19.04.2024Fachbeitrag

Update Health Care 3/2024

Gesundheitsreform 2024: Rolle rückwärts?

Das Bundesgesundheitsministerium hat am 13. April 2024 den neuen Referentenentwurf des Gesundheitsversorgungsstärkungsgesetzes (GVSG) veröffentlicht. Dieser wurde den Verbänden zur Stellungnahme bis zum 30. April 2024 zugeleitet.

Im Gegensatz zu den vorherigen Entwürfen finden sich in diesem keine Regelungen zu Gesundheitskiosken, Primärversorgungszentren und Gesundheitsregionen, auch zu medizinischen Versorgungszentren (MVZ) finden sich nur wenige Vorschriften. So finden sich keine der befürchteten Einschränkungen bei der Zulassung von investorengeführten MVZs.

Fraglich ist, ob diese Themen damit in dieser Legislaturperiode vom Tisch sind. Der Gesundheitsminister geht im Bericht aus Berlin davon aus, dass hierzu noch nicht das letzte Wort gesprochen ist. Auch sind diese Teil der Vereinbarungen des Koalitionsvertrages. Da die Legislaturperiode erst im Herbst 2025 endet, wäre auch noch ausreichend Zeit, ein weiteres Gesetzgebungsverfahren durchzuführen.

Auch wurde der aktualisierte Referentenentwurf des Krankenhausversorgungsverbesserungsgesetzes (KHVVG), in welchem u.a. die Krankenhausfinanzierung neu geregelt werden soll, am 15. April veröffentlicht. Hierzu sollen die Bundesländer bis zum 30. April eine gemeinsame schriftliche Stellungnahme abgeben. Am 8. Mai soll der Beschluss durch das Bundeskabinett folgen, so dass die erste Lesung des Gesetzes im Bundestag noch vor der Sommerpause stattfinden kann. Angesichts der teilweise massiven Kritik aus den Bundesländern und der Drohung mit einer Klage vor dem Bundesverfassungsgericht bleibt abzuwarten, ob sich das Bundesgesundheitsministerium zu relevanten Änderungen des KHVVG bereit erklärt.

Was steht nun aber im neuen Entwurf des GVSG?

Zum einen wird die Gründung von (insb. kommunalen) MVZs erleichtert, da die Sicherheitsleistungen nach § 95 Abs. 2 SGB V laut Entwurf des GVSG der Höhe nach begrenzt werden können. Dies betrifft insb. die Sicherheitsleistung der selbstschuldnerischen Bürgschaft, da in der Vergangenheit teilweise unbeschränkte Bürgschaften verlangt wurden, was besonders für Kommunen aus kommunalrechtlichen Gründen schwierig war. Die Höhe der Sicherheitsleistung ergibt sich nicht aus dem Gesetz selbst, sondern ist von den Kassenärztlichen Bundesvereinigungen und dem GKV-Spitzenverband innerhalb von 6 Monaten nach Verkündung des GVSG festzulegen.

Auch wird die hausärztliche Vergütung reformiert, was insbesondere durch die Entbudgetierung, eine Vorhaltepauschale für die Wahrnehmung des hausärztlichen Versorgungsauftrags sowie über eine jährliche Versorgungspauschale zur Behandlung chronisch kranker Patientinnen und Patienten erfolgt. Letztere soll bei Patientinnen und Patienten, welche eine kontinuierliche Versorgung mit einem Arzneimittel benötigen, eine Abrechnung ermöglichen, die unabhängig von der Anzahl der Arztbesuche ist und daher unnötige Arztbesuche reduziert.

Die Vorhaltepauschale wird nur bei der Einhaltung vom Bewertungsausschuss (vgl. dazu § 87 Abs. 3 SGB V) festzulegender Kriterien bezahlt. Nach der Gesetzesbegründung sollen dazu u.a. die folgenden Anforderungen gehören:

  • eine Mindestanzahl von zu versorgenden Patienten je Arzt und Quartal, die 450 Versicherte nicht unterschreiten soll,
  • bedarfsorientierte Erbringung von Haus- und Pflegeheimbesuchen,
  • bedarfsgerechte Praxisöffnungszeiten, die regelmäßige monatliche Abendsprechstunden und ein ergänzendes Angebot an Samstagssprechstunden umfasst.

Weniger öffentlichkeitswirksam, aber trotzdem relevant sind die Neuregelungen zur Stärkung der Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen. So wird die Zusammenarbeit zwischen den von den Krankenkassen eingerichteten Stellen zur Bekämpfung von Fehlverhalten im Gesundheitswesen und Gesundheits- und Heimaufsichtsbehörden einschließlich der Gesundheitsämter durch die Möglichkeit der Übermittlung personenbezogener Daten erleichtert. Auch dürfen Datenbestände von Krankenkassen zum Zweck der Entwicklung von datenbasierten Verfahren zur Erkennung von Fehlverhalten zusammengeführt werden und es soll ein Konzept für eine zentrale Betrugspräventionsdatenbank entwickelt werden. Insbesondere die Einbeziehung der Gesundheitsämter in die organisationsübergreifende Zusammenarbeit bei der Fehlverhaltensbekämpfung dürfte relevant sein, da diese in der Regel Teil der Konzessionsbehörden sind und daher oftmals eine detaillierte Kenntnis der nach § 30 GewO konzessionierten Einrichtungen haben.

Darüber hinaus sollen u.a. die Rechte der Berufsorganisation der Pflegeberufe, der Patientenvertretung, die Deutsche Krebshilfe und die Arbeitsgemeinschaft Deutscher Tumorzentren beim G-BA gestärkt, eine separate Bedarfsplanung von Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten eingeführt sowie Mitentscheidungsrechte der Länder im Zulassungsausschuss bei den in § 96 Abs. 2a SGB V aufgeführten Entscheidungen eingeführt werden.

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