Update Health Care & Life Sciences 5/2025
Abrechnung wahlärztlicher Leistungen durch einen Krankenhausträger
Wie im Update Health Care 4/2025 zur „persönlichen Leistungserbringung als Pflicht des Wahlarztes und der Möglichkeit der Vertretung bei vorhersehbarer Abwesenheit“ erwähnt, hat der Bundesgerichtshof (BGH) am 13. März 2025 (Az. III ZR 426/23) ein Urteil zur Abrechnung wahlärztlicher Leistungen durch einen Krankenhausträger aufgrund eines „totalen Krankenhausaufnahmevertrages“ gefällt.
Nach dem Krankenhausentgeltgesetz (KHEntgG) gehören zu den Krankenhausleistungen allgemeine Krankenhausleistungen (§ 2 KHEntgG) und Wahlleistungen. Welche vertraglichen Beziehungen zwischen Krankenhausträger, behandelndem Arzt und Patient bei der Vereinbarung wahlärztlicher Leistungen bestehen, ist nach Ansicht des BGH eine Frage der Vertragsgestaltung im Einzelfall. Typische Gestaltungsformen sind neben dem "gespaltenen Arzt-Krankenhaus-Vertrag" insbesondere der "totale Krankenhausaufnahmevertrag“ sowie der "totale Krankenhausvertrag mit Arztzusatzvertrag".
1. Totaler Krankenhausaufnahmevertrag
Beim sogenannten totalen Krankenhausaufnahmevertrag kann nach Ansicht des BGH ein Krankenhausträger mit dem Patienten (neben den allgemeinen Krankenhausleistungen) wirksam vereinbaren, dass der Krankenhausträger zur Erbringung aller für die stationäre Behandlung erforderlichen Leistungen einschließlich der gesamten wahlärztlichen Versorgung verpflichtet ist, ohne dass der Patient zusätzlich einen weiteren Vertrag über die wahlärztlichen Leistungen mit dem behandelnden Arzt schließt. Der Krankenhausträger ist berechtigt, die auf dieser Vertragsgrundlage erbrachten wahlärztlichen Leistungen nach § 17 Abs. 3 Satz 7 KHEntgG unter analoger Anwendung der Gebührenordnung für Ärzte gesondert zu berechnen.
2. Totaler Krankenhausaufnahmevertrag mit Arztzusatzvertrag
Beim totalen Krankenhausvertrag mit Arztzusatzvertrag schließt der Patient zusätzlich zum Krankenhausaufnahmevertrag und zur Wahlleistungsvereinbarung mit dem Krankenhausträger – ausdrücklich oder stillschweigend – einen weiteren Vertrag mit dem behandelnden Arzt über die wahlärztlichen Leistungen. Der Wahlarzt beziehungsweise die Wahlarztkette im Sinne von § 17 Abs. 3 Satz 1 KHEntgG ist dann vertraglicher Schuldner des Patienten für die Wahlleistung, während der Krankenhausträger zur umfassenden Leistungserbringung einschließlich der ärztlichen Leistungen verpflichtet ist. Es kommt mithin zu einer doppelten Verpflichtung hinsichtlich der Wahlleistung. Für ärztliche Behandlungsfehler haften sowohl der Krankenhausträger als auch der Wahlarzt aus Vertrag. Ein Vergütungsanspruch fällt indessen nur in der Person des Wahlarztes an.
Eine Vereinbarung über Art und Umfang der vom Krankenhausträger zu erbringenden Leistungen sowie die vom Patienten hierfür zu zahlende Vergütung ist nach Auffassung des BGH aufgrund des Grundsatzes der Vertragsfreiheit wirksam, sofern sie nicht gegen preisrechtliche Vorgaben oder andere gesetzliche Verbote im Sinne von § 134 BGB verstößt. Die Liquidierung von eigenen - von angestellten oder beamteten Ärzten des Krankenhauses erbrachten - wahlärztlichen Leistungen durch den Krankenhausträger wird nach Auffassung des BGH vom Krankenhausentgeltgesetz nicht ausgeschlossen.
Entgegen der Auffassung der Revision ergibt sich die "Nichtexistenz eines eigenen Liquidationsrechts" weder aus dem Wortlaut noch der Systematik des § 17 KHEntgG.
In diesem Zusammenhang weist der BGH darauf hin, dass
a) sich (ärztliche und nichtärztliche) Wahlleistungen von den allgemeinen Krankenhausleistungen im Sinne des § 2 Abs. 2 KHEntgG unterscheiden müssen;
b) eine gesonderte Berechnung mit dem Krankenhausträger vereinbart werden muss (ohne dass dies auf nicht-therapeutische und nicht-diagnostische Leistungen beschränkt ist);
c) eine wirksame Benennung als Wahlarzt eine Qualifikation erfordert, die über den Facharztstandard hinausgeht.
Insbesondere der letzte Punkt dürfte für die Praxis interessant sein. Ein zusätzliches Entgelt aufgrund wahlärztlicher Leistungen ist nach Auffassung des BGH erst gerechtfertigt, wenn der behandelnde Wahlarzt über eine herausgehobene Qualifikation verfügt. Gegen diese preisrechtliche Vorgabe verstößt die Benennung eines Arztes als Wahlarzt, der keine besondere Erfahrung oder herausgehobene Kompetenz aufweist. Sie ist daher gemäß § 134 BGB nichtig. Allerdings muss ein Wahlarzt keine leitende Stellung im Klinikbetrieb innehaben. Besondere Erfahrungen und die herausgehobene Kompetenz eines Arztes können zwar (auch) darin zum Ausdruck kommen, dass der Arzt in dem Krankenhaus eine leitende Position innehat. Zwingend ist dies jedoch nicht.
3. Auswirkungen in der Praxis
Insbesondere bei den in der Praxis regelmäßig anzutreffenden vertraglichen Regelungen, dass niedergelassene Ärzte in Teilzeit in Krankenhäusern als angestellte Ärzte arbeiten und für diese Ärzte wahlärztliche Leistungen abgerechnet werden, sollte – neben der Vermeidung einer Zuweisung gegen Entgelt – auch geprüft werden, ob ein Unterschied zu den allgemeinen Krankenhausleistungen besteht und ob der (Wahl-)Arzt (nachweisbar) eine Qualifikation hat, welche über den Facharztstandart hinausgeht.