Update Vertriebsrecht 29. Juni 2020
Corporate Social Responsability in der Lieferkette – wie ist der Stand beim „Lieferkettengesetz“?
Die Bundesregierung hatte bereits 2016 einen Nationalen Aktionsplan zur Umsetzung der UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte in der Lieferkette verabschiedet. Nun ist die Runde der Befragungen beendet und die Phase der Auswertungen beginnt, an deren Ende die Entscheidung über mögliche Folgemaßnahmen stehen soll. Mit Spannung wird erwartet, ob der existierende Soft Law-Mechanismus durch verbindliche Vorgaben ersetzt wird.
Die Idee eines Lieferkettengesetzes: Unternehmen sollen bei den Produktionsbedingungen ihrer Lieferanten stärker in die Verantwortung genommen werden
Im Wesentlichen geht es darum, die Unternehmen dazu zu verpflichten, die in ihren Ländern geltenden Menschenrechts- und Umweltstandards auch bei der Produktion ihrer Waren im Ausland zu wahren und Maßnahmen dafür zu treffen, damit diese Standards auch bei ihren Tochtergesellschaften und Lieferanten eingehalten werden.
Nationale Gesetzgebungsinitiative…
Der Nationale Aktionsplan der Bundesregierung ruft die Unternehmen bislang in unverbindlicher Weise dazu auf, ihren Sorgfaltspflichten entlang der eigenen Lieferkette nachzukommen. Die Bundesregierung will nach Veröffentlichung der finalen Ergebnisse beraten, ob und welche Folgemaßnahmen in dieser Legislaturperiode zu beschließen sind. Zum derzeitigen Zeitpunkt gibt es also (noch) keine Initiative der Bundesregierung zu einem „Lieferkettengesetz“.
…und Aktivitäten der EU-Kommission
Allerdings könnte, selbst wenn eine politische Einigung auf Bundesebene vorerst nicht erzielt wird, die Initiative auch von der Europäischen Union ausgehen.
Die EU-Kommission hat bereits 2014 die sogenannte „CSR-Richtlinie“ verabschiedet, die Unternehmen mit mehr als 500 Beschäftigten zur Abgabe einer „nichtfinanziellen Erklärung“ verpflichtet. Die CSR-Richtlinie wurde in den §§ 289 b ff. HGB in nationales Recht umgesetzt. Die nichtfinanzielle Erklärung muss mindestens Angaben zu Umwelt-, Arbeitnehmer- und Sozialbelange sowie zur Achtung der Menschenrechte und zur Bekämpfung von Korruption und Bestechung im Unternehmen enthalten. Über die verschiedenen Möglichkeiten, unternehmerische Sorgfaltspflichten in der Lieferkette gesetzlich zu regeln, hat die EU-Kommission außerdem Anfang 2020 eine Studie veröffentlicht. In Fachkreisen wird daher mit einem Richtlinienvorschlag im Laufe des nächsten Jahres gerechnet.
Vereinbarung von CSR-Regelungen in der Lieferkette: AGB-Recht beachten!
In der Praxis vereinbaren Unternehmen CSR-Regelungen zunehmend als Bestandteil des Liefervertrages, sei es in Gestalt von Vertragsklauseln, Lieferantenkodizes oder von Verweisungen auf „Code of Conducts“ des eigenen Kunden oder der Branche. Dabei stellt sich immer auch die Frage der Vereinbarkeit der CSR-Klausel mit dem Recht der Allgemeinen Geschäftsbedingungen. Sie sind somit nur wirksam, wenn sie hinreichend transparent und klar sind und den Lieferanten nicht unangemessen benachteiligen. CSR-Klauseln sollten daher nicht unreflektiert übernommen, sondern auf Lieferbeziehung und Branche abgestimmt werden.
Fazit
Bisher setzt die Bundesregierung darauf, dass Unternehmen sich freiwillig an Menschenrechtsstandards in der Lieferkette halten. Sowohl auf Bundesebene als auch auf EU-Ebene gibt es Bestrebungen, einen gesetzlichen Rahmen mit verbindlichen Vorgaben zu schaffen. Mit entsprechenden Vorschlägen wird in Fachkreisen noch im Laufe dieser Legislaturperiode gerechnet.