umfang der Prüfpflicht richte sich nach den Umständen des Einzelfalles, vor allem der Schwere der beanstandeten Rechtsverletzung, nach den eigenen Prüfmöglichkeiten des Betreibers sowie der Bedeutung des Portals. Grenzen der Prüfpflichten können sich aus dem Prüfaufwand und den Auswirkungen auf das Geschäftsmodell ergeben.

Typische Risiken von Bewertungsportalen

Der Bundesgerichtshof weist darauf hin, dass der Betrieb eines Bewertungsportals ein gesteigertes Risiko mit sich bringt, dass darüber unrechtmäßig in die Rechte eines Betroffenen eingegriffen wird. Vor allem werde das durch die scheinbare Anonymität der eingestellten Äußerungen gefördert. Der Betroffene habe es daher besonders schwer, sich gegen solche Eingriffe zu verteidigen.

Notwendige Unterstützung bei der Aufklärung

Daher ist es nach Auffassung des Bundesgerichtshofs die Pflicht des Portalbetreibers gewesen, die Nachfrage des betroffenen Arztes zum Anlass zu nehmen, für Sachaufklärung zu sorgen und diese dem Betroffenen in gebotenem Umfang zur Verfügung zu stellen, etwa in Form von konkreten Angaben zu dem bewerteten Vorgang. Jedenfalls hätten Nachweise darüber beschafft werden müssen, dass der behauptete Arztbesuch tatsächlich stattgefunden hat. Informationen und Unterlagen, die auch nach § 12 Abs. 1 des Telemediengesetzes offengelegt werden konnten, hätten an den betroffenen Arzt weitergeleitet werden müssen. Ob die Prüfung ausreichend war, muss nun durch das Berufungsgericht neu geprüft werden.

Fazit

Es macht Sinn, offenbar unberechtigte Bewertungen bei einem Portalbetreiber zu beanstanden. In der Regel muss er sich um die erforderliche Sachaufklärung bemühen. Nur so lassen sich unberechtigte Bewertungen korrigieren oder beseitigen.

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